Behandelter Abschnitt Mk 15,4-5
„Pilatus aber fragte ihn wieder und sprach: Antwortest du nichts? Sieh, wie vieler Dinge sie dich anklagen! Jesus aber antwortete gar nichts mehr, so dass Pilatus sich verwunderte“ (V. 4–5).
Sein Schweigen rief eine weit größere Wirkung hervor als irgendeine Äußerung Seinerseits. Es gibt eine Zeit zu schweigen und eine andere zu reden. Und das Schweigen wirkte hier viel überzeugender auf das Gewissen. Er stand offenbar sittlich weit über seinem Richter. Er machte alle Menschen offenbar (Joh 1,9), was immer sie auch von Ihm sagen oder über Ihn urteilen mochten. In Wahrheit urteilten sie nur das, was ganz und gar falsch war; und sie verurteilten Ihn für die Wahrheit. Sei es vor dem Hohenpriester, sei es vor Pontius Pilatus – Er bekannte die Wahrheit; und für die Wahrheit wurde Er von den Menschen verurteilt. Alle ihre Lügen nützten nichts. So wurde Jesus nicht aufgrund ihrer Anklage, sondern wegen seiner Worte verurteilt. Nur im Johannesevangelium macht der Herr die schreckliche Tatsache bekannt, dass Pilatus nicht aus sich selbst heraus handelte.
Die Juden zwangen ihn. Ebenso lesen wir bei Johannes, dass Pilatus sich ganz besonders fürchtete, als die Juden ihm sagten, dass sie ein Gesetz hätten, nach dem Jesus sterben müsse, weil Er sich zu Gottes Sohn gemacht habe. Seine Sohnschaft wurde nachdrücklich vorgebracht; und Pilatus fürchtete, dass sie wahr sei (Joh 19,7-16). Auch hatte seine Frau einen Traum, welcher seine Furcht vermehrte. Gott hatte also für ein doppeltes Zeugnis gesorgt. Zum einen sah Pilatus das große sittliche Zeugnis Christi selbst. Zum anderen gab es einen Hinweis und ein Zeichen, welches in das Matthäusevangelium passt – ein äußeres Zeichen an Pilatus‘ Frau in einem Traum (Mt 27,19). Unser Evangelium ist hier knapper und bringt ohne Einzelheiten zu geben die Reihenfolge der Ereignisse.