Das zeigt, dass er sehr wohl wusste, um welche Personen es ging.
Während er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme erging aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört (17,5).
Darin liegt, so meine ich, die Tiefe des ganzen Abschnitts. Petrus will seinem Meister die Ehre erweisen, aber auf eine menschliche Art und Weise – die immer noch in gewissem Maß nach den Dingen der Menschen sind und nicht nach den Dingen Gottes – und schlägt vor, seinen Meister mit den Häuptern des Gesetzes und der Propheten auf eine Stufe zu stellen. Aber das darf nicht sein. Was auch immer die Ehre Moses sein mag, was auch immer die besondere Aufgabe Elias, wer waren sie und was waren sie in der Gegenwart des Sohnes Gottes? Wenn auch der Sohn nichts aus sich macht, doch der Vater liebt den Sohn. Petrus würde Ihn auf eine Stufe mit den am meisten geehrten Menschen stellen; aber die Absicht des Vaters ist, dass sich jedes Knie vor Ihm beugen wird und dass alle Menschen den Sohn ehren sollen, so wie sie den Vater ehren. Der Mensch tut das nie, denn er sieht im Sohn nur den Menschen und ehrt Ihn in keiner Weise angemessen mit göttlicher Anbetung. Der Glaube tut es, denn er sieht Gott im Sohn, hört Gott in Ihm und findet Ihn auch in der besonders erhabenen Beziehung zum Vater. Denn wenn man Jesus nur als Gott und nicht als den Sohn begreifen würde, wäre das eine unvergleichlich weniger erhabene Offenbarung als die, die wir tatsächlich haben. Was uns selbst betrifft, wenn wir eine göttliche Natur ohne die erhabene Beziehung der Sohnschaft zum Vater hätten, würden wir den allerbesten Teil unseres Segens verlieren. Und es ist nicht nur die Gottheit Jesu, die man besitzen muss (obwohl diese die Grundlage aller Wahrheit ist), sondern die ewige Beziehung des Sohnes zum Vater. Er war nicht nur Sohn in dieser Welt: Es ist höchst gefährlich, die Sohnschaft Christi so zu begrenzen, denn sie ist von aller Ewigkeit.
Die Menschen argumentieren, dass, weil Er Sohn genannt wird, Er einen Anfang in der Zeit haben muss, nach dem Vater. Jede derartige Argumentation sollte aus der Seele eines Christen verbannt werden. Die Lehre der Schrift hat keinen Bezug zur Priorität der Zeit. Er wird Sohn genannt in Bezug auf die Zuneigung und die innige Nähe der Beziehung. Er ist das Vorbild für den erhabenen Platz, den uns die Gnade durch die Vereinigung mit dem Herrn Jesus Christus schenkt, obwohl es in Ihm natürlich unaussprechliche Höhen und Tiefen gibt, die darüber hinausgehen. Aber wenn wir es einfach sehen, entnehmen wir daraus die tiefste Freude, die in der Erkenntnis des wahren Gottes zu finden ist – und zwar in seinem Sohn.
Der Vater unterbricht also das Wort des Petrus und antwortet selbst. Die lichte Wolke, die sie überschattete, erkannte Petrus als die Wolke der Gegenwart des Herrn; und der Vater fügt hinzu: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (17,5). Es heißt nicht: Dies ist euer Messias – das war Er natürlich, aber Er bringt die große neutestamentliche Offenbarung Jesu hervor. Er offenbart Ihn als seinen eigenen geliebten Sohn, an dem Er sein uneingeschränktes Wohlgefallen hat. „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört“– auch diese letzte Aussage ist von allergrößter Bedeutung. Was war nun Mose und was Elias? Sie werden hier vom Vater völlig übergangen. Ich brauche nicht zu sagen, dass jeder, der Jesus als den Sohn Gottes kennt, weit davon entfernt wäre, Mose und Elias zu verachten. Wer die Gnade versteht, hat einen viel tieferen Respekt vor dem Gesetz als derjenige, der Gnade und Gesetz miteinander vermengt. Die einzige Möglichkeit, alles, was von Gott ist, völlig zu schätzen, ist die Einsicht seiner Gnade. Ich verstehe weder mich noch Gott, bis ich seine Gnade kenne; und ich kann seine Gnade nicht kennen, außer wenn ich sie in seinem Sohn offenbart sehe. „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden“ (Joh 1,17) Er war voll von Gnade und Wahrheit. „Hört ihn“, ist die Forderung des Vaters. Es heißt nicht mehr: „Hört Mose“ oder „Hört Elia“, sondern: „Hört ihn“. Könnte etwas für einen Juden erschreckender sein? Alle müssen dem Sohn Platz machen. Die Würde der anderen wird nicht geleugnet, noch wird ihre gebührende Stellung missachtet. Die Herrlichkeit der Sonne am Himmel anzuerkennen, bedeutet keineswegs, die Sterne zu verachten. Gott setzte Mose an seinen Platz und Elias an einen anderen, wie Er es für richtig hielt; aber was waren sie im Vergleich zu seinem Sohn? Wie schlicht und traurig, dass die Menschen immer noch zwei Hütten machen – eine für Mose (wenn nicht für Elias), und eine für den Herrn Jesus! Sie reden davon, dass Gott der unveränderliche Gott ist; aber Er, der die Nacht bestimmt hat, hat auch den Tag gemacht; und so sicher, wie Er einst das Gesetz geredet hat, hat Er nun das Evangelium gesandt. Ich sehe hier die Entfaltung der Herrlichkeit Gottes, der einmal einen Teil seines Charakters und ein anderes Mal einen anderen zeigt.
