Behandelter Abschnitt Jes 38,9-20
Die Israeliten schauten nicht hinter den Vorhang; sie sahen nicht den Vorläufer für sie eintreten. Kein solch kostbarer Anblick wurde ihrem Glauben offenbart, obwohl sie durch Gottes Belehrung einen kommenden Messias erwarteten, der sie erlösen und segnen würde. Aber sie konnten weder den besiegten Tod erkennen, noch das Lied der Auferstehung anstimmen, noch durch den geöffneten Himmel auf einen ihnen bekannten Retter blicken. Hiskia geht durch das Zeichen des Todes. Er wurde jedoch dazu verurteilt und scheute davor zurück; mit ernstem Flehen hört er, dass das Urteil begnadigt wird. Dies ist das Zeichen des geistlichen Werkes, das Gott in Israel bewirken wird – nicht nur die Befreiung von äußeren Feinden, sondern die Befreiung von der Macht des Todes, die in ihnen wirkt. Aber das Tausendjährige Reich wird weder Israel noch irgendjemand anderem auf der Erde den Glauben oder die Erfahrung des Christen vermitteln, genau genommen werden sie auch nicht auferweckt oder verwandelt werden, um diese Herrschaft zu erleben, sondern danach in Ewigkeit. Das Tal der verdorrten Gebeine ist lediglich das Symbol ihrer Auferstehung aus dem Tod, wenn sie als Nation wieder zum Leben erweckt werden, obwohl es zweifellos ein wirkliches geistliches Werk in ihnen geben wird. Aber dennoch wird ihr Teil ein ganz anderes sein als unser Teil, entweder jetzt oder bei unserer Entrückung, um dem Herrn zu begegnen.
Aufzeichnung Hiskias, des Königs von Juda, als er krank gewesen und von seiner Krankheit genesen war.
Ich sprach: In der Ruhe meiner Tage soll ich hingehen zu den Pforten des Scheols, bin beraubt des Restes meiner Jahre. Ich sprach: Ich werde Jah nicht sehen, Jah im Land der Lebendigen; ich werde keinen Menschen mehr erblicken bei den Bewohnern des Totenreichs. Meine Wohnung ist abgebrochen und wurde von mir weggeführt wie ein Hirtenzelt. Wie ein Weber habe ich mein Leben aufgerollt: Vom Trumm schnitt er mich los. Vom Tag bis zur Nacht wirst du ein Ende mit mir machen!
Ich beschwichtigte meine Seele bis zum Morgen – wie ein Löwe zerbrach er alle meine Gebeine. Vom Tag bis zur Nacht wirst du ein Ende mit mir machen!
Wie eine Schwalbe, wie ein Kranich, so klagte ich; ich girrte wie die Taube. Schmachtend blickten meine Augen zur Höhe: O Herr, mir ist bange! Tritt als Bürge für mich ein!
Was soll ich sagen? Dass er es mir zugesagt und es auch ausgeführt hat. Ich will sachte wallen alle meine Jahre wegen der Betrübnis meiner Seele.
O Herr, durch dieses lebt man, und in jeder Hinsicht ist darin das Leben meines Geistes! Und du machst mich gesund und erhältst mich am Leben. Siehe, zum Heil wurde mir bitteres Leid: Du zogst liebevoll meine Seele aus der Vernichtung Grube; denn alle meine Sünden hast du hinter deinen Rücken geworfen.
Denn nicht der Scheol preist dich, der Tod lobsingt dir nicht; die in die Grube hinabgefahren sind, harren nicht auf deine Treue. Der Lebende, der Lebende, der preist dich, wie ich heute: Der Vater gibt den Kindern Kunde von deiner Treue. Der Herr war bereit, mich zu retten; und wir wollen mein Saitenspiel schlagen alle Tage unseres Lebens im Haus des Herrn (38,9–20).
Der Tod war für ihn die schmerzlichste Aussicht. Was kann sich davon deutlicher unterscheiden als etwa die triumphale Sprache von 2. Korinther 5,1-8? Dort sagt der Apostel: „Denn in diesem freilich seufzen wir und sehnen uns, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden ... wir sind aber guten Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leib [was der gute Hiskia nicht war] und einheimisch bei dem Herrn sein.“ Hier leben wir ausheimisch vom Herrn. Zweifellos findet man den König, der sein Gesicht zur Wand wendet; aber wer könnte sich so etwas vom sterbenden Stephanus vorstellen? Wenn ein Christ im Geist war und Christus sah, konnte es nicht so sein. Es steht niemandem von uns zu, zu sagen, welche Züchtigung auf das Selbstvertrauen, auf die Nachlässigkeit im Wandel oder auf irgendetwas anderes, was wir nicht beurteilen können: Gott könnte den Hochmut des Herzens schlagen, der auf eine derart geprüfte Person herabsah. In alttestamentlichen Zeiten konnte es nicht die Ruhe und den Frieden und die Freude des Herzens geben, die durch die Offenbarung des Werkes Christi und einer verherrlichten Person vorhandenen waren.
