Behandelter Abschnitt Hld 11,9-16
Sie sehen in ihr eine Ausländerin zu einer Zeit, wo sie zu Hause sein sollte. Die Liebe, die sie hat, und der Kummer über ihre Torheit setzen sie also in den Augen derer, deren Amt es ist, über die äußere Ordnung zu wachen, einem Tadel aus, an den sie in einem solchen Augenblick nie gedacht hat. Aber als ihr das bewusst wurde, konnte sie leugnen, dass alles ihre eigene Schuld war? Sie wendet sich in ihrer Not an andere, von denen sie Mitgefühl erwartet, das sie bei der Wache oder den Wächtern der Mauern nicht erwartete; und, nicht ohne Furcht vor diesem rauen Umgang, schüttet sie ihr Herz vor ihren fragenden Gefährtinnen aus.
Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten, du Schönste unter den Frauen? Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten, dass du uns so beschwörst?
Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden. Sein Haupt ist gediegenes, feines Gold, seine Locken sind herabwallend, schwarz wie der Rabe; seine Augen wie Tauben an Wasserbächen, badend in Milch, eingefasste Steine; seine Wangen wie Beete von Würzkraut, Anhöhen von duftenden Pflanzen; seine Lippen Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe; seine Hände goldene Rollen, mit Topasen besetzt; sein Leib ein Kunstwerk aus Elfenbein, bedeckt mit Saphiren; seine Schenkel Säulen aus weißem Marmor, gegründet auf Untersätze aus feinem Gold; seine Gestalt wie der Libanon, auserlesen wie die Zedern; sein Gaumen ist lauter Süßigkeit, und alles an ihm ist lieblich. Das ist mein Geliebter, und das mein Freund, ihr Töchter Jerusalems! (V. 9‒16)
Die Braut kann offen über die Schönheit des Bräutigams zu anderen sprechen: Es ist immer ihr Glück und ihr geeigneter Platz. Und das ist nicht nur an sich passend, sondern wir können sehen, wie ihre eigene Nachlässigkeit mit ihrer bitteren Konsequenz sie mehr als je zuvor zu seinem Lob führen und sprechen ließ.