Behandelter Abschnitt Jes 63,15-19
Es ist also offensichtlich, dass Gott in Israel moralisch wirken wird. Weder äußere Befreiungen für sie selbst noch die Vollstreckung von Rache an seinen und ihren Feinden werden für seine großen Absichten ausreichen, ebenso wenig wie für seine eigene Herrlichkeit oder ihr wirkliches Wohl. Daher wird der Geist sie im Bekenntnis und im Flehen vor Ihm üben. Wie die bereits betrachteten Verse ihre Undankbarkeit und ihren Eigenwillen angesichts seiner unverdienten Güte darlegen, so nehmen die nächsten die Form des Gebets an.
Blicke vom Himmel herab und sieh, von der Wohnstätte deiner Heiligkeit und deiner Majestät! Wo sind dein Eifer und deine Machttaten? Die Regung deines Innern und deine Erbarmungen halten sich gegen mich zurück. Denn du bist unser Vater; denn Abraham weiß nicht von uns, und Israel kennt uns nicht; du, Herr, bist unser Vater; unser Erlöser von alters her ist dein Name. Warum, o Herr, lässt du uns von deinen Wegen abirren, verhärtest unser Herz, dass wir dich nicht fürchten? Kehre zurück um deiner Knechte willen, der Stämme deines Erbteils! Für eine kurze Zeit hat dein heiliges Volk es besessen: Unsere Widersacher haben dein Heiligtum zertreten. Wir sind zu solchen geworden, über die du von alters her nicht geherrscht hast, die nicht nach deinem Namen genannt waren. O dass du die Himmel zerrissest, herniederführest, dass vor deinem Angesicht die Berge erbebten (63,15–19).
Sie sind zerbrochenen Herzens und wenden sich im Glauben oder im Vertrauen des Geistes an den Herrn. Hatte Er früher gesagt: „Sie sind ja mein Volk, Kinder, die nicht treulos sein werden“ (V. 6), so sagen sie jetzt: „Denn du bist unser Vater; denn Abraham weiß nicht von uns, und Israel kennt uns nicht“ (V. 16). Und doch geben sie zu, dass es eine gerichtliche Verstockung über sie gegeben hat, wie zuvor über den Pharao und sein Volk.
Wie tief und hartnäckig waren die Sünden, die den Herrn gegen sein eigenes Volk wenden konnte, wie gegen ihre alten Feinde! Und dies auch noch so lange! Denn Israel hatte sein Erbe nur eine kleine Weile genossen. Lange, lange hatten ihre Widersacher das Heiligtum des Herrn zertreten, und Israel war wie diejenigen, die seinen Namen nicht angerufen hatten und seine Herrschaft nicht kannten.