Behandelter Abschnitt Spr 10,1-10
Kapitel 10 beginnt mit den weniger fortlaufenden Mitteilungen des Buches, nach der reichhaltigen Präsentation prägnanter Weisheit allgemeineren Charakters in den vorhergehenden neun Kapiteln. Wir werden nun mit jenen losgelösten und prägnanten moralischen Sprüchen bekanntgemacht, die den Verstand belehren und sich im Gedächtnis festsetzen sollen, um Tag für Tag davon zu profitieren.
Sprüche Salomons. Ein weiser Sohn erfreut den Vater, aber ein törichter Sohn ist der Kummer seiner Mutter.
Schätze der Gottlosigkeit nützen nichts, aber Gerechtigkeit errettet vom Tod.
Der Herr lässt die Seele des Gerechten nicht hungern, aber die Gier der Gottlosen stößt er zurück.
Wer mit lässiger Hand schafft, wird arm; aber die Hand der Fleißigen macht reich.
Wer im Sommer einsammelt, ist ein einsichtsvoller Sohn; wer zur Erntezeit in tiefem Schlaf liegt, ist ein Sohn, der Schande bringt.
Dem Haupt des Gerechten werden Segnungen zuteil, aber der Mund der Gottlosen birgt Gewalttat.
Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen, aber der Name der Gottlosen verwest.
Wer weisen Herzens ist, nimmt Gebote an; aber ein närrischer Schwätzer kommt zu Fall.
Wer in Lauterkeit wandelt, wandelt sicher; wer aber seine Wege krümmt, wird bekannt werden.
Wer mit den Augen zwinkert, verursacht Kränkung; und ein närrischer Schwätzer kommt zu Fall (10,1–10).
Im ersten Vers wird gesagt, wie wichtig es ist, Weisheit bei einem Sohn zu kultivieren, nicht die Aneignung solcher Kenntnisse, die sich unter den Menschen auszeichnen oder die Interessen der Familie oder der eigenen Person fördern. Eitelkeit und Stolz, Selbstsucht und Habgier werden so abgewehrt. Es wird das gelobt, was ohne die Furcht des Herrn nicht gedeihen kann. Wie traurig, wenn das Volk Gottes so gleichgültig wäre wie die Heiden, die Ihn nicht kennen! Ist die Christenheit wirklich besser geworden? Ist Weisheit das Ziel der Schulen oder des Erziehungsrates? Sie machen „einen frohen Vater“; wie ihr Fehlen nicht anders kann als der „Mutter“ besonders zum Kummer zu werden. Wie viele Söhne, strahlend, beklatscht und erfolgreich, enden in Schande und Ruin!
Der zweite führt die Warnung des ersten Verses aus. „Schätze der Gottlosigkeit nützen nichts, aber Gerechtigkeit errettet vom Tod“ (V. 2). Sie mögen blenden und die besten Mittel zur Selbstbefriedigung bieten. Aber das Ende dieser Dinge ist der Tod; und Gott lässt sich nicht spotten, der durch den richten wird, in dem keine Sünde war, sondern nur Gehorsam in Liebe. Gerechtigkeit ist die Übereinstimmung mit unseren Beziehungen, von denen die erste mit dem ist, der außer Sicht und vergessen ist. Nun, wie Salomo öffentlich bekannte, als er auf dem Höhepunkt seines irdischen Segens war, „denn da ist kein Mensch, der nicht sündigt“ (1Kön 8,46; 2Chr 6,36). Gerechtigkeit gibt es für einen Menschen erst dann, wenn er auf den schaut, den Gott immer zu senden beabsichtigte, wie alle wussten, die Ihn fürchteten. Die Propheten betonten hier nur, was die Gläubigen von Anfang an befolgten. Selbstzufrieden oder gleichgültig zu sein, bedeutet, von Grund auf ungerecht zu sein. Gott zu glauben und den Heiland zu suchen, ist allein richtig. Die Folge ist, dass jemand sowohl gerecht als auch gerechtfertigt ist; er wird durch seinen Glauben leben; und es gibt keinen anderen Weg. Die Gerechtigkeit ist es also das, was „vom Tod errettet“.
