Behandelter Abschnitt Spr 3,1-4
In den ersten Kapiteln wird die sittliche Weisheit in der Furcht des Herrn als das wahre und sichere Bewahrungsmittel in einer Welt des Eigenwillens und ihrer Übel der Gewalt und Verderbnis beschrieben. Es wird nicht mehr die Erlösung als eine neue Natur vorgestellt, sondern in erster Linie für den Israeliten die Pflicht zur Unterwerfung unter die göttliche Weisung, mit dem daraus folgenden Wohnen im Land, wenn die Bösen daraus verschwinden.
In den Versen 1–4 findet sich eine noch ausführlichere Ermahnung, damit die Zucht zu den glücklichsten und fruchtbarsten Ergebnissen führe.
Mein Sohn, vergiss nicht meine Belehrung, und dein Herz bewahre meine Gebote. Denn Länge der Tage und Jahre des Lebens und Frieden werden sie dir mehren. Güte und Wahrheit mögen dich nicht verlassen; binde sie um deinen Hals, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens; so wirst du Gunst finden und gute Einsicht in den Augen Gottes und der Menschen (3,1–4).
So lernen wir, wie weit das Alte Testament davon entfernt war, dass das Volk Gottes sich auf die Gefühle, Empfindungen oder Überlegungen des eigenen Herzens stützen sollte. Es war nur eine unvollkommene, oder zumindest teilweise Offenbarung. „Denn das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht“ (Heb 7,19). Der erste Mensch befand sich im Prozess der Prüfung; der zweite war noch nicht erschienen. Es gab Handlungen Gottes und Prüfungen des Menschen; Es gab Offenbarungen von Gott, aber noch die Offenbarung Gottes. Denn der Sohn Gottes war noch nicht gekommen und hatte uns keine Erkenntnis gegeben, damit wir den erkennen, der wahrhaftig ist.
Doch sogar in den Tagen, als der Glaube auf sein Ziel und sein Werk wartete und der beste Segen damals in der Verheißung lag, wurde das Herz durch die positive Lehre geformt und in der Befolgung von Geboten geschult, die von Gott kamen. Sie konnten durch ein Elternteil erfolgen; und das war zweifellos die gebührende Ordnung in Israel, wie sie von ihrem Vater Abraham aus gekennzeichnet wurde, als der Herr sein Wohlgefallen daran zum Ausdruck brachte, dass er seinen Kindern und seinem Haus befahl, den Weg des Herrn zu bewahren, Gerechtigkeit und Recht zu üben. Aber das, was den göttlichen Wert ausmachte, war, dass es seine Lehre war, und dass die aufgestellten Gebote seine waren. Das allein heiligt – Gott zu gehorchen, seinem Wort zu gehorchen, ist die Wirkung und der Beweis der Liebe, wenn man in Beziehung zu Gott steht. Auch vergessen wir nicht, sondern erinnern uns an das, was wir lieben und schätzen.
So sagt es der Herr auf seine unvergleichliche Weise zu seinen Jüngern. „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren“ (Joh 14,21). Welch ein Gegensatz zu dem finsteren Aberglauben, der seine Gebote aus Furcht, sie schlecht zu gebrauchen, verbietet und sich einem sündigen Führer und seiner Überlieferung, von der niemand weiß, woher sie kommt, anvertraut, die menschlich und bestenfalls unsicher ist! Welch ein Gegensatz zu der noch dunkleren Sünde, die jeder Schrift die Autorität Gottes abspricht und dadurch seinen Worten den Geist und das Leben nehmen würde!
Auch ein Jude war nicht ohne jeden Segen. Er war aufgerufen, nicht zu vergessen, was er gelehrt worden war, und sein Herz auf die Gebote zu richten, die der Herr allein durch Moses oder einen anderen, der sie vermittelte, gegeben hatte. Welch ein gesegnetes Bild gibt uns Lukas 2 vom Herrn, der in den ersten Tagen seines Hierseins so gehorsam war, der Joseph und Maria in Nazareth untergeordnet war und sich doch einer höheren Beziehung bewusst war und sich so mit den Dingen seines Vaters beschäftigte! Und gesegnet waren die Früchte. Schon damals hielt Er wirklich, wie Er später sagte, die Gebote seines Vaters und blieb in seiner Liebe. So steht hier für die gehorsamen Israeliten geschrieben: „Denn Länge der Tage und Jahre des Lebens und Frieden werden sie dir mehren“ (V. 2).
Aber das ist noch lange nicht alles. Da wir wissen, dass „die Gnade und die Wahrheit durch Jesus Christus geworden“ ist (Joh 1,17), wurde der Israelit hingegen ermahnt, das Vertrauen auf Barmherzigkeit oder Güte und Wahrheit zu hegen. Sie mögen „dich nicht verlassen“, so lautet das Wort. Er war berechtigt, daran zu glauben und auf sie zu zählen, gewohnheitsmäßig und für immer: „binde sie um deinen Hals, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens“ (V. 3). Welches Gebet kann sich damit vergleichen? Welche innere Lehre kann dadurch aufgemuntert und belebt werden! „So wirst du Gunst finden und gute Einsicht in den Augen Gottes und der Menschen“ (V. 4).
So sehen wir das in unserem vollkommenen Vorbild. Unser Herr fand auf seinem unübertroffenen Weg der Unterwerfung gewiss „Gunst“ bei Gott und den Menschen, wie uns gesagt wird. Ob das Wort, das oft mit „guter Einsicht“ wiedergegeben wird, hier, wie manchmal auch an anderen Stellen, nicht verändert ist, mag bezweifelt werden. Aber so wie es steht, war es ein guter und willkommener Stempel der göttlichen Zustimmung durch Hingabe an Gottes Willen, ohne Selbstsucht oder Menschengefälligkeit. Glücklich, wenn es, wie hier, als Antwort von außen wie von oben kommt, auf Gnade und Wahrheit, die auf das Herz geschrieben sind! Auch jetzt drückt das Wort, Christus, alles aus; und der Geist des lebendigen Gottes ist uns, die wir glauben, gegeben, damit Er wahrhaftig und tief auf jene fleischernen Tafeln unsere Herzen geschrieben sei. Wie reich ist die Gnade, in der wir stehen! Denn wir alle, die wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den Herrn, den Geist (2Kor 3).