In Hiskias Fall machte Gott ihn, da er auf diese Weise die Empfindungen eines gottesfürchtigen Juden offenbarte, zum Zeichen der Erweckung der Juden, die nach und nach als Nation durch einen geistlichen Prozess gehen werden, der mit dem Tod und der Auferstehung verglichen wird. In Zukunft wird man jedoch aus anderen Schriften entnehmen, dass ihre äußere und innere Befreiung in der umgekehrten Reihenfolge erfolgen wird, wie sie in der hier beschriebenen Geschichte erscheint. Die Erweckung zumindest des Überrests wird ihrem äußeren Triumph vorausgehen. Bevor das gegenvorbildliche Babylon geschlagen wurde, wird der Jude durch eine nicht geringe geistliche Sichtung mit Gott gehen, und dann wird die mächtige äußere Befreiung folgen, wenn der letzte Feind, der Assyrer zerstört ist und verschwindet. So deutlich ist die Zukunft von dem abgegrenzt, was bereits vollbracht wurde. Gott wird zuerst in ihnen wirken und dann seine Macht in ihrem Namen zeigen. Er gibt uns jetzt in Christus das, worin wir bei seiner Erscheinung erscheinen werden. So kennen wir den Tod und die Auferstehung, weil wir alles in Christus gelehrt werden. Deshalb fragt der Apostel, nachdem wir mit Christus gestorben sind, „was unterwerft ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt?“ (Kol 2,20). Sie werden wie Menschen sein, die in der Welt leben; und so werden sie ihren prächtigen Tempel und ihr ehrwürdiges Priestertum und ihre beeindruckenden Verordnungen haben: „Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht“ (V. 21). Der siebte Tag oder Sabbat wird wieder eingeführt werden. Im Friedensreich wird es nicht der Tag des Herrn sein, sondern der Sabbattag. Gott wird seine Sabbate erneuern, statt den ersten Tag der Woche fortzusetzen, das Gedächtnis der Christen an die Erlösung. Der Sabbat-Tag tritt noch einmal unzweifelhaft in Kraft, wie wir in der Prophezeiung von Hesekiel lesen.
So wird Gott sein Volk Israel für seine zukünftige Herrlichkeit vorbereitet haben, nicht durch das, was wir jetzt im Evangelium kennen, sondern durch das, was wir durch Hiskias Krankheit dargestellt gesehen haben. Er betet, dass er nicht zu den Toren der Hölle gebracht werden möge. „Ich sprach: Ich werde Jah nicht sehen, Jah im Land der Lebendigen“ (V. 11). Den Herrn im himmlischen Land unter den Verherrlichten zu sehen, ist viel besser, als Ihn im Land Israel zu sehen. Unsere Freude ist, dass wir mit Ihm im himmlischen Segen sein werden, so wie wir uns schon jetzt in Ihm in den himmlischen Örtern befinden. Solche Gedanken kamen dem König nie in den Sinn. Er wünschte sich als Jude, dass sein Leben verlängert werden möge, um Jah im Land der Lebendigen zu sehen. So wird Israel Ihn im Land der Lebendigen sehen und selbst unter den Schatten seiner Flügel gebracht werden, trotz all ihrer mächtigen Feinde. Die reinen Herzens sind, werden Gott sehen. Wir werden bei dem Heiland sein und Ihn sehen, wie Er ist (nicht wie Er war, sondern wie Er ist), und mit Ihm droben im Haus des Vaters sein, in der Gegenwart Gottes.
Aber hier trauert der König im Gegenteil über seine schwindenden Kräfte: „Meine Wohnung ist abgebrochen … Vom Trumm schnitt er mich los … wie ein Löwe zerbrach er alle meine Gebeine“ (V. 12.13). Er sträubt sich gegen Gottes Willen, weil er keinen gestorbenen und auferstandenen Christus kennt, an dem er alles ausrichten kann. Er sieht den Tod an sich, oder wie er hier auf ihn wirkt. Wie sehr brauchten selbst Gläubige einen offenbarten Heiland und eine bekannte Erlösung! „Wie eine Schwalbe, wie ein Kranich, so klagte ich ... Was soll ich sagen? Dass er es mir zugesagt und es auch ausgeführt hat“ (V. 14.15). Jetzt dämmert es ihm etwas mehr. Er hat den Herrn gebeten, sich für ihn einzusetzen: Er hat beides zu ihm geredet. Er beginnt, die gesegnete Wahrheit besser zu begreifen, dass nicht das, was wir zum Herrn sagen, das Wichtige ist, sondern das, was der Herr zu uns sagt, und, mehr noch, was der Herr für uns tut. „Ich will sachte wallen alle meine Jahre“ (V. 15). Diese ganze Prüfung war genau die nötige Erziehung, die gut für ihn war. „Und du machst mich gesund“ (V. 16). Er sieht seine sichere Erlösung voraus, wie Israel an jenem Tag erfahren und sicher aus ihrer Not herausgeführt werden wird.
Wie gesegnet das alles auch sein mag, da es uns das Wirken Gottes im Herzen eines echten Gläubigen der frühen Zeit zeigt und das Vorbild der zukünftigen Wege Gottes, die in den Herzen des jüdischen Überrests zur Entfaltung kommen werden, muss ich wiederholen, dass Gott dies nicht als den vollen Standard gibt, den wir jetzt anwenden sollten? Es ist eine ernste Sache, diese Unterschlagung der Schrift, indem man versucht, alle ihre Zeugnisse, alte und neue, in einen Topf zu werfen, als ob alle von ein und demselben Gegenstand handeln müssten. So wird das, was für den Juden von der Erde ist, mit dem, was für den Christen vom Himmel ist, durcheinandergeworfen: Das Ergebnis ist Verwirrung und Unsicherheit. Natürlich lässt der Geist Gottes niemals zu, dass die wahren Kinder Gottes alle Folgen ihrer Torheit erleiden. Es gibt eine barmherzige Bewahrung davor, solche Fehler weiterhin zu machen. Aber dennoch ist der Verlust in der Tat groß. Wie sehr sollten wir uns wünschen, dass wir befähigt werden, als Christen zu empfinden, zu dienen, zu wandeln und anzubeten, indem wir den ganzen Willen des Herrn, der uns betrifft, erkennen und nicht töricht sind, sondern weise! Alles hängt von einer besseren Erkenntnis Christi ab, denn dies ist der einzig sichere und heilige Weg für alle Bedürfnisse.