Behandelter Abschnitt Jer 29
In Kapitel 29 sandte der Prophet einen Brief an den Rest der Ältesten, die zur Zeit Jekonjas, des Königs von Juda (609–598), nach Babylon verschleppt worden waren (2Kön 24,12-16). Und das Wort des Herrn der Heerscharen befahl ihnen, sich Nebukadnezar bedingungslos zu unterwerfen. Sie sollten sich nicht nur nicht auflehnen, sondern sie sollten gehorchen. Sie waren nicht länger Juden unter der direkten Regierung Gottes in ihrem eigenen Land, sondern sollten die Autorität des heidnischen Königs anerkennen, den Gott nun wegen ihrer Sünden über sie gesetzt hatte.
Die Gefangenen befanden sich in einer neuen politischen Beziehung. Sie brauchten eine besondere Führung Gottes, denn zweifellos hätte der jüdische Geist die Vorstellung, dass ein Heide über sie herrschte, stark abgelehnt. Sie hätten in Babylon ständig Pläne geschmiedet, wie sie dieser elenden Gefangenschaft ein Ende setzen könnten, wenn Gott nicht seine Gedanken geäußert hätte. Aber der Teil des Glaubens, wenn Gott eine Züchtigung schickt, besteht darin, sich ihr zu beugen, nicht dagegen anzukämpfen. Wenn der Herr etwas wegen eines Fehlers unsererseits tut, besteht der Glaube an Ihn nicht darin, die Sache oder die Züchtigung zu verharmlosen, sondern die Züchtigung mit Ergebenheit anzunehmen und das Unrecht zu bekennen.
Diese Unterwerfung in ihrem Exil war es, was Jeremia den Juden in Babylon einprägte. „So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels, zu allen Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel weggeführt habe: Baut Häuser und bewohnt sie, und pflanzt Gärten und esst ihre Frucht“ (V. 4.5). Es sollte nichts Krankes in ihren Gewohnheiten sein. Sie sollten alle Umstände von Gott annehmen. Sie sollten fröhlich auf den Herrn vertrauen, aber sie sollten es als Gefangene Nebukadnezars tun. Nein, sie sollten sogar das Gute und den Frieden von Babylon suchen. „Nehmt Frauen und zeugt Söhne und Töchter, und nehmt Frauen für eure Söhne, und eure Töchter gebet Männern, damit sie Söhne und Töchter gebären; und mehrt euch dort, und mindert euch nicht. Und sucht den Frieden der Stadt, wohin ich euch weggeführt habe, und betet für sie zu dem Herrn; denn in ihrem Frieden werdet ihr Frieden haben“ (V. 6.7).
Nun sind solche, die sich nicht wirklich vor Gott beugen, immer krankhaft, murren in ihrer Not und vermeiden die gewöhnlichen Pflichten des Lebens. Die Frommen verschließen nicht die Augen vor dem, was schmerzlich ist, noch sind sie unempfindlich in ihrem Unglück. Es wäre keine Frömmigkeit, die Wahrheit der Dinge zu ignorieren, sondern sie empfinden die Bedrängnis und suchen Gnade bei Gott, um die Not mit aller Geduld aus seiner Hand zu nehmen.
Hananja hatte von zwei Jahren Gesprochen, nach denen sie nach Jerusalem zurückkehren würden. Doch der Herr ließ ihnen sagen: „Denn so spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels: Lasst euch von euren Propheten, die in eurer Mitte sind, und von euren Wahrsagern nicht täuschen; und hört nicht auf eure Träume, die ihr euch träumen lasst. Denn sie weissagen euch falsch in meinem Namen; ich habe sie nicht gesandt, spricht der Herr. Denn so spricht der Herr: Sobald siebzig Jahre für Babel voll sind, werde ich mich euer annehmen und mein gutes Wort an euch erfüllen, euch an diesen Ort zurückzubringen. Denn ich weiß ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück, um euch Ausgang und Hoffnung zu gewähren. Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und zu mir beten, und ich werde auf euch hören. Und ihr werdet mich suchen und finden, denn ihr werdet nach mir fragen mit eurem ganzen Herzen; und ich werde mich von euch finden lassen, spricht der Herr. Und ich werde eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Nationen und aus allen Orten, wohin ich euch vertrieben habe, spricht der Herr; und ich werde euch an den Ort zurückbringen, von wo ich euch weggeführt habe“ (V. 8–14).
Diese vorhergesagte Rückkehr aus der Gefangenschaft wurde zweifellos in gewissem Maß erfüllt, als die Rückkehr unter Kyros, dem König von Persien, stattfand (Esra 1), obwohl die Bedingungen der Prophezeiung darüber hinausgehen, aber dennoch gab es eine Erfüllung zu dieser Zeit. Dann spricht der Herr über die Juden, die unter Zedekia noch in Jerusalem geblieben waren: „ja, so spricht der Herr von dem König, der auf dem Thron Davids sitzt, und von dem ganzen Volk, das in dieser Stadt wohnt, euren Brüdern, die nicht mit euch in die Gefangenschaft weggezogen sind –, so spricht der Herr der Heerscharen: Siehe, ich sende unter sie das Schwert, den Hunger und die Pest“ (V. 16.17). Dies ist keine Verheißung der Rückkehr aus Babylon unter einem Sohn Davids. Der Sohn Davids sollte noch mehr Schmerz erleiden. Es war bereits ein Sohn Davids in die Gefangenschaft geführt worden. Ein anderer Sohn Davids regierte noch in Jerusalem, und das Schwert, der Hunger und die Pest sollten über ihn hereinbrechen.