Ruth, so liebevoll sie auch war, stammte doch aus einer für einen Juden besonders abscheulichen Quelle. Sie war eine Moabiterin und damit war es nach dem Gesetz verboten, die Versammlung des Herrn bis zur zehnten Generation zu betreten. Sogar die Edomiterin oder die Ägypterin wurde weniger verabscheut, und ihre Kinder durften in der dritten Generation aufgenommen werden (5Mo 23,3-9). So wurde ein noch tieferes Zeugnis gegeben, dass die Gnade hinausgehen und die Allerschlimmsten unter den Heiden segnen würde. Ob es den Juden gefällt oder nicht, Gott hat Rahab, die einst unmoralische Heidin, und Ruth, die sanftmütige Tochter Moabs, nicht nur in die Nation, sondern in die direkte Linie gebracht, aus der der Messias hervorgehen sollte.
Isai aber zeugte David, den König. David aber zeugte Salomo von der, die Urias Frau gewesen war (1,6).
Mit nur wenigen Geschlechtern dazwischen haben wir diese drei Frauen, die aus dem einen oder anderen Grund, sei es moralisch oder förmlich, von demselben Geist, der Jesus und die Gnade Gottes verwarf, völlig verachtet und ausgeschlossen worden wären. Es war also kein neuer Gedanke – die göttliche Barmherzigkeit, die sich ausstreckte, um die Ausgestoßenen der Heiden zu sammeln, die auf die Lasterhaften blicken würde, um sie zu befreien und zu heiligen. Es war schon früher Gottes Weg. Sie konnten den Bericht nicht lesen, den Er über den Ursprung ihres eigenen Messias gibt, ohne zu sehen, dass es so war. Und dass dies der göttlich vorgeschriebene Weg war, konnte kein Jude leugnen. Sie müssen alle zugeben, dass der Messias in keiner anderen Linie als in der Salomons kommen konnte. Oh, welche Gnade für uns, die wir wissen, was wir als arme Sünder aus den Heiden gewesen sind, in welchem Elend wir uns befanden, und das wegen Schuld und Sünde! „Und solches sind einige von euch gewesen; aber ihr seid gewaschen, aber ihr seid geheiligt, ihr aber seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes“ (1Kor 6,11).
Die ersten Worte, die den Messias einführen, zeigen also dieselbe gesegnete Wahrheit, wenn es ein Ohr gab, das hörte, oder ein Auge, das sah, was Gott damit vorhatte und worauf Er jetzt hinwies. In dem zuletzt erwähnten Fall gab es etwas, das demütigender war als in jedem anderen. Denn obwohl Tamars Geschichte in frühen Tagen böse und liederlich genug war, so gab es doch andere, falsche und lüsterne und gewalttätige Züge, die in ihrem Fall zusammentrafen, die zu Urija gehört hatte. Und das war umso bedrückender, weil die Hauptschuld bei dem Mann lag, den Gott gern ehrte, nämlich „David, den König“. Wer weiß nicht, dass dies das tiefste und ergreifendste persönliche Sündenbekenntnis hervorgerufen hat, das je vom Geist Gottes inspiriert wurde (Ps 51)? Doch auch hier finden wir, dass der, der mit dieser schrecklichen Verwicklung zu tun hatte und der diesen Psalm des leidvollen Bekenntnisses aussprach, der direkte Vorfahre des Messias war. Wenn also der Jude auf die schaute, von denen der Messias abstammte, so waren das seine irdischen Vorfahren. Aber Gott zeichnet die gesegnete Beschreibung seiner Wege auf, sowohl zur Gewinnung der härtesten, stolzesten und sündigsten Menschen, als auch zum unfehlbaren Trost und zur Erquickung derer, die Ihn lieben, damit kein Fleisch sich vor Gott rühmt ‒ „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn“ (1Kor 1,31).
Ich brauche nicht besonders auf die folgenden Namen einzugehen. Wir würden sehen, wie Sünde auf Sünde, Schandfleck auf Schandfleck, in ihre verschiedenen Geschichten verwoben wird. Es war ein durchgehendes Gewebe von dem, was einen Juden zum Erröten bringen würde – was ein Mann von sich aus nie gewagt hätte, über einen König, den er verehrte, ans Licht zu bringen. Gott, in seiner unendlichen Güte, ließ diese Dinge nicht unerwähnt. Kein Wort wird von den Frauen gesagt, die kamen, nachdem die Aufzeichnungen der Schrift beendet waren; aber welcher Jude könnte den lebendigen Aussprüchen, die ihnen anvertraut wurden, widersprechen? Das wegzulassen, dessen ein Jude sich rühmte, und das zu erwähnen, was er aus Scham verheimlicht hätte, und das alles in zärtlicher Barmherzigkeit gegenüber Israel, gegenüber den Sündern, war in der Tat göttlich.
