Behandelter Abschnitt Jer 4
Kapitel 4 setzt die moralischen Bitten an das Volk fort. „Wenn du umkehrst, Israel, spricht der Herr, zu mir umkehrst“ (V. 1). Und dann kommt die Aufforderung, dass Gott sich nicht mit äußerlichen Formen zufriedengeben kann. „Beschneidet euch für den Herrn und tut die Vorhäute von euren Herzen weg, ihr Männer von Juda und ihr Bewohner von Jerusalem, damit mein Grimm nicht wie ein Feuer ausbreche und unauslöschlich brenne wegen der Bosheit eurer Handlungen“ (V. 4). Man beachte die Besonderheit. Es ist besonders der Jude, der im Hinblick auf seine moralische Untauglichkeit für den Segen Gottes ins Visier des Propheten gerät.
So sagt er später in diesem Kapitel: „Ein Löwe steigt herauf aus seinem Dickicht, und ein Verderber der Nationen bricht auf“; – (bezieht sich auf Nebukadnezar) – „er zieht von seinem Ort aus, um dein Land zur Wüste zu machen, dass deine Städte zerstört werden, ohne Bewohner“ (V. 7). „Und es wird geschehen an jenem Tag, spricht der Herr, da wird das Herz des Königs und das Herz der Fürsten vergehen; und die Priester werden sich entsetzen und die Propheten erstarrt sein“ (V. 9). Es wird nirgendwo eine Macht zu finden sein, weil sie Gott verlassen haben. „Da sprach ich: Ach, Herr, Herr! Gewiss, getäuscht hast du dieses Volk und Jerusalem, als du sprachst: „Ihr werdet Frieden haben“; und das Schwert dringt bis an die Seele“ (V. 10). In Vers 14 appelliert er an Jerusalem, Buße zu tun: „Wasche dein Herz rein von Bosheit, Jerusalem, damit du gerettet werdest! Wie lange sollen deine heillosen Pläne in deinem Innern weilen?“ Später dann (V. 19.20) zeigt er seinen tiefen Kummer über die Unruhen und Zerstörungen, die sich gegen Jerusalem häuften: „Meine Eingeweide, meine Eingeweide! Mir ist angst! Die Wände meines Herzens! Es tobt in mir mein Herz! Ich kann nicht schweigen! Denn du, meine Seele, hörst den Schall der Posaune, Kriegsgeschrei: Zerstörung über Zerstörung wird ausgerufen.“
So gewaltig sind die kommenden Katastrophen, dass wir in seiner Vision an den chaotischen Zustand der Welt erinnert werden, der ganz am Anfang des ersten Buches Mose beschrieben wird. „Ich schaue die Erde an, und siehe, sie ist wüst und leer; und zum Himmel, und sein Licht ist nicht da. Ich schaue die Berge an, und siehe, sie beben; und alle Hügel schwanken. Ich schaue, und siehe, kein Mensch ist da; und alle Vögel des Himmels sind geflohen. Ich schaue, und siehe, der Karmel ist eine Wüste; und alle seine Städte sind niedergerissen vor dem Herrn, vor der Glut seines Zornes“ (V. 24‒26). All dies war eine Vision des Unheils, das über den Juden schwebte, und in der Tat über den Nationen im Allgemeinen. Diese Prophezeiung geht weit über das hinaus, was Nebukadnezar anrichtete und schließt auch zukünftige Vergeltungsgerichte ein.