Je höher die Beziehung, desto größer die Gefahr, wo Gott nicht vor der Seele ist. Nicht nur, dass die Sünde in solchen Verhältnissen schwerwiegender ist, sondern es besteht auch eine größere Anfälligkeit für sie. Ein Priester muss nicht nur wie ein Mensch außerhalb des Heiligtums wandeln, sondern wie jemand, der in das Heiligtum hineingeht. Es gab eine vollkommenere Weihe im Falle eines Priesters als bei einem Israeliten; und die Vertrautheit mit der Gegenwart Gottes, wenn sie nicht in seiner Furcht aufrechterhalten wird, grenzt an Verachtung. Gewissenshärte entsteht dort, wo gewohnheitsmäßige Sorglosigkeit in Bezug auf Gott herrscht, während man gleichzeitig Sinnsprüche aufrechterhält und so für alle unempfindlich wird.
... die ihr unreines Brot auf meinem Altar darbringt und doch sprecht: „Womit haben wir dich verunreinigt?“ Damit, dass ihr sagt: „Der Tisch des Herrn ist verächtlich“ (1,7).
Das war eine tiefe Beleidigung Gottes, egal wie sie es zu entschuldigen suchten. Das ist praktisch eine ernste Sache für den Christen heute. Ein Mensch wird in der Anbetung ertragen, was er sonst nirgendwo ertragen würde. Viele, die der Predigt kritisch genug gegenüberstehen, machen sich über die Gebete sehr lustig, haben mit vielem kein Verständnis und würden es ändern oder über Bord werfen. Sie ertragen den allgemeinen Gottesdienst oft nur um der Predigt willen. Nun ist es sicher eine ernste Sache, wenn wir uns daran erinnern, was Gottesdienst sein sollte. Ich spreche nicht von einem imaginären Fall. Es gibt nichts, was den Zustand der Menschen mehr verrät als ihre Gebete, es sei denn, es sind ihre Lieder oder überhaupt ihre Anbetung. Deshalb ist die gewöhnliche Form des Gebets und der Lieder, die völlig unter den wahren Anbetern liegt, die im Geist und in der Wahrheit anbeten, ein fatales Zeichen und zeigt, wie tief sie gesunken sind. Denn sicherlich sollte die Anbetung der höchste Ausdruck der geistlichen Hingabe an Gott sein. Wenn sie echt ist, erhebt sie sich vordergründig als das Ausströmen der Kraft des Heiligen Geistes zu Gott selbst. Eine Predigt ist etwas ganz anderes; sie hat natürlich ihren Platz und ihren Wert, aber sie richtet sich an Menschen, an die Zuhörer. Ohne überkritisch zu sein, was die Begriffe angeht, mag die Rede an die Unbekehrten gerichtet sein, um ihnen den Weg zur Errettung zu zeigen, oder an die Bekehrten, um sie in der Wahrheit Gottes völliger zu unterweisen, es geht eindeutig um den Menschen, sei er nun bekehrt oder nicht bekehrt oder beides, aber ganz sicher geht es um den Menschen.
Aber offensichtlich sollte das, was Gott zum Ziel hat, nicht verunreinigt werden – sollte nicht das sein, von dem die Menschen wissen, dass es unter seiner Gnade und Wahrheit liegt, oder ungeeignet ist, selbst wenn es wahr wäre, und nicht der Höhe des Glaubens derer entspricht, die es präsentieren. Es gibt kaum etwas, das eine erniedrigendere Wirkung hat als die gewohnheitsmäßige Zufriedenheit in der Anbetung mit dem, was nicht dem Charakter des Lobes entspricht, den unsere Herzen als Gott gebührend empfinden; und doch gibt es wohl nichts, in dem selbst Kinder Gottes mehr Unzulänglichkeiten in Kauf nehmen als hier. Tausende von Christen wissen, dass das, was sie als Anbetung hinnehmen, nicht nach Gottes Gedanken ist. Sie ertragen es aus eigenen Gründen, sicher nicht zur Ehre Gottes. Das ist manchmal der Fall, wenn es keine äußere oder feste Form gibt. Wir haben erlebt, wie unter solchen, die äußerlich frei genug sind, durch traditionelle Gewohnheiten und Wege eine Ordnung entstehen kann, die dem Willen Gottes widerspricht. Lasst euch nicht durch den Schein täuschen: Ungeschriebene Gebete können ebenso wirklich beleidigen wie geschriebene. Dass es ein auswendig gesprochenes Gebet ist, macht es nicht geistlich; und wenn es ein schlechtes ist, ist es umso schlimmer, weil es ungeschrieben ist. Denn der, der betet, ist gerade dadurch frei, und doch ist das Gebet niedrig und schlecht. Es ist natürlich keine falsche Lehre gemeint oder etwas sittlich Schädliches: Ich meine nur das, was unpassend ist für jemand, der in der bewussten Erlösung steht und den Heiligen Geist hat, der ihn bewohnt und zum Tempel Gottes macht. Nun sage ich, dass dies die Stellung jedes Christen ist, und dass die Anbetung dem Platz entspricht, in den Christus ihn gestellt hat, die Offenbarung Christi, wie Er auferstanden und im Himmel ist.