Daraus können wir lernen, dass die Erwähnung dieser vier Frauen besonders aufschlussreich ist. Der Mensch hätte sie nicht hervorbringen können: Unser Platz ist es, zu lernen und anzubeten. Jede Frau, die genannt wird, ist eine, die die Natur sorgfältig aus der Aufzeichnung ausgeschlossen hätte; aber die Gnade hat sie darin besonders hervorgehoben. So sollte die Wahrheit, die hier gelehrt wird, niemals vergessen werden, und der Jude, der den Anspruch Jesu, der Messias zu sein, kennenlernen wollte, könnte hier lernen, was sein Herz und sein Gewissen auf einen solchen Messias, wie Jesus es ist, zubereiten würde. Er ist ein Messias, der gekommen ist, um Sünder zu suchen, der keinen Bedürftigen verachten würde – nicht einmal einen armen Zöllner oder eine Hure. Der Messias spiegelt so gründlich wider, was Gott in seiner heiligen Liebe ist, er ist so wahrhaftig in allen Absichten Gottes, er ist ein so vollkommener Ausdruck der Gnade, die in Gott ist, dass es nie einen Gedanken oder ein Empfinden oder ein Wort der Gnade in seinem Wort gab, als das, was der Messias war, der jetzt gekommen ist, um es in seinem Umgang mit armen Seelen gut zu machen, und zuallererst mit einem Juden.
Dies ist also das Geschlechtsregister Christi, wie es uns hier gegeben wird. Es gibt gewisse Auslassungen in der Liste, und Personen von einiger Gelehrsamkeit waren sowohl schwach als auch kühn genug, um Matthäus einen Fehler zu unterstellen, den kein intelligenter Sonntagsgelehrter gemacht hätte. Denn ein Kind könnte abschreiben, was deutlich vor ihm aufgeschrieben war; und sicherlich hätte Matthäus leicht das Alte Testament nehmen und die Liste der Namen und Generationen, die uns in den Büchern der Chronika und anderswo gegeben wird, wiedergeben können. Aber es gab einen göttlichen Grund für das Weglassen der besonderen Namen von Ahasja, Joas und Amazja aus Vers 8 – drei Generationen.
Warum, so dürfen wir fragen, lässt der Apostel Matthäus, natürlich durch Eingebung, einige der Glieder der Kette weg? Dem Geist Gottes gefiel es, die Abstammung unseres Herrn in drei Gruppen von jeweils vierzehn Generationen zu ordnen. Da es aber tatsächlich mehr als vierzehn Generationen zwischen David und der Gefangenschaft gab, mussten einige weggelassen werden, um die Reihe auszugleichen, und deshalb sind nur vierzehn aufgezeichnet. In der Tat, wenn wir die alttestamentlichen Schriften untersuchen, werden wir feststellen, dass es in den Geschlechtsregistern gar nicht so ungewöhnlich ist, einige Glieder der Kette wegzulassen. Mehr als doppelt so viele wie in unserem Vers werden an einer Stelle weggelassen (Esra 7,3). Dabei war es Esra selbst, der dieses Buch schrieb, und natürlich kannte er seine eigene Abstammung viel besser als wir. Und wenn einer von uns durch den Vergleich mit anderen Teilen die fehlenden Glieder herausfinden kann, so konnte er das erst recht. Und doch, bei der Angabe seines eigenen Geschlechtsregisters (Esra 7), gefällt es dem Geist Gottes, dass er nicht weniger als sieben Generationen auslässt. Dies ist umso bemerkenswerter, als niemand seine Rechte als Priester ausüben konnte, wenn er nicht seine Linie bis zu Aaron zurückverfolgen konnte, ohne dass die Nachfolge in Frage gestellt wurde.
Ich zweifle nicht, dass es anderswo besondere Gründe für die Auslassung gab, nicht weniger als in unserem Evangelium; aber die Motive dafür sind eine ganz andere Frage. Einen davon habe ich genannt. Es gab mehr als zweimal sieben Generationen, zumindest in der zweiten Abteilung; und das mag ein Grund gewesen sein, warum der Schreiber mehrere von ihnen ausließ. Aber warum gerade diese? Athalja, die Tochter Ahabs, des Königs von Israel, und die Frau Jorams, waren also durch Heirat in das Königshaus Davids dazugekommen. Das war in der Tat eine traurige Stunde für Juda. Denn Athalja, erzürnt über das vorzeitige Ende ihres Sohnes, des Königs Ahasja, machte sich eines allzu erfolgreichen Versuchs schuldig, den königlichen Nachkommen zu vernichten. Das geschah aber nicht vollständig, denn diese Familie wurde aus allen Familien des Volkes Gottes auserwählt, um nie ganz ausgelöscht zu werden, bis Silo käme. Es gab nur einen einzigen jugendlichen Spross, den Joscheba im Haus des Herrn verbarg und dadurch rettete (2Kön 11,2).