Und dann wird ihm mitgeteilt, wie es zu dieser Verzögerung kommen konnte:
Aber der Fürst des Königreichs Persien stand mir 21 Tage entgegen (10,13a).
Hier, so glaube ich, spricht eine andere Person. Nicht die erste und herrliche Person, die Daniel gesehen hatte, sondern jemand, der als Diener benutzt wurde – tatsächlich ein Engel, den der andere gebrauchte. Das letzte Kapitel wird klar beweisen, dass mehr als eine Person gesandt wurde: und das Reden des Sprechers macht deutlich, dass er untergeordnet ist. Daniel wird ermutigt, indem er erfährt, dass seine Worte vom ersten Tag an, als er sich vorgenommen hatte, zu verstehen und sich vor Gott zu kasteien, erhört wurden. Er erhielt die Antwort weder am ersten noch am zweiten Tag. Erst nach einundzwanzig Tagen kam die Antwort, und doch wurde sie von Gott gleich am ersten Tag gesandt. Natürlich hätte Er sie sofort geben können. Aber was dann? Erstens wäre der furchtbare Kampf, der immer zwischen den Werkzeugen Gottes und den Abgesandten Satans tobt, nicht so deutlich zu verstehen gewesen. Außerdem hätten Glaube und Geduld nicht ihr vollkommenes Werk getan.
Ich vergesse nicht, dass der Heilige Geist jetzt herabgesandt wird, um in den Herzen der Gläubigen in einer Weise zu wohnen, die damals nicht bekannt war. Denn obwohl der Geist Gottes immer in den heiligen Propheten und in den heiligen Menschen wirkte, so war doch die bleibende Innewohnung des Heiligen Geistes etwas, was es nicht gab und nicht geben konnte, weil Jesus noch nicht verherrlicht und das große Erlösungswerk noch nicht vollbracht war, kraft dessen der Heilige Geist vom Himmel herabgesandt wurde, um in den Herzen derer Wohnung zu nehmen, die glauben, als Siegel des Segens, der ihnen in Christus zuteilwird. So haben wir neben der äußeren Vorsehung Gottes, die hier so schön vorgestellt wird, diese gesegnete göttliche Person, die unseren Leib zum Tempel Gottes macht. Dennoch gehen die äußeren Kämpfe weiter. Dasselbe, was Daniel daran hinderte, die offensichtliche Antwort auf sein Gebet zu erhalten, kann uns daran hindern, die Antwort der Umstände zu erhalten. Mit der Antwort des Glaubens sollten wir immer sofort rechnen; auf die Antwort der Umstände, die von Gott gelenkt werden, um eine offensichtliche Antwort hervorzubringen, müssen wir vielleicht warten. und siehe, Michael, einer der ersten Fürsten, kam, um mir zu helfen, und ich trug dort den Sieg davon bei den Königen von Persien (10,13b).
Daniel musste warten, und uns wird der Grund dafür genannt. Aus Vers 13 erfahren wir, dass, obwohl Gott die Antwort vom ersten Tag an gesandt hatte, der Fürst des Königreichs Persien sie einundzwanzig Tage lang verzögerte – genau die Zeit, in der Daniel in Trauer und Fasten vor Gott verharrte.
Offensichtlich ist es ein Engel, der spricht. Es wäre dem Herrn gegenüber abwertend, anzunehmen, dass Er die Hilfe einer seiner eigenen Engel benötigte. Aber Michael wurde hier erwähnt, weil er bekanntlich der Erzengel war, der über das Volk Israel eine besondere Wächterfunktion ausübte (V. 21; 12,1). Wie sehr sich die Menschen auch über die Wahrheit des Eingreifens und des Schutzes von Engeln lustig machen mögen, so ist die Schrift doch ganz klar darüber. Der Katholizismus hat sie, wie wir wissen, zu Objekten der Anbetung gemacht. Aber die Wahrheit selbst ist von besonderem Interesse.
