Behandelter Abschnitt Spr 11,24-31 „Das Begehren der Gerechten ist nur Gutes; die Hoffnung der Gottlosen ist der Grimm“ (V. 23). Wieder ist das Verlangen der Gerechten nur gut. Da sie durch Gottes Wort aus unbestechlichem Samen gezeugt wurden, kommen ihre Zuneigungen aus diesem neuen Leben hervor. Sie haben auch eine noch andere Natur, die zum Bösen neigt; aber das richten sie vor Gott, der über seine Zucht zum Guten und die Verdrängung des Bösen wacht. Die Erwartung der Bösen entspricht ihrem nicht beseitigten Bösen und ihrem tödlichen Widerstand gegen Gott, der sie nur zum Zorn reizt und in der äußeren Finsternis mit ihrem Weinen und Zähneknirschen enden muss. Wen wundert es, dass wir in Kapitel 10,28 lesen: „Das Harren der Gerechten wird Freude, aber die Hoffnung der Gottlosen wird zunichte.“
In den folgenden Versen scheint dem Egoismus der Todesstoß versetzt zu werden. Sie beginnen mit einer Maxime, die ausdrücklich dazu gedacht ist, die Menschen aufzuschrecken und zum Nachdenken anzuregen. Aber je mehr man die Worte abwägt, desto klarer und wichtiger erscheint ihre Gewissheit.
Da ist einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr; und einer, der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel.
Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt.
Wer Korn zurückhält, den verflucht das Volk; aber Segen wird dem Haupt dessen zuteil, der Getreide verkauft.
Wer das Gute eifrig sucht, sucht Wohlgefallen; wer aber nach Bösem trachtet, über ihn wird es kommen.
Wer auf seinen Reichtum vertraut, der wird fallen; aber die Gerechten werden sprossen wie Laub.
Wer sein Haus zerrüttet, wird Wind erben; und der Narr wird ein Knecht dessen, der weisen Herzens ist.
Die Frucht des Gerechten ist ein Baum des Lebens, und der Weise gewinnt Seelen.
Siehe, dem Gerechten wird auf der Erde vergolten, wie viel mehr dem Gottlosen und Sünder! (11,24–31).
Sogar Ackerbau, Handel und Gewerbe veranschaulichen den Glauben an das Unsichtbare, wenn auch getrennt von jener souveränen Gnade, die die Quelle des Segens im geistlichen Bereich ist. Aber Vermehrung als Ergebnis kann nicht ohne Gericht auf dem Weg sein. Auf der anderen Seite können Geiz und Furcht den Mangel nicht abwehren, noch verdienen sie ihn. Derjenige, der allein allen Vertrauens würdig ist und selbst in einer Begebenheit der Verwirrung die Zügel in der Hand hält, ist berechtigt, das Herz zu formen und zu leiten, und Er liebt einen fröhlichen Geber. „Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt“ (V. 25). Haben wir das nicht hier und da erfahren, wenn wir es auch nicht so bewiesen haben, wie wir es sollten? Seht seine Vollkommenheit in Ihm, der am Brunnen von Sichar den Kern des tödlichen Übels berührte, damit der Geist als die Quelle seines lebendigen Wassers wirkte, das zum ewigen Leben quillt, und der selbst seine Nahrung darin findet, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hat.