Vers 3 fügt passenderweise die tröstliche Zusicherung hinzu, dass es der Herr ist, der die Gerechten in einem bösen Zeitalter zu ihrem Besten prüft: „Der Herr lässt die Seele des Gerechten nicht hungern, aber die Gier der Gottlosen stößt er zurück.“ Es gibt eine gerechte Regierung inmitten aller Arten von Schwierigkeiten, Fallstricken und moralischen Widersprüchen, der Eigensinnigste wird kontrolliert, während der am meisten Geprüfte unterstützt und umsorgt wird.
In den Versen 4 und 5 wird gezeigt, dass Unachtsamkeit nicht weniger als ausgeprägteres Übel ins Verderben führt. Für solch eine Gleichgültigkeit hat Gott den Menschen nicht nach seinem Bild erschaffen; und als er fiel, bekam er ein Gewissen, um Gut und Böse zu erkennen, wie es in einem Zustand der Unschuld nicht war noch sein konnte. Darum heißt es: „Wer mit lässiger Hand schafft, wird arm; aber die Hand der Fleißigen macht reich“ (V. 4). Als Mensch ist es gut für ihn, sein Brot im Schweiß seines Angesichts zu essen. Ein Müßiggänger ist sowohl dem Übel als auch der Armut ausgesetzt; der Fleißige arbeitet nicht vergeblich. Wiederum, wenn alles hell und reichlich ist, nimmt die Torheit ihre Bequemlichkeit und ihr Vergnügen; aber er ist ein weiser Sohn, der im Sommer sammelt. Wer also schläft, wenn er fleißig ernten sollte, muss unweigerlich Schande bringen, wie sehr ihn auch die Nächsten lieben.
Dann werden in den Versen 6 und 7 der Anteil und das Andenken der Gerechten mit dem der Gottlosen verglichen. Während auf dem Haupt des Gerechten Segnungen sind, um ihn zu schmücken und zu schützen, birgt der Mund der Gottlosen Gewalttat oder bedeckt ihn Gewalt. Sie gehen weiter in der Gottlosigkeit, und ihre Torheit wird schließlich offensichtlich. Dagegen lebt das Andenken an den Gerechten als gesegnet weiter, und der Name des Gottlosen wird verfaulen.
Die Weisheit zeigt sich im demütigen Gehorsam: „Wer weisen Herzens ist, nimmt Gebote an; aber ein närrischer Schwätzer [der deutliche Gegensatz] kommt zu Fall“ (V. 8). Die wahre Erhebung des Menschen besteht darin, zu dem aufzuschauen, der sich herablässt, den Bedürftigen durch seinen Rat zu führen. Der närrische Schwätzer beweist nur, dass er weder weiß, woher die Weisheit kommt, noch seiner eigenen Leere misstraut; und deshalb wird er fallen. Aber die Weisheit des Herzens bleibt nicht beim Hören stehen, sondern empfängt, um zu gehorchen, und so wird er in seinem Tun gesegnet; und so heißt es hier: „Wer in Lauterkeit wandelt, wandelt sicher; wer aber seine Wege krümmt, wird bekannt werden“ (V. 9). Er mag schlau sein und hoffen, verborgen zu bleiben; aber Er, der alles sieht, enthüllt den Übeltäter sogar am dunklen Tag oder in der Nacht.
Sehr aussagekräftig ist Vers 10. „Wer mit den Augen zwinkert, verursacht Kränkung; und ein närrischer Schwätzer kommt zu Fall.“ Er mag noch so sehr auf der Hut sein, er mag nicht über ein Zeichen seiner bösen Augen hinausgehen; aber er „verursacht Kränkung“, und zwar ohne dass es weiter definiert wird. Es kann sowohl für ihn selbst als auch für andere Kränkung sein. Wie zuvor, so wird auch hier hinzugefügt, dass der närrische Schwätzer fallen wird. Er ist kein schlauer Verleumder, sondern fällt durch seine unverblümte Torheit.