Behandelter Abschnitt Spr 22,15-21
Diese kurzen moralischen Grundsätze hier (V. 15–21) schließen mit dem folgenden Paar – dem gedankenlosen Kind und dem berechnenden Erwachsenen –, was wir uns gut zu Herzen nehmen sollten.
Narrheit ist gekettet an das Herz des Knaben; die Rute der Zucht wird sie davon entfernen.
Wer den Geringen bedrückt, bereichert ihn; wer dem Reichen gibt, es ist nur zum Mangel.
Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen, und richte dein Herz auf mein Wissen! Denn lieblich ist es, wenn du sie in deinem Innern bewahrst; mögen sie allesamt auf deinen Lippen Bestand haben! Damit dein Vertrauen auf den Herrn sei, habe ich heute dich, ja dich belehrt. Habe ich dir nicht Vortreffliches aufgeschrieben an Ratschlägen und Erkenntnis, um dir die Richtschnur der Worte der Wahrheit mitzuteilen, damit du denen, die dich senden, Worte zurückbringst, die Wahrheit sind? (22,15–21). „Narrheit ist gekettet an das Herz des Knaben; die Rute der Zucht wird sie davon entfernen“ (V. 15). Es ist eine sichere und feierliche Sache, dass die Torheit kein Unglück von außen ist, sondern im Herzen fest verankert ist, und dies nicht nur in den Konflikten des geschäftigen Lebens, sondern von unseren frühen Tagen an, die von Natur aus von Gott entfernt sind, wie alle jetzt. „Narrheit ist gekettet an das Herz des Knaben“; Befreiung gibt es keine vom zartesten Alter an. Auch die größte Liebe oder Fürsorge kann die Narrheit nicht ausreichend zügeln. Es gibt die Rute der Zurechtweisung, um sie nach der Vorschrift des Herrn und mit seinem Segen davon zu entfernen. Es ist die Torheit eines Vaters oder einer Mutter, ihren Weg für besser zu halten als den Weg Gottes. „Wer den Geringen bedrückt, bereichert ihn; wer dem Reichen gibt, es ist nur zum Mangel“ (V. 16). Bei den Erwachsenen ist häufig eine andere Schlinge anzutreffen: die Armen in irgendeiner Form zur eigenen Bereicherung zu unterdrücken – ganz besonders, sich bei den Reichen durch Geschenke beliebt zu machen, die sie nicht brauchen. Auch für diese Torheit hat Gott ein Auge; und solchen „ist es nur zum Mangel“, wie es solche Selbstsucht verdient. „Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen, und richte dein Herz auf mein Wissen!“ (V. 17). Auf die Worte der Weisen zu hören, ist selbst eine weise Sache – das Herz und das Ohr auf solche zu richten, die es besser wissen als wir. Wie traurig die Selbstgenügsamkeit, die daran zweifelt! „Denn lieblich ist es, wenn du sie in deinem Innern bewahrst; mögen sie allesamt auf deinen Lippen Bestand haben!“ (V. 18). Diese Worte, wenn sie im Innern bewahrt werden, geben Befriedigung und Vergnügen; wohingegen alles andere blass und geschmacklos wird, wenn es nicht sogar eine Schande ist. Und das ist noch nicht alles. Sie tragen durch die Hilfe, die sie leisten, und das Vertrauen, das sie erwecken, zu unserem eigenen Wachstum und zur Hilfe für andere bei. So werden sie „allesamt auf deinen Lippen Bestand haben!“ „Damit dein Vertrauen auf den Herrn sei, habe ich heute dich, ja dich belehrt“ (V. 19). Das ist eine noch bessere Wirkung, auf den Herrn zu vertrauen. Darum werden solche Worte bekanntgemacht, denn wer sonst genügt ihnen? Und was gibt es Gutes, das wir nicht empfangen haben? Sicherlich tun wir gut daran, die Schuld eines jeden von uns genau zu kennzeichnen. „Habe ich dir nicht Vortreffliches aufgeschrieben an Ratschlägen und Erkenntnis“ (V. 20). Ferner sollten wir nicht übersehen, dass der Wert dieser vortrefflichen Dinge an Ratschlägen und Erkenntnis dadurch erhöht wird, dass sie uns aufgeschrieben sind. Wie gut die mündliche Unterweisung auch sein mag, so besteht doch eine nicht geringe Gefahr, dass der Hörer sich irrt, und noch mehr, dass ihm sogar das, was er versteht, entgleitet. Aber wir können immer wieder lesen, was geschrieben steht, und es uns vollständiger aneignen. Daraus ergibt sich der entscheidende Gewinn der Schrift als das bleibende Wort Gottes für uns, wie es nicht anders sein kann. „um dir die Richtschnur der Worte der Wahrheit mitzuteilen“ (V. 21a). Ein ähnlicher Vorteil, der hier als nächstes erwähnt wird, ist, dass die Schrift „dich die Gewissheit der Worte der Wahrheit erkennen lässt.“ Reine Wissenschaft hat nichts Moralisches an sich, noch weniger eine Zuneigung, und am allerwenigsten macht sie Gott einem Menschen bekannt, und zwar in seiner wahren Beziehung zu Ihm. Genau das vermittelt sein Wort in aller Gewissheit, denn sein Wort ist Wahrheit dieser geistigen Art. Der Unglaube macht die Wahrheit Gottes zum Ungewissesten von allen Dingen, wie das Heidentum mit seinen vielen Göttern und vielen Herren, aber dem einen wahren und lebendigen Gott, der unbekannt ist.
Wie gut ist auch die Frucht, die daraus für andere entsteht: „damit du denen, die dich senden, Worte zurückbringst, die Wahrheit sind“ (V. 21b), und zwar als treuer Vertreter, oder die „zu dir senden“, um Rat in Schwierigkeiten zu bekommen. Gibt Gott nicht Gesänge in der Nacht, der uns mehr lehrt als die Tiere der Erde und uns weiser macht als die Vögel des Himmels?