Dann hören wir, wie das Volk auf der anderen Seite den verflucht, der in der Zeit der Not und des Leidens Korn zurückhält, um sich zu bereichern, so sicher wie der Segen nicht auf seinem Haupt ausbleibt, der gerecht darüber verfügt: „Wer Korn zurückhält, den verflucht das Volk; aber Segen wird dem Haupt dessen zuteil, der Getreide verkauft“ (V. 26). Sieh es in der schönen Geschichte von Joseph während der Jahre der Hungersnot in Ägypten. Ach, wie oft überwiegt heute die traurige Geschichte, wo die frohe zu hören sein sollte. „Wer das Gute eifrig sucht, sucht Wohlgefallen; wer aber nach Bösem trachtet, über ihn wird es kommen“ (V. 27). Jetzt wird uns eine größere und höhere Anwendung gezeigt. Wer es ernst meint oder früh aufsteht und nach dem Guten trachtet, der sucht Gunst, und in der Regel gelingt es ihm auch nicht, sie zu erlangen. Wie angenehm ist es in den Augen dessen, der allein absolut und wesentlich gut ist! Aber was kann man in der göttlichen Regierung erwarten, wenn das Unheil über den kommt, der fleißig ist, es zu ersinnen? Welch ein ernstes und plötzliches Zeugnis davon finden wir in Haman, dem Feind der Juden, während ihrer Knechtschaft unter den Heiden, wie nicht weniger Gunst in Mordokai! „Wer auf seinen Reichtum vertraut, der wird fallen; aber die Gerechten werden sprossen wie Laub“ (V. 28). Schwierig ist in der Tat das Vertrauen auf Reichtümer, wie uns als nächstes gesagt wird; denn sie machen die Reichtümer bekommen gewiss Flügel und fliehen wie ein Adler zum Himmel hinauf. Kein Wunder also, dass derjenige, der auf sie vertraut, fallen wird. Dagegen hat die Gerechtigkeit Bestand, was auch immer von außen kommen mag; so kann der Weise sagen, dass der Gerechte gedeihen wird wie das grüne Blatt. Er ist, wie David sang, wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zu seiner Zeit Frucht bringt, und auch ein Blatt, das nicht verwelkt. So sagt der Prophet: „und eure Gebeine werden sprossen wie das junge Gras“ (Jes 66,14). Für den Christen geschieht dies, wenn er in Christus bleibt.
Vers 29 bringt uns den Mann vor Augen, „der sein Haus zerrüttet“. Das kann auf die eine oder andere Weise geschehen – durch unangemessenes Ausstreuen oder durch unangemessenes Zurückhalten. In beiden Fällen wird nicht nur sein eigenes Haus zum Schauplatz des Ärgernisses, sondern das Ende für ihn selbst ist der Wind, ein Erbe, das nur Enttäuschung bringt. Der „Narr“ scheint noch tiefer zu sinken und wird zum Diener derer, die „von Herzen weise“ sind – das genaue Gegenteil seiner eigenen herzlosen Rücksichtslosigkeit.
Wie kontrastreich ist das, was uns als Nächstes vor Augen geführt wird, uns zwar zu den Personen, die in der Weisheit der Gerechten so versagen: „Die Frucht des Gerechten ist ein Baum des Lebens, und der Weise gewinnt Seelen“ (V. 30). Ein Baum ist ein edles Objekt in der Landschaft, aber die Frucht der Gerechten geht weit über einen solchen Vergleich hinaus; sie ist wie „ein Baum des Lebens“. Sie sind gesegnet und sind ein Segen. Aber der Weise erhebt sich noch höher und gewinnt Seelen; oder er, der Seelen gewinnt, ist weise – ein Werk, das unmöglich ist ohne göttliche Liebe, die zwingt, eine göttliche Furcht, die durch das Wort und den Geist Gottes vermittelt wird. Wie reich bringt das Evangelium seiner Gnade jetzt beides hervor! Wie traurig, wo es das nicht tut!
Das Kapitel schließt mit einem eindringlichen Aufruf „siehe“, und was dann? Ein Kardinalprinzip für Israel folgt: „Siehe, dem Gerechten wird auf der Erde vergolten, wie viel mehr dem Gottlosen und Sünder!“ (V. 31). Es ist nur unvollkommen gesehen worden, denn Herrscher und Untertanen haben gleichermaßen versagt. Für ein volles Zeugnis muss man auf das Reich dessen warten, der in Macht und Herrlichkeit kommen wird, dessen Recht es ist. Er hat gesprochen, und Er wird es tun. Und die Zeit ist kurz; das Ende aller Dinge ist nahe.