Das ändert sich nicht. Gott zeigt uns seine verschiedenen Eigenschaften, seine unterschiedliche Weisheit und seine unendliche Herrlichkeit; aber ich muss jede in ihrem eigenen Bereich sehen und die Absicht verstehen, für die Gott jede gegeben hat. Mose und Elia waren die beiden großen Kardinalpunkte des jüdischen Systems; aber jetzt gibt es jemanden, der dieses ganze System in den Schatten stellt – Jesus, der Sohn Gottes; und in seiner Gegenwart sind nicht einmal die Vertreter des Gesetzes oder der Propheten zu hören. Es gibt eine Fülle von Wahrheit, die in dem Sohn Gottes hervorkommt; und wenn ich die Gedanken Gottes verstehen will, wie sie mich jetzt betreffen, muss ich Ihn hören. Für einen Juden war es sehr schwierig, sich darauf einzulassen, weil sich seine Religion auf das Gesetz gründete. Nun wird der geliebte Sohn Gottes, in dem der Vater selbst seine vollkommene Befriedigung zum Ausdruck bringt, allen vorgestellt –„Hört Ihn.“
So wie der Vater Jesus mit unendlicher Liebe liebt, so ist Er der Kanal, mit dem diese Liebe auch zu uns gelangt. Wenn ich Ihn als den geliebten Sohn des Vaters erkenne, ruhe ich auf Ihm und habe ich Gemeinschaft mit dem Vater. „... und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (1Joh 1,3). Was ist Gemeinschaft? Es ist unsere gemeinsame Freude an einem gemeinsamen Gegenstand, den wir miteinander teilen. Wir haben Anteil an der Freude des Vaters und des Sohnes. Der Vater verkündet den Sohn, und der Sohn verkündet den Vater. Wir haben Gemeinschaft mit dem Vater, der uns auf den hinweist, an dem Er selbst seine Freude hat. Wir haben Gemeinschaft mit dem Sohn, indem Er uns den Vater kundtut. Wie soll ich den Vater erkennen? – Wie erkenne ich seine Gefühle? Auf eine Weise: Ich schaue den Sohn an, und ich sehe den Vater. Der Sohn spricht, und ich höre seine Stimme. Ich weiß, wie Er handelt; ich kenne seine Liebe – eine Liebe, die sich bis zum Allerschlimmsten niederbeugt. So war Christus; und jetzt bin ich sicher, so ist auch der Vater. Ich weiß, was Gott der Vater ist, wenn ich dem Sohn folge und auf den Sohn höre. Es ist der Vater, den Er offenbart, nicht er selbst: Der Sohn kam, um den Vater zu offenbaren, in einer Welt, die Ihn nicht kannte. Selbst diejenigen, die Glauben hatten, welche Gedanken hatten sie über den Vater? Wir müssen nur auf die Jünger schauen, um zu sehen, welch dürftige Antwort sie auf das Herz des Vaters hatten. Obwohl sie aus Gott geboren waren, wussten sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass der Vater sich in Jesus offenbarte. Philippus sagte: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns“ (Joh 14,6). Nicht, dass er nicht die Gottheit Jesu und Ihn als den Messias gekannt hätte; aber er kannte nicht die Glückseligkeit des Bewusstseins, was Er als der Sohn war, der den Vater offenbart. Erst nachdem der Heilige Geist herabkam, nach dem Weggang des Sohnes zum Himmel, erlangten sie das Bewusstsein der Gnade, in der sie standen. Mehr noch, der Apostel Paulus sagt: „... und wenn wir Christus nach dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so“ (2Kor 5,16). Christus zur Rechten Gottes zu kennen – zu schätzen, was Er dort ist, bedeutet, ihn viel besser zu kennen, als wenn wir jede seiner Reden gehört und jedes seiner Wunder auf der Erde gesehen hätten. Der Heilige Geist bringt Ihn durch sein Wort vollständiger zum Vorschein. Ich sage jetzt nicht, wie weit wir praktisch in das eindringen, was der Heilige Geist lehrt, denn das muss schließlich und zu Recht von dem Maß unserer geistlichen Einsicht abhängen. Aber der Heilige Geist ist hier, um die Dinge Christi zu nehmen und sie uns zu zeigen – um seine Herrlichkeit und seine Leiden bekanntzumachen, so wie es dem Vater gefällt, dass Er bekannt wird. Aber es gab viele Dinge, die sie damals nicht erfassen konnten. Wenn der Heilige Geist gekommen wäre, würde Er sie in die ganze Wahrheit leiten.