Behandelter Abschnitt Jes 53,1-6
Hier haben wir das Bekenntnis und die staunende Klage über den Unglauben der Menschen, ja über ihren eigenen Unglauben; denn Israel, das nun im Gefühl der Sünde zusammengebrochen ist, bekennt, dass es nicht nur die Außenstehenden waren, die der Botschaft des Messias wenig Beachtung schenkten, sondern dass auch sie selbst hart und widerspenstig gegen Ihn gewesen waren.
Wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden? – Und er ist wie ein Reis vor ihm aufgeschossen und wie ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; und als wir ihn sahen, da hatte er kein Aussehen, dass wir ihn begehrt hätten. Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, und wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt; er war verachtet, und wir haben ihn für nichts geachtet.
Doch er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir, wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Ungerechtigkeiten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden. Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns jeder auf seinen Weg; und der Herr hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit (53,1–6).
Der Schluss des letzten Kapitels (52,13–15) gab uns die Betrachtung des Gesalbten des Herrn, der einst zu Schanden gemacht wurde und nun auf dem Höhepunkt der Herrlichkeit vor aller Augen steht. Seine Gottheit leitete seine Erniedrigung in Kapitel 50 ein, hier führt seine Erniedrigung zu seiner Herrlichkeit: Sühnung war das göttliche Ziel in dieser Erniedrigung. In Kapitel 53 wird seinem Volk dann, indem sie Ihn vor Augen haben, seine vergangene und höchst schuldhafte Blindheit bewusst, wenn sie an seine wunderbare Erniedrigung denken, an ihre Verkennung seines Lebens und Sterbens und an ihre gegenwärtige Wahrnehmung ihrer Ursache durch ihre Sünden und ihr Elend, in das Er gekommen war, um sie zu erretten. Als sie seinen früheren Weg der Schande und der Leiden von Anfang bis Ende gesehen hatten, verstanden sie weder die Gnade, die Ihn so tief hinabführte, noch die Herrlichkeiten, die folgen sollten. Sie empfinden und anerkennen zu Recht (53,1–3) die Macht des Unglaubens in dem auserwählten Volk: eine weit demütigendere Tatsache bei ihnen als bei den Nationen, die in Finsternis und Todesschatten sitzen. Israel hatte ein reichliches Zeugnis; doch welch ein Skeptizismus! Gerade die Erniedrigung des Messias, hätte dazu führen sollen, Ihn liebzugewinnen, doch sie rief nur Abneigung hervor. Sie missverstanden Ihn völlig, als ob Er wie ein anderer Gehasi oder Ussija unter Bann stünde. Aber jetzt (53,4–6), da sie von Gott gelehrt wurden, bekennen sie vor Ihm und den Menschen, dass unter all dieser Erniedrigung und, wie sie fälschlicherweise dachten, persönlicher Unwürdigkeit oder Anfälligkeit für Gottes Gericht ein tieferes Werk getan wurde: zuerst das völlige Einsmachen mit ihrer Last auf seinem eigenen Herzen, während Er das Land, das Land Immanuels, durchzog und all die Not auf sich nahm, wenn Er heilte (53,4); und schließlich die Sühnung vor Ihm vollbrachte (53,5). Sie hatten Ihn im Gegenteil als ein Objekt des Unmuts Gottes betrachtet und ihrer Meinung nach zu Recht verstoßen und mit Füßen getreten. Aber es war ein völliges Missverständnis all seiner wunderbaren Gnade, ein fahrlässiges Übersehen ihrer eigenen tiefen Nöte, sowohl in dem Leben, das jetzt ist, und noch mehr in dem, das kommen wird. Daher wendet Matthäus 8,17 den ersten Teil von Vers 4 zu Recht auf den Herrn an, als Er die Leiden der Juden linderte und ihre Krankheiten in seinem Dienst heilte, wobei Er niemals nur bloße Kraft gebrauchte, sondern alles im Geist vor Gott trug, während Er sie heilte; so wie 1. Petrus 2,24.25 Vers 5 auf sein Werk für unsere Sünden am Kreuz bezieht. Dieses Erkennen der Wahrheit öffnet den Mund in demütigem Bekenntnis der Sünde; denn das Herz wird dann seine vergangenen bösen Wege empfinden, und jeder richtet sich selbst vor Gott.