Behandelter Abschnitt Hiob 32
„Und jene drei Männer hörten auf, Hiob zu antworten, weil er in seinen Augen gerecht war“ (V. 1). Das war ihr Gedanke, und es war etwas Wahres daran. „Da entbrannte der Zorn Elihus, des Sohnes Barakeels, des Busiters, vom Geschlecht Rams; sein Zorn entbrannte gegen Hiob, weil er sich selbst mehr rechtfertigte als Gott“ (V. 1). Er gehörte zur Familie Nahors, des Bruder Abrahams. Er war nicht wirklich einer aus der auserwählten Familie, aber er war eng mit ihr verbunden, wie Laban und andere. Er gehörte zu einem anderen Zweig.
Hiob rechtfertigte sich tatsächlich selbst mehr als Gott. Das letzte Kapitel, das wir gerade gelesen haben, ist von Anfang bis Ende eine Selbstrechtfertigung. Das war in der Tat richtig, aber es war völlig unangebracht, wenn es um Gottes Handeln ging und darum, warum diese große Bedrängnis über ihn gekommen war. „Und sein Zorn entbrannte gegen seine drei Freunde, weil sie keine Antwort fanden und Hiob verurteilten“ (V. 3). Was hinderte diese drei Freunde daran, ihn zu verstehen? Dasselbe, was Hiob hinderte – das eigene Ich. Sie verurteilten sich selbst nicht. Das eigene Ich ist eine der größten Schwierigkeiten auf dem Weg eines Christen – auf dem früheren Weg eines Sünders und auch noch jetzt unter Christen.
„Und als Elihu sah, dass keine Antwort im Mund der drei Männer war, da entbrannte sein Zorn“ (V. 5). Nun, das war sehr angemessen. Und warum? Es ging ihm überhaupt nicht um sich selbst. Er war über sie alle erzürnt um Gottes willen. „Und Elihu, der Sohn Barakeels, der Busiter, hob an und sprach: Ich bin jung an Jahren, und ihr seid Greise; darum habe ich mich gescheut und gefürchtet, euch mein Wissen mitzuteilen. Ich sagte: Mögen die Tage reden und die Menge der Jahre Weisheit verkünden“ (V. 6.7) – und so sollte es sein. „Jedoch der Geist ist es in den Menschen“ (V. 8a) – es gibt etwas Höheres als Erfahrung. Der Geist ist der höchste Teil der Natur des Menschen. Der Körper ist das äußere Gefäß, und die Seele ist das, was einen Menschen zum Menschen macht. Jeder Mensch hat seine eigene Seele, aber der Geist ist das, was die Menschen gemeinsam haben. Zum Beispiel kam Johannes der Täufer im Geist und in der Kraft des Elias. Er konnte nicht in der Seele des Elias kommen. Jeder kommt in seiner eigenen Seele; das ist der Sitz der Individualität. Aber der Geist ist die Fähigkeit eines Menschen. Sie könnten ein halbes Dutzend Männer mit der gleichen Fähigkeit finden; und wir sagen manchmal: „Dieser Mann sprach wie ein Luther; dieser Mann schrieb wie ein Calvin; dieser Mann war so gewissenhaft in seiner Arbeit wie John Wesley; dieser Mann war so fleißig im Predigen wie Charles Spurgeon“ – und so weiter. Der Geist dieser verschiedenen Menschen mag bei anderen Menschen ähnlich sein, aber es ist das, was ihnen ihre besondere Kraft (oder ihren Charakter) gibt. Aber die Seele und der Geist gehören so eng zusammen, dass kein menschlicher Verstand jemals zwischen ihnen unterscheiden kann. Sie sind so zusammengeschweißt, da sie von geistiger Natur sind. Wenn ein Mensch stirbt, geht seine Seele nach oben und ebenfalls sein Geist; sie gehen beide nach oben und sie gehen notwendigerweise zusammen nach oben.1
