Behandelter Abschnitt Mk 15,4-5
Pilatus aber fragte ihn wieder und sprach: Antwortest du nichts? Sieh, wie vieler Dinge sie dich anklagen! Jesus aber antwortete gar nichts mehr, so dass Pilatus sich verwunderte (15,4.5).
Sein Schweigen hatte eine viel schwerwiegendere Wirkung als alles, was man aussprechen könnte. Es gibt eine Zeit zu schweigen, wie es eine Zeit zum Reden gibt; und das Schweigen war jetzt umso überzeugender für das Gewissen. Er war seinem Richter moralisch offensichtlich überlegen. Er offenbarte sie alle, was immer sie auch sagen oder über Ihn urteilen würden. Aber in Wahrheit urteilten sie nur über das, was völlig falsch war, und sie verurteilten Ihn für die Wahrheit. Ob es vor dem Hohepriester oder vor Pontius Pilatus war, es war die Wahrheit, die Er bekannte, und für die Wahrheit wurde Er von den Menschen verurteilt. All ihre Lügen nützten nichts. Daher wurde Jesus nicht aufgrund dessen, was sie vorbrachten, sondern aufgrund dessen, was Er sagte, verurteilt. Erst im Johannesevangelium stellt der Herr die schreckliche Tatsache fest, dass es nicht Pilatus selbst war, sondern das, was ihm von den Juden zugemutet wurde. Weiter erfahren wir bei Johannes, dass das, was Pilatus besonders erschreckte, darin bestand, dass die Juden ihm sagten, sie hätten ein Gesetz, und nach diesem Gesetz müsse Er sterben, weil Er sich zum Sohn Gottes gemacht habe. Seine Sohnschaft wird bekräftigt, und Pilatus fürchtete, dass es wahr sei. Auch seine Frau hatte einen Traum, der ihn noch mehr beunruhigte, so dass Gott dafür sorgte, dass es ein doppeltes Zeugnis geben sollte – das große moralische Zeugnis von Christus selbst und auch ein Zeichen, das zum Matthäusevangelium passte, ein äußeres Zeichen, das die Frau des Pilatus im Traum gegeben wurde. Unser Evangelium ist viel knapper und hält sich an die Reihenfolge der Fakten ohne Einzelheiten zu nennen.