Nehmen wir zum Beispiel die allgemeine Gewohnheit, sich auf die Allmacht Gottes oder den Namen des Herrn zu berufen. Wie könnte ein Christ, der weiß, was er sagt, auf eines von beidem zurückgreifen, wenn er nicht die Stellung eines Kindes bei seinem Vater oder die eines Gliedes Christi hat? Ich kann verstehen, dass eine Person beides durch einen Ausrutscher einbringt; aber da wäre immer die Korrektur zur Hand – vielleicht hat die Person mehr oder weniger ein Bewusstsein, dass es so war, oder der Geist Gottes gibt ihr etwas viel Besseres. Andererseits scheint es vor allem im Gebet oder in der Anbetung falsch zu sein, zu kritisch über das zu sein, was von anderen gesagt wird. Es ist eine erbärmliche Sache, Gebete oder Anbetung zu sichten, wo wir Gott in Einfachheit loben sollten. Aber es kann eine notwendige Pflicht sein, wo es etwas gibt, das das verfälscht, was annehmbar zu Gott hinaufsteigen sollte.
Das zeigt vielleicht die große Ähnlichkeit zwischen dem, was jetzt in der Christenheit vor sich geht, und dem Zustand, der in Maleachi beschrieben wird; und ich bin völlig überzeugt, dass die Christenheit in den letzten Jahren einen ernsten Schritt in eine weitere Abkehr von Gott gemacht hat, und dass der jüdische Geist (und auch der heidnische) der Liebe zu den äußeren Formen und der Pracht der Gebäude und der Musik und des Aussehens im Allgemeinen sich immens entwickelt hat: Kurz gesagt, es gibt in der Christenheit im Allgemeinen eine Art Wettstreit in dieser Hinsicht. Die, die noch vor wenigen Jahren durch ihre Schlichtheit auffielen und in der Tat gewohnt waren, über die nationalen Körperschaften wegen dieser Schlichtheit eher abfällige Bemerkungen zu machen, versuchen nun wirklich, sie in demselben Geschmack zu übertreffen. Das alles scheint für die Kinder Gottes sehr bedauerlich zu sein. Ich sage kein Wort über die Menschen der Welt. Diesen Menschen kann man natürlich nicht verbieten, Tempel zu haben, wenn sie wollen: Gott wird sie nach und nach richten. Aber unsere Aufgabe ist es sicherlich, als Kinder Gottes, die Interessen Christi zu vertreten. Wir kennen die Interessen seiner Liebe und seiner Herrlichkeit, und für mich ist es schwerwiegend, dass der Zustand der Christen so eigenartig ist, wie es in den Versen des Maleachi, die wir gerade betrachtet haben, angenommen wird.
Nun ist ein großer Teil der Nachlässigkeit darauf zurückzuführen, dass man annimmt, Gott habe in seinem Wort nichts Bestimmtes über vieles hinterlassen, was man für äußerlich und unwesentlich hält. Wenn wir das alles bedenken, frage ich dennoch: Wie kommt es, dass sie ihrer eigenen Position untreu werden und sich erlauben, in der Anbetung unter ihre Gemeinschaft mit Gott und ihre eigene Erkenntnis des Evangeliums zu sinken – genau der Ort, an dem wir am meisten auf dem Höhepunkt unseres Wissens sein sollten? Die Wahrheit ist, dass die biblische Vorstellung von Anbetung nie ihren Platz in ihren Seelen hatte. Daher gewöhnen sie sich an, von der Verkündigung des Evangeliums als Anbetung zu sprechen. Das gemeinsame Lob Gottes, im Gegensatz zur Lehre oder Predigt, wird fast aus den Augen verloren. Dann wieder gehen die Menschen in ihrer gewohnten Routine in dieser Gewissensübung vor, wie man Gott darin erfreut.
Es gibt eine große Klasse, mit der man gelegentlich zusammentrifft, die eine Vorstellung davon hat Anbetung hat und die weiß, was keine Anbetung ist. Leider können solche unklar im Blick auf das Evangelium sein. Man nennt ungern Namen; aber die, die man gemeinhin „bedeutende Kirchenmänner“ nennt, haben Vorstellungen von Anbetung, obwohl es ihnen extrem an Sinn für Freiheit mangelt: Ich spreche jetzt von gottesfürchtigen Personen, denn es gibt solche unter ihnen. Sie haben im Allgemeinen strengere Gedanken von der Anbetung, wie sie ist, als viele, die vor ihnen sind, was die Erkenntnis betrifft. Ihr Maßstab mag niedrig sein; aber dennoch verstehen sie Anbetung in ihrem Maß als Ausgießung des Herzens vor Gott. Folglich neigen sie alle in ihrem Eifer für den Ausdruck der Anbetung dazu, die Predigt zu vernachlässigen. Nun ist es sehr offensichtlich, dass es christliche Weisheit ist, weder das eine noch das andere an seinem Platz zu vernachlässigen. Der wahre Weg ist hier wie überall, Raum zu lassen für alles Wort und den Willen Gottes, was auch immer die Sache sein mag, ohne sie miteinander zu vermischen. Es ist unmöglich für jemanden, die nicht die Freiheit hat, in der Kraft des Geistes anzubeten.