Dass Engel von Gott für bestimmte Dienste eingesetzt werden, geht klar aus dem Wort Gottes hervor. Auch das war keine neue Wahrheit. Wir finden, dass Judas als einen bekannten Umstand den Streit des Erzengels Michael mit dem Teufel um den Leib des Mose erwähnt (V. 9). Die gleiche Wahrheit kommt hier wieder zum Vorschein. Es war Michaels Fürsorge um das jüdische Volk. Er kannte ihre Neigung zum Götzendienst und wusste, dass sie den Mann, gegen den sie zu Lebzeiten rebelliert hatten, nach seinem Tod zum Götzen machen würden. Und so kämpft Michael als das Werkzeug des Segens Gottes für Israel mit Satan, so dass der Leichnam Moses nicht gefunden wurde; der Herr hat ihn begraben, obwohl das Werkzeug, das der Herr benutzte, Michael war. Hier haben wir nun diesen interessanten Lichtstrahl auf irdische Verhältnisse. Die Mächte dieser Welt mögen regieren, aber die Engel haben ihre Funktionen nicht aufgegeben. Im letzten Buch der Bibel werden der Teufel und seine Engel und mit ihm Michael und die heiligen Engel wieder beschrieben (Off 12,7-12). Die Tatsachen, dass Christus gekommen ist und der Heilige Geist gegeben wurde, verdrängen dies nicht. Im Gegenteil, wir wissen, dass es am Ende einen äußerst gewaltigen Kampf zwischen den heiligen Engeln und den Bösen geben wird, wenn der Himmel für immer von den bösen Mächten gereinigt werden wird, die ihn so lange verunreinigt hatten. Dies ist höchst interessant, da es die vollkommene Geduld Gottes zeigt. Denn wir wissen, dass Er mit einem Wort den Teufel und sein ganzes Heer niederschlagen könnte. Aber Er tut es nicht. Er erlaubt dem Satan sogar, sich in die unteren Himmel zu wagen – ja, sogar noch Besitz von ihnen zu ergreifen. Deshalb wird er „der Fürst der Gewalt der Luft“ (Eph 2,2) genannt, wie er anderswo „der Fürst“ und „der Gott dieser Welt“ genannt wird (2Kor 4,4). Aber ich glaube, dass er nur dort „Fürst“ ist. Wir lesen nie davon, dass der Satan in der Hölle Fürst ist. Es ist ein Lieblingstraum der großen Dichter und auch der kleinen; aber wir lesen nie davon in der Heiligen Schrift. Die Bibel zeigt uns, dass seine wirkliche Macht jetzt entweder im Himmel oder auf der Erde ist; aber dass er, wenn er gebrochen wird, sowohl in seiner himmlischen widerrechtlichen Aneignung zuerst, und dann in seiner irdischen Macht, in die Hölle geworfen wird; und dass er, anstatt ein König in der Hölle zu sein, das elendigste Objekt der Rache Gottes sein wird. Das Ernste ist, dass er jetzt hier regiert, und die Menschen empfinden es nicht. Seine schlimmste Herrschaft ist die, die er erworben hat – nicht die, die er vorher hatte. Und obwohl der Tod Christi der Grund ist, auf dem er schließlich all seine Macht verlieren wird, war dieser Tod dennoch das Mittel, durch das er die große erobernde Macht wurde, die sich Gott in all seinen Gedanken über diese Welt entgegenstellt. Aber hier ist ein Gedanke, der für uns von Bedeutung ist. Wenn Gott so etwas zulässt – wenn Er die Anwesenheit dieses Bösen, des Feindes seines Sohnes, im Himmel selbst zulässt – wenn die Kreuzigung Christi Gott dazu veranlasst, seine größte Langmut zu zeigen, statt Satan all seiner Macht zu berauben, was für eine Lehre ist das alles für uns, uns nicht um Umstände zu kümmern! Kein Mensch hat jemals diese unbekannten Regionen durchschritten; es gab niemanden, der uns davon erzählt hat, außer dem Wort Gottes, das es vor uns offenlegt. Wir wissen natürlich nicht alles; aber wir wissen genug, um zu sehen, dass es diese ungeheure Macht des Bösen gibt, die Gott entgegensteht, und dass die Macht Gottes immer und unendlich viel mächtiger ist als die Macht des Bösen. Das Böse ist nur ein Unfall, der durch die Rebellion des Geschöpfes gegen Gott in die Welt gekommen ist. Mit „Unfall“ meine ich, dass es nur eine zeitweilige Unterbrechung der Absichten Gottes durch das Geschöpf war, während es in Wahrheit nur dazu diente, sie in hellerem Glanz erscheinen zu lassen. Der Plan Gottes war, Himmel und Erde zu segnen, und dieser Plan wird bestehen bleiben. Das Böse wird von der Bühne verbannt werden, und die bösen Menschen werden die schrecklichen Folgen dafür erleiden, dass sie den einzigen Guten und Gesegneten in Christus, dem Herrn, verworfen haben.
Aber während die Gewissheit von diesem allem dem Glauben vor der Ausführung der Gedanken Gottes bekanntgemacht worden ist, wird uns der Blick auf den schweren Konflikt eröffnet, der inzwischen unsichtbar ist. Das stellt den Glauben auf die Probe. Daniel musste weiter warten, trauern, beten und alles vor Gott ausbreiten. Wir sehen in ihm die Beharrlichkeit des Glaubens – er betete immer. Und wie wurde sein Glaube belohnt! Denn als der Engel kommt, verkündet er dies im Auftrag des Herrlichen, der Daniel zuerst erschienen war. Der Fürst des Königreichs Persien hatte ihm einundzwanzig Tage widerstanden; aber Michael war ihm zu Hilfe gekommen.