Behandelter Abschnitt Spr 9,7-12
Wie gesegnet für uns, dass Christus für die Berufenen, sowohl Juden als auch Griechen, Gottes Kraft und Gottes Weisheit ist! Und wie passend, dass Er, der von Ewigkeit her mit einer Weisheit ausgestattet war, die alle anderen übertraf, der sein würde, der im Alten Testament den offenbart, der diese Weisheit in seiner eigenen ewigen Person ist!
Kapitel 9 begann mit der Weisheit oder der weisen Frau; der Heilige Geist wendet sich zur Seite, um darauf hinzuweisen, wie enttäuschend es ist, den Spötter zu belehren – eine sehr verschärfte Form des Bösen, die allerdings immer häufiger vorkommt, je mehr die Christenheit in ihrem Unglauben und moralischen Verfall dem Gericht entgegeneilt.
Wer den Spötter zurechtweist, zieht sich Schande zu; und wer den Gottlosen straft, sein Schandfleck ist es. Strafe den Spötter nicht, dass er dich nicht hasse; strafe den Weisen, und er wird dich lieben. Gib dem Weisen, so wird er noch weiser; belehre den Gerechten, so wird er an Kenntnis zunehmen. – Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang; und die Erkenntnis des Heiligen ist Verstand. Denn durch mich werden deine Tage sich mehren, und Lebensjahre werden dir hinzugefügt werden. Wenn du weise bist, so bist du weise für dich; und spottest du, so wirst du allein es tragen (9,7–12).
Jede Schrift, das wissen wir, ist von Gott inspiriert, und sie ist nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit; aber wir brauchen Weisheit, um sie anzuwenden. Der Glaube braucht nicht nur das Wort, sondern den Gott, der es gegeben hat, um das Herz und den Mund lebendig zu lenken; und dazu bekommen wir aus Gnade die Führung des Heiligen Geistes. So lobt der Apostel die, die über die Gläubigen wachen, und befiehlt sie sowohl Gott als auch dem Wort seiner Gnade an (Apg 20). Während die Einfältigen und Unverständigen eingeladen werden, müssen die Törichten gemieden und der Weg des Verstandes verfolgt werden. Dann werden wir freilich davor gewarnt, uns mit den Verächtern einzulassen. Solche zu korrigieren, ist vergeblich; solche ziehen willentlich Schande auf sich. Lasst sie in Ruhe, sagte der Herr zu den Jüngern. Ihr werdet nur einen Makel erlangen, wenn ihr einen bösen Menschen zurechtweist. Sie haben ein tieferes Bedürfnis: Sie müssen wiedergeboren werden. Wo kein Leben ist, ist Hass die Folge. Es ist nicht weise, einen Verächter zurechtzuweisen, genauso wenig, wie das Heilige den Hunden zu geben oder Perlen vor die Säue zu werfen (Mt 7). Das Ergebnis kann sein, dass sie das fehlgeleitete Wort unter ihren Füßen zertreten und sich umdrehen und dich zerreißen.
Nun hat der Christ das Evangelium, das er den Unachtsamen einschärfen muss, aber das ist die frohe Botschaft dessen, was Gott in Christus für ihn getan hat, so böse er auch sein mag, um ihn zu sich zu bringen. So ist alles harmonisch. Korrektur und Zurechtweisung sind für die, die ein Ohr zum Hören haben, damit sie nicht im Widerspruch zu ihrer Berufung wandeln. Deshalb wird uns hier gesagt: „Strafe den Weisen, und er wird dich lieben“ (V. 8). Ein weiser Mann mag nicht immer den Pfad der Weisheit suchen; er mag Zurechtweisung brauchen. Ein Narr ist jemand, der nie zuhört, obwohl er immer bereit ist, Fehler zu finden. Ein weiser Mensch hört zu und wägt ab; wenn er erkennt, dass etwas von Gott ist, wird er dich lieben.
Eine weitere Sache, die die Weisheit auszeichnet, ist die Wertschätzung dessen, was gut und hilfreich ist. Egoismus ist notwendigerweise unklug und böse, denn der Mensch ist sündig, und Gott ist dabei unbekannt und man vertraut Ihm nicht. Der Egoist ist selbstzufrieden und weigert sich zu lernen, da er kein Misstrauen gegenüber seinem eigenen dunklen, selbstsüchtigen und sündigen Zustand hat. Andererseits: „Gib dem Weisen, so wird er noch weiser; belehre den Gerechten, so wird er an Kenntnis zunehmen“ (V. 9). Es sind nicht die Großen, die weise sind, noch versteht das Alter von sich aus das Urteil. Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung und keinen Schatten der Veränderung geben kann (Jak 1). Die Abhängigkeit von Gott ist unsere einzige rechte Haltung zur Gewohnheit, und wir hören voneinander, was sich unserem Gewissen als seine Wahrheit bestätigt; denn wir sind Glieder voneinander; und Er verachtet niemanden, sei er auch noch so gering. Aber Er hasst die Stolzen und wird die Verächter strafen.
Das Geheimnis des Ganzen ist klar: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang; und die Erkenntnis des Heiligen ist Verstand“ (V. 10). Die Intelligenz des Geschöpfes hat keinen Wert für die Seele, für die Ewigkeit, für die Beziehung zu Gott. Sie beginnt und muss mit der Furcht vor Ihm beginnen, dem Wahrhaftigen und Guten, dem Gerechten und Heiligen. Dazu gehört nicht weniger als der Glaube, also das Zittern vor seinem Wort, das ist das direkte Gegenteil von Verurteilung und Selbstvertrauen, das sich selbst rechtfertigt statt Gott. Aber zum Leben in unserem gegenwärtigen Zustand gehört Wachstum; und Wachstum ist durch die rechte Erkenntnis Gottes, der sie zu diesem Zweck in seinem Wort mitgeteilt hat. Der Christ erkennt leicht, warum „heilig“ im Plural stehen sollte, ohne zuzulassen, dass es „heilige Dinge“ bedeutet. Das Wissen um solche Dinge ist nicht die Intelligenz, die aus der sich erweiternden Erkenntnis Gottes wächst.
Der angesprochene fromme Jude hoffte auf ein langes Leben hier auf der Erde, durch die göttliche Gunst. Wie die Dinge lagen, konnte vieles eintreten, um dies zu ändern, wie wir es bei Josia und vielen anderen sehen. Aber wenn die göttlichen Prinzipien ihr gerechtes und ungehindertes Ergebnis bewirken, wird jedes Wort erfüllt werden, wie wenn Christus über die ganze Erde regiert. Wir Christen haben jetzt eine ganz andere Berufung und schauen auf eine höhere Herrlichkeit. Dennoch können wir sagen und glauben, dass Gottesfurcht für alles nützlich ist und die Verheißung des Lebens hat – des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens.
Es bleibt auch wahr: „Wenn du weise bist, so bist du weise für dich; und spottest du, so wirst du allein es tragen“ (V. 12). Gott besteht in unveränderlicher Majestät; aber in seinem gerechten Gericht wird jeder seine eigene Last tragen und ernten, was er sät, und zwar vom Fleisch Verderben, vom Geist aber ewiges Leben (Gal 6).