Aber es gibt merkwürdige Ungereimtheiten unter den echten Christen. Oft werden Menschen durch die Schwierigkeiten zurückgehalten, die so groß und unüberwindlich erscheinen; und auf diese Weise werden oft gottesfürchtige Menschen durch die Vorstellung, Gutes zu tun, zurückgehalten. Ich kenne kein größeres Hindernis, ja nichts Böseres, als zuzulassen, dass der Wunsch, Gutes zu tun – vor allem in einem Bereich, den die Menschen für groß halten –, ihr Handeln für den Herrn und ihre Treue zu dem, was sie wissen, in Verlegenheit bringt. Auf diese Weise werden gottesfürchtige Menschen in Fesseln gehalten, im Gegensatz zu dem, was sie wissen. Der Zustand einer Person in der Gegenwart Gottes, ganz unabhängig von der Position, hat viel mit dem Geist der Anbetung zu tun.
Bei solchen Männern wie Samuel Rutherford, fromm und gottesfürchtig im Ausdruck und Geist, sollte man meinen, dass es viel von dem ausgehenden Herzen gab, das auf die Gnade Christi reagierte, dessen persönliche Herrlichkeit ihnen wertvoll war. Dies vermischte sich mit ihrer Unterhaltung und ihrem Dienst jeder Art, obwohl sie den Tod des Christen dem Gesetz gegenüber nicht kannten und in der größten Knechtschaft waren, was den wahren Ausdruck der Anbetung betraf. So sehen wir hin und wieder gottesfürchtige Menschen, wo ein brennender Sinn dafür, wer und was Christus ist, der Seele den Ausdruck verleiht, der in der Anbetung hervorkommt, und so erkennen wir es weitgehend bei dem alten Rutherford, obwohl seine Strenge in der Kontroverse etwas Ungeheures war. Wie viele milde Männer, die wir gekannt haben mögen, erschreckte er als seine Gegner durch die extrem harten Schläge, die er ihnen versetzte. Wenn man sich von seiner scharfen und pointierten Verteidigung des Presbyterianismus oder der Gesetzlichkeit abwendet, ist es schwer zu erkennen, dass derselbe Mann die Briefe schrieb, die alle, die den Heiland lieben, entzücken. Aber wenn wir ein wenig genauer hinschauen, sehen wir, dass er lehrmäßig genauso kalt war wie Calvin, wobei das Geheimnis seines Unterschieds zu seinen Mitmenschen darin bestand, dass er die Freude seines Herzens an der Liebe Christi aussprechen konnte.
Dieser geistliche Ton ist immer anziehend, und das mit Recht; aber es ist noch viel mehr nötig, um eine Seele auf den festen Boden der christlichen Anbetung zu stellen. Denn dazu ist noch etwas anderes nötig als der lebendige, durch die Liebe wirkende Glaube, der durch eine solche Erkenntnis Christi, wie sie der Heilige Geist gibt, entfacht wird. Wir brauchen das Empfinden völliger Freiheit durch Christus, unseren Herrn – Befreiung von Fleisch, Welt, Gesetz, ja, von allem, was sich zwischen einen Menschen und Gott stellen kann. Ich spreche jetzt nicht von der Kraft, die hier wie überall im Heiligen Geist ist, sondern von der Bedingung, die vorher notwendig ist. Dass dies eine Sache von großer Bedeutung ist, wird von denen, die die Heiligen Gottes um Christi willen lieben und seine Ehre in und durch sie begehren, nicht bestritten werden. Es ist das, was wir am meisten bei unseren Brüdern zu suchen haben, wo immer sie auch sein mögen. Denn es darf nie als etwas Verbotenes angesehen werden. Mancher Christ kennt das prophetische Wort recht und die Wahrheit im Allgemeinen, der weit davon entfernt ist, bewusst tot zu sein und so Gott zu dienen. Wir dürfen also nicht vorschnell davon ausgehen, dass echte Gläubige in dieser Hinsicht völlig klar sind, was ihre eigene Seele betrifft. Das gleiche Prinzip gilt natürlich auch für das Wissen um die kirchliche Stellung und Regierung. Es folgt in diesem Fall nicht mehr; obwohl die Wahrheit über die Kirche, weil sie deutlich ist, enger als die Prophetie mit dem verbunden ist, was die Seele klärt. Aber wir sollten jedem, der sich zu Gott bekehrt hat, die volle befreiende Gnade des Evangeliums vor Augen stellen, auch wenn denen, mit denen wir in Berührung kommen, die schon so lange dem Herrn nachgefolgt sind. Wir sollten danach trachten, zu erfahren, ob sie bewusst klar vor Gott sind und so aus aller Knechtschaft des Geistes herausgebracht wurden; denn ohne dies muss es bald nicht wenige Hindernisse und Schwierigkeiten geben, an denen am Tag der Prüfung nicht gefestigte Personen zerbrechen, Schwierigkeiten verursachen und sicherlich in ihren eigenen Seelen leiden.