Behandelter Abschnitt Mt 4,23-24
Dies war ein außergewöhnlicher Fall. Wir finden nicht, dass Menschen im Allgemeinen zu einem solchen Werk wie diesem berufen werden. Es kann aber sein, dass es Gelegenheiten gibt, bei denen der Herr solche hat, die er dazu beruft, Ihm auf diese besondere Weise zu dienen. Wie könnte jemand für andere von Nutzen sein, wenn er nicht etwas von dieser Prüfung für seine eigene Seele erfahren hat? Der Herr wird hier so beschrieben, wie Er diesen gottesfürchtigen Überrest von Anfang an für sich formt. „Siehe, ich und die Kinder, die mir der Herr mir gegeben hat, wir sind zu Zeichen und Wundern in Israel“ (Jes 8,18; vgl. Heb 2,13). Das war es, was der Herr nun tat; aber das ist nicht alles.
Und Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen unter dem Volk. Und die Kunde von ihm ging aus nach ganz Syrien; und sie brachten zu ihm alle Leidenden, die von mancherlei Krankheiten und Qualen geplagt waren, und Besessene und Mondsüchtige und Gelähmte; und er heilte sie (4,23.24).
Beachten wir nun, dass es nirgendwo, außer bei Matthäus, eine solche Anzahl von Werken und Lehren des Herrn gibt, die in ein paar Versen zusammengefasst sind. Bei Matthäus sind sie zu einem Bündel zusammenfasst, bevor wir die Lehre haben, die allgemein die Bergpredigt genannt wird. Warum wird der gewöhnliche Verlauf des Dienstes des Herrn hier in dieser umfassenden Form beschrieben? Das Matthäusevangelium will uns zeigen, dass der Herr, nachdem Er diese Jünger berufen hatte, die allgemeine Aufmerksamkeit auf seine Lehre lenkt. Herhatte überall in ganz Galiläa ein vollständiges Zeugnis gegeben, und die Kunde von Ihm hatte sich in ganz Syrien verbreitet. Menschen waren von allen Seiten angezogen worden. Und der Heilige Geist gibt uns dann den Umriss des Reiches der Himmel in seinen Zielen und seinem Charakter. Die Umstände sind vom Heiligen Geist so angeordnet, dass sie die allgemeine Aufmerksamkeit zeigen, die darauf gerichtet ist. Wenn alle auf Zehenspitzen stehen, um ihn zu hören, dann entfaltet der Herr den Charakter des Reiches der Himmel.
Matthäus wusste ganz genau, dass die Bergpredigt tatsächlich lange danach gehalten wurde. Er hat sie selbst gehört. Dennoch wird Matthäus’ eigene Berufung erst in Kapitel 9 erwähnt. Es fand nach der Berufung der zwölf Jünger statt, dass unser Herr seinen Platz auf dem Berg einnahm. Doch Matthäus berichtet es lange vorher. Das Ziel ist, nicht den Zeitpunkt zu betonen, wann unser Herr diese Rede hielt, sondern die angekündigte Veränderung. Zuerst gab es all diese mächtigen Taten, die bezeugten, dass er der wahre Messias war; und dann wurde seine Lehre vollkommen dargelegt.
Die Bergpredigt muss historisch nicht als eine zusammenhängende Rede betrachtet werden, sondern kann in verschiedene Teile aufgeteilt worden sein. Es wird nirgends gesagt, dass alles in strenger Aufeinanderfolge geäußert wurde. Wir haben nur die allgemeine Tatsache, dass Er damals auf dem Berg so sprach und dort das Volk lehrte. Die Bergpredigt kann in mehrere Reden aufgeteilt worden sein, wobei Matthäus die Umstände wegließ, die zu diesem oder jenem Teil führten. Der menschliche Verstand vergleicht diese Dinge miteinander und stellt fest, dass bei Lukas verschiedene Teile in einem anderen Zusammenhang berichtet werden, während bei Matthäus alles zusammengefasst ist. Doch anstatt auf die Gewissheit zu vertrauen, dass Gott recht hat, zieht er sofort die Schlussfolgerung, dass in diesen Schriften ein Durcheinander herrscht. Wir finden hier jedoch Vollkommenheit. Es ist der Heilige Geist, der alles entsprechend dem Ziel formt, das Er vor sich hat.
Ich hoffe, dass ich ein anderes Mal, wenn der Herr will, sorgfältig auf diese inhaltsreiche und einzigartige Rede unseres Herrn eingehen kann, um ihre große Bedeutung in sich selbst und wie sie zu Matthäus passt, aufzuzeigen, denn nur hier ist sie so vollständig vorhanden. Bei Markus und Johannes finden wir sie überhaupt nicht, bei Lukas nur in einzelnen Fragmenten, bei Matthäus als Ganzes. Doch jetzt empfehle ich Ihnen nur das Thema, das wir betrachtet haben, im Vertrauen darauf, dass die bereits geäußerten allgemeinen Bemerkungen ein Ansporn zu weiterem Studium unter Gebet sein mögen. Mögen die erwähnten Hinweise einigen zu einer gewinnbringenderen Lektüre des Wortes Gottes und zu einem einsichtigen Zugang zu seinem Denken verhelfen und außerdem einen Schlüssel zu scheinbaren Schwierigkeiten in den Evangelien bereitstellen.