Und er fragte sie: Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? Petrus antwortet und sagt zu ihm: Du bist der Christus (8,29).
Nun, wir haben hier nicht wie bei Matthäus den Ausspruch des Herrn: „Glückselig bist du, Simon, Bar Jona“ (V. 17). Wie kommt das? Wir haben hier auch nicht, wie dort, die bemerkenswerte Aussage des Herrn an Petrus: „Du bist Petrus; und auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen“ (V. 18). Warum ist das so anders? Weil Petrus hier so dargestellt wird, dass er einfach sagt: „Du bist der Christus.“ Dort, wo hinzugefügt wird, dass er den Herrn als „den Sohn des lebendigen Gottes“ bekannte, wird auch der besondere Hinweis gegeben, dass er gesegnet sei: „... denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist“ (V. 17). Ein solch einzigartig reiches Bekenntnis hat der Heiland dem Simon, Bar Jona, als Anerkennung der Gnade seines Vaters entlockt. Darauf übt der Herr auch seine Rechte aus, gibt ihm den neuen Namen „Petrus“ und fügt hinzu: „Auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen.“ Er war der Sohn des lebendigen Gottes. Wäre er nur der Christus, der Messias Israels gewesen, wäre das keine ausreichende Grundlage für die Versammlung gewesen. Seine messianische Würde, in der Er auch als Sohn Gottes bezeichnet wird (Ps 2,7) mag für Israel ein ausreichender Fels gewesen sein, da es ihr Glaube und ihre Hoffnung war; aber „der Sohn des lebendigen Gottes“ war eine Offenbarung seiner Herrlichkeit, die weit darüber hinausging.
In dem Augenblick, in dem man den Herrn in dieser seiner höchsten Herrlichkeit erkennt und bekennt, beginnt Er zum ersten Mal, das Bauen seiner Versammlung anzukündigen. Dieses neue Gebäude, das an die Stelle Israels tritt, das Christus abweist, ist auf Ihn gegründet, der nicht nur der Christus, sondern der Sohn des lebendigen Gottes ist. Daher folgen Tod und Auferstehung als das, was Ihn nicht nur als Sohn Gottes mit Macht bestimmt, sondern dem Christen und der Versammlung ihren eigenen Charakter gibt (2Kor 5,15-19; Eph 1,2). Was könnte deutlicher zeigen, dass die Versammlung etwas absolut Neues war? Der Versuch, diese Bedeutung der Versammlung in den alttestamentlichen Zeiten auszumachen, beweist, dass die wahre Natur des gegenwärtigen Tempels Gottes unbekannt ist.
Das Wichtigste ist, die Punkte zu sehen, wo sich die Versammlung unterscheidet und wo der Gegensatz liegt. Wer die jüdischen Pflichten und Erfahrungen und Hoffnungen mit der Offenbarung unseres Herrn, als das Volk ihn verwarf, mit der voll entwickelten Darstellung seiner selbst im Neuen Testament und sich daraus ergebenden neuen Verantwortlichkeiten und Freuden des Christen verwechselt, verwirft nicht alle Wahrheit, aber jedes Merkmal, das wesentlich für den einen „neuen Menschen“ ist (Eph 2,15). Sie nehmen das weg, was für die Christen und die Versammlung Gottes gilt. Das zeigt, wenn es stimmt, wie wichtig es für uns ist, auf die Schrift zu achten. Es gibt solche, die so sehr in der menschlichen Tradition verwurzelt und so wenig mit den Wegen der Haushaltungen Gottes vertraut sind, dass es für sie eine Wiederbelebung des monströsen und bösen Irrtums der Manichäer wäre, wenn man ihnen sagen würde, die Versammlung sei Teil des Geheimnisses, das von alters her verborgen und erst seit Pfingsten offenbart wurde. Aber das Wort Gottes ist dennoch eindeutig und völlig klar darüber. Christen tun gut daran, die Heilige Schrift zu erforschen und sich mit Vorwürfen zu verschonen, damit sie nicht zufällig im Kampf gegen Gott erfunden werden.
Das war also der weite Rahmen, der dem hohen Bekenntnis des Petrus bei Matthäus entsprach. Der Geist Gottes zeichnet bei Markus nur einen Teil dieses Bekenntnisses auf, und wie er absichtlich den eigenartigsten Teil davon auslässt („der Sohn des lebendigen Gottes“), so haben wir nur – und mit gleicher Absicht – die Antwort unseres Herrn in Teilen. Dass Er der Sohn des lebendigen Gottes ist, wurde, wie wir gesehen haben, zwar anerkannt, konnte aber hier nicht frei und vollständig dargelegt werden, bis unser Herr durch sein Sterben und seine Auferstehung diese große Wahrheit gleichsam besiegelte; und deshalb war der Apostel Paulus der große Zeuge dafür. Das erste Zeugnis, das er nach seiner Bekehrung in der Synagoge ablegte, ist nach Apostelgeschichte 9,20, dass Christus nicht nur zum Herrn gemacht, sondern „dass dieser der Sohn Gottes ist.“ Daher stellt er auch die Berufung, das Wesen und die Hoffnungen der Versammlung Gottes in einer Weise heraus, die alle anderen übertrifft.