Und so können wir also verstehen, dass es einen Geist im Menschen gibt. Geist ist ein Ausdruck für die geistige Fähigkeit, und die ist nicht an der Frage der Erfahrung zu messen. Ein Mann kann viel mehr geistige Fähigkeiten haben, wenn er jung ist. Das war der Fall bei Elihu. Und er sagt: „und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht“ (V. 8b). Es war Gott, der dem Menschen den Lebensatem einhauchte; und in diesem Lebensatem war nicht nur die Seele, sondern auch der Geist. Das ist der Grund, warum allein der Mensch eine unsterbliche Seele hat. Gott hat nie in ein Pferd oder einen Hund oder irgendein anderes Tier auf der Erde gehaucht, sondern nur in den Menschen. Deshalb sind die Seele und der Geist des Menschen unsterblich. Seele und Geist sind auch in der Hölle unsterblich, aber auch auf glückselige Weise im Himmel! Das nimmt dem Menschen nicht die Sündhaftigkeit fort oder die Folgen der Sünde; es nimmt ihm aber auch nicht – noch weniger – das ewige Leben des Herrn Jesus. Denn er hat ein anderes Leben empfangen. „Nicht die Bejahrten sind weise, noch verstehen die Alten, was recht ist“ (V. 9). Weit gefehlt. „Darum sage ich: Höre mir zu, auch ich will mein Wissen kundtun“ (V. 10). Er hat es nie gewagt, zu unterbrechen; er hat kein einziges Wort gesagt.
Manchmal ist man erstaunt, dass dieser junge Mann vortritt, nachdem nicht nur die drei Freunde geschwiegen haben, sondern auch Hiob geschwiegen hat. Dann spricht er, und er entschuldigt sich mit diesen Worten, die ich jetzt lese. Das ist alles, was mir heute Abend auffällt. „Siehe, ich harrte auf eure Reden, horchte auf eure Einsichten, bis ihr Worte ausfindig gemacht hättet. und ich richtete meine Aufmerksamkeit auf euch; und siehe, keiner ist unter euch, der Hiob widerlegt, der seine Reden beantwortet hätte“ (V. 11.12). Und das war vollkommen richtig. „Dass ihr nur nicht sagt: Wir haben Weisheit gefunden“ (V. 13a). Er sah, dass es eine Frage Gottes war. Sie hatten den wahren Gott, wie Er ist, nicht wirklich einbezogen. „Gott wird ihn aus dem Feld schlagen, nicht ein Mensch!“ (V. 13b). Das war es, was Hiob gesagt hatte. Bis jetzt hatte Hiob viel mehr Recht als seine Freunde. „Er hat ja an mich keine Worte gerichtet“ (V. 14a). Er sagt also: Ich bin in der Lage, leidenschaftslos zu sprechen. Wenn er mich wegen irgendetwas angegriffen hätte, was ich gesagt habe, könnte es als Selbstrechtfertigung erscheinen. Aber hier muss ich für Gott sprechen, jung wie ich bin. „... und mit euren Reden werde ich ihm nicht erwidern“ (V. 14b). Sie waren völlig machtlos.
„Sie sind bestürzt, sie antworten nicht mehr, die Worte sind ihnen ausgegangen“ (V. 15). Er war voller Empörung, dass sie Hiob immer noch beschuldigten und ihn von nichts überzeugen konnten. Sie hatten ihren Weg völlig verfehlt. „Ich will reden, dass mir Luft werde, will meine Lippen auftun und antworten. Dass ich nur ja für niemand Partei nehme! Und keinem Menschen werde ich schmeicheln. Denn ich weiß nicht zu schmeicheln: Sehr bald würde mein Schöpfer mich wegnehmen“ (V. 20–22).
Und dabei können wir es vorerst belassen. Wenn der Herr will, werden wir uns dem Rest von Elihus bewundernswerter Ansprache noch zuwenden, wo er zum ersten Mal die wirklichen Wurzeln der Frage berührt – ein Ausleger, der einer von tausend war, wie er selbst sagt, obwohl er sich nicht auf sich selbst bezieht.
1 Geist und Seele des Gläubigen steigen hinauf zu Gott in das Paradies, beim Ungläubigen gehen beide hinab in den Hades. Der Körper wird in als Samenkorn in die Erde gelegt, um einmal auferweckt zu werden (WM).↩︎