Behandelter Abschnitt Mk 14,32-42
Der Herr, der die ganze Schlussszene vor Augen hat, gibt sich selbst dem Gebet hin. Die Wirkung des Gebets besteht darin, dass es angesichts einer tiefen Prüfung die Not noch deutlicher spürbar macht. Die Gegenwart Gottes lässt uns die Boshaftigkeit der Menschen nicht weniger spüren, und schon gar nicht das Versagen, die Gefahren und das Verderben seines Volkes. Im Fall des Herrn Jesus konnte keine Rede von der kleinsten Unzulänglichkeit sein, kein Kummer über einen solchen Punkt wie diesen; aber Er erkannte umso mehr den Zustand, in dem die waren, die Gott angehörten.
Fühlte Er nicht den Verrat des Judas, die Verleugnung des Petrus und die Flucht aller? Sogar bei den Abtrünnigen in Israel gab es keine harte Gleichgültigkeit: wie viel mehr bei den Heiligen, den Jüngern, die in einer solchen Zeit so zurückschreckten? Er erkannte die furchtbare Krise, die das Volk Gottes erwartete; Er empfand auch, was es für Ihn, den Messias, bedeutete, vom Volk zu dessem eigenen Schaden und Verderben völlig abgelehnt zu werden – was es nicht nur für Ihn, der das Leben war, bedeutete, durch den Tod zu gehen, und einen solchen Tod, den nur Er angemessen kennen konnte! Als der, der Ihn am meisten liebte, sein Angesicht vor Ihm verbarg; als Er der Gegenstand des göttlichen Gerichts war; als sich alles, was in Gott an Empörung und Entsetzen gegen das Böse war, auf Christus konzentrierte! Dann wiederum, welche Empfindungen des Mitleids für das Volk, das seine eigene Barmherzigkeit und das Licht Gottes für dichte Finsternis und Leid verließ, durch die es zur Vergeltung für das, was es gegen sich selbst verüben wollte, hindurchgehen musste!
All dies – ja, und unendlich viel mehr – lag vor dem Herrn, wurde von Ihm empfunden und als jemandem erwogen, dessen Gnade Ihn mit dem Zustand des Volkes Gottes verband, nicht stellvertretend allein, sondern in Herzensverbindung und in aller Bedrängnis mit ihnen. In der Sühnung ist Er absolut allein. Er bittet da niemanden zu beten, sucht keinen Trost von ihnen, noch kommt ein Engel, um Ihn zu stärken. Er sagt „Mein Gott“, weil es das war, was Gott gegen die Sünde empfand, die Er ertrug. Er konnte auch „Vater“ sagen und tat es auch, denn Er hörte nicht auf, der Sohn zu sein, ebenso wenig wie Er aufhörte, der gepriesene und vollkommene und gehorsame Mensch zu sein. So sagte Er „Vater“ sowohl vor als auch nach dem am Kreuz. Aber damals rief Er allein „Mein Gott, mein Gott“, soweit die neutestamentliche Schrift davon spricht, dass Er Ihn anredete, weil damals zum ersten Mal alles, was in Gott an Hass gegen das Böse vorhanden war, ohne die geringste Milderung oder Rücksicht auf Schwachheit über Ihn hereinbrach. Nichts stumpfte seine Kraft ab. Er war fähig, das ganze ungebrochene und schonungslose Gericht Gottes zu ertragen, und Er allein trug es, und das, ohne auf das Mitgefühl des Geschöpfes, sei es eines Menschen oder eines Engels, zu hoffen.
Es war eine Frage zwischen Gott und Ihm allein, als Er am Kreuz zur Sünde gemacht wurde und die Herrlichkeit Gottes, die von der ganzen Welt in Frage gestellt worden war, wieder herstellte, indem Er allein in seiner Person alles ertrug. Das ist der Unterschied zwischen dem Kreuz und Gethsemane. In Gethsemane war unser Herr, wie es geschrieben steht, „bestürzt und beängstigt“ (V. 33). Er hatte drei ausgewählte Zeugen mit sich genommen, und Er „spricht zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod; bleibt hier und wacht“ (V. 34). Auch diese Ausgewählten lässt Er zurück.