Behandelter Abschnitt Spr 6,12-19
Die Septuaginta fügt in Vers 8 unberechtigterweise eine Belehrung von der Biene hinzu und gibt Vers 11 eine ganz andere Wendung, indem sie ihn eher zu einer Verheißung als zu einer Drohung macht. Man muss nicht sagen, dass, wie auch immer solche Worte in diese griechische Version gelangt sind, sie im Hebräischen ohne Berechtigung sind. Die lateinische Vulgata folgt der letzteren, nicht der ersteren.
So unwürdig Faulheit auch ist, so schlecht und unklug ist es, müßig zu sein, viel schlimmer ist es, im Bösen tätig zu sein, denn das richtet bei anderen unendliches Unheil an. Der Heilige Geist zeichnet zunächst in den Versen 12‒15 ein Porträt des gefährlichen Menschen und stellt dann unpersönlich die Übel vor, außer am Schluss, der in den Versen 16‒19 nachdrücklich gegen den Herrn gerichtet ist.
Ein Belialsmensch, ein heilloser Mann, ist, wer umhergeht mit Verkehrtheit des Mundes, wer mit seinen Augen zwinkert, mit seinen Füßen scharrt, mit seinen Fingern deutet. Verkehrtheiten sind in seinem Herzen; er schmiedet Böses zu aller Zeit, streut Zwietracht aus. Darum wird plötzlich sein Verderben kommen; in einem Augenblick wird er zerschmettert werden ohne Heilung.
Sechs sind es, die der Herr hasst, und sieben sind seiner Seele ein Gräuel: hohe Augen, eine Lügenzunge, und Hände, die unschuldiges Blut vergießen; ein Herz, das böse Pläne schmiedet, Füße, die schnell zum Bösen hinlaufen; wer Lügen ausspricht als falscher Zeuge, und wer Zwietracht ausstreut zwischen Brüdern (6,12–19).
Der erste Begriff offenbart die böse Quelle, der zweite charakterisiert ihn als menschlich und allgemein, unabhängig von seiner Stellung. Auch die Zunge, die gegeben ist, um Gott zu loben und den Mitmenschen zu helfen, zeigt sicher an, was er ist; er wandelt mit einem missgünstigen und verkehrten Mund. Es ist nicht nur so, dass er keine Zuneigung empfindet, sondern er hat nur Schräges zu sagen. Er liebt es, zu unterscheiden und zu unterstellen, was schmerzlich ist. Auch in seiner perversen Ausdrucksweise steckt keine Offenheit: „wer mit seinen Augen zwinkert, mit seinen Füßen scharrt, mit seinen Fingern deutet“ (V. 13). Er übt sein perverses und böses Tun mit äußerster Geschicklichkeit aus. Er übt nicht nur das Böse aus, sondern hat auch Vergnügen an denen, die es tun, und er liebt es auf hinterhältige Weise, andere zu seinen Instrumenten zu machen; ein Zwinkern mit den Augen genügt dem einen, ein Schlurfen mit den Füßen beeinflusst einen anderen, und selbst seine unruhigen Finger geben dem dritten ein Signal. Das Böse hat eine tiefere Wurzel als sein perverser Mund; „Verkehrtheiten sind in seinem Herzen“ (V. 14a). Andere böse Menschen mögen nach Geld, Vergnügen, Ehrgeiz streben. Sein Herz hat es in der Verdrossenheit; und diesen verkehrten Geist zu befriedigen ist sein Geschäft und Leben; „er schmiedet Böses zu aller Zeit, streut Zwietracht aus“ (V. 14b). Sein Vergnügen ist es, die Menschen bei den Ohren zu packen und Zwietracht zu säen. Wer sich dem geschriebenen Wort beugt, kann nicht zweifeln, was der Ausgang eines solch gottlosen und bösartigen Weges sein wird; aber wie oft fällt schon jetzt ein Schlag auf das Böse in dieser Welt! „Darum wird plötzlich sein Verderben kommen; in einem Augenblick wird er zerschmettert werden ohne Heilung“ (V. 15). Der Tag des Herrn wird dieses gerichtliche Handeln öffentlich und weit und breit zeigen; aber von Zeit zu Zeit kann es ein Zeugnis dafür geben, dass Gott sich nicht spotten lässt.
Um den Abscheu zu verdeutlichen, mit dem der Herr bösartige Ungerechtigkeit betrachtet, werden besondere böse Eigenschaften vorgestellt. Sie werden in einem abstrakteren Stil dargelegt, der vielleicht nicht in der gleichen Person ist, damit jedes Wort aus dem Mund dieser beiden göttlichen Zeugnisse umso mehr Bestand hat. „Sechs sind es, die der Herr hasst, und sieben sind seiner Seele ein Gräuel“ (V. 16). Hochmütige Augen sind das erste, oder ein stolzer Blick; welch ein Gegensatz zu dem, der Himmel und Erde gemacht hat, und alles, was in ihnen ist, als Er sich herabließ, hier auf der Erde Mensch zu werden! Der abhängige und gehorsame Mensch, sanftmütig und von Herzen demütig, der immer aufschaute und nur tat, was seinem Vater gefiel, voller Mitleid mit dem leidenden Menschen, bereit, dem Sünder zu vergeben. „Eine Lügenzunge“ (V. 17a) kommt als nächstes; Jesus war nicht nur wahrhaftig, sondern die Wahrheit, Er allein. Fern von Ihm waren „Hände, die unschuldiges Blut vergießen“ (V. 17b), Er selbst war der heilige Leidende bis zum Äußersten. Aber kann es im Menschen noch Schlimmeres geben? „Ein Herz, das böse Pläne schmiedet“ (V. 18a), in hasserfüllter und unverkennbarer Ähnlichkeit mit dem Bösen. Was kann dem Herrn und seinem Gesalbten mehr entgegengesetzt sein? „Der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6,13).