Behandelter Abschnitt 2Chr 2,4 - 3,17
Nun stellt Salomo einen ganz anderen Zustand der Dinge vor; und man mag fragen: Gibt es denn hierzu kein Vorbild? Sicherlich gibt es eins, aber es ist nicht das Vorbild des Christentums. Es ist das Vorbild des Tausendjährigen Reiches, dessen, was Gott tun wird. Und wenn jemand zu mir sagen würde: Willst du damit sagen, dass es nie etwas Großartiges für diese Welt geben wird? Soll die ganze Welt nur für den Teufel sein – nur für den Unglauben und das Fleisch? Dann sage ich: Nein, ich behaupte, was Gott meint; und da unterscheide ich mich ganz von meinen guten Freunden, den Andersdenkenden, in diesem Punkt, denn sie schauen nicht auf dieses zukünftige Handeln Gottes für die Erde. Sie betrachten die Gegenwart als die abschließende Frist Gottes mit der Welt. Ich aber glaube das Gegenteil. Ich glaube, dass die gegenwärtige Zeit Gottes Berufung eines Volkes für den Himmel ist – die Berufung eines Volkes auf himmlischen Prinzipien für Christus, gegründet auf das Kreuz, das auf die Herrlichkeit wartet. Dies sind die beiden Begriffe der christlichen Existenz. Unser Ausgangspunkt ist das Kreuz, und unser Endpunkt ist die Herrlichkeit des Herrn Jesus. Wir sind durch diese beiden Punkte verbunden und befinden uns zwischen ihnen. Wir sind Fremde und Pilger. Das Kreuz hat uns von der Welt getrennt, und wir warten darauf, dass der Herr uns in seine eigene himmlische Wohnstätte bringt: die Wohnungen im Haus des Vaters (Joh 14).
Aber wenn der Herr kommt und die Versammlung aufnimmt, hat Er dann mit allem abgeschlossen? Ist das alles? Hat Gott nicht vor, die Welt zu segnen? Hat Er nicht vor, Israel zu segnen? Will Er nicht auch die Nationen segnen? Ja, dessen bin ich mir sicher. Für mich ist das überhaupt keine Frage. Man mag sagen: Nun, wir dürfen nicht zu kühn sein; wir dürfen nicht zu zuversichtlich sein, was wir nicht wissen. Aber ich denke, wir sollten von dem, was wir wissen, überzeugt sein, und ich erwarte nicht, dass Menschen von dem, was sie nicht wissen, überzeugt sind. Im Gegenteil, ich rate ihnen, es nicht zu sein. Dennoch nehme ich an, dass jeder Christ von etwas überzeugt ist. Ist er nicht zuversichtlich in Bezug auf seine eigenen Sünden, um damit zu beginnen? Ist er nicht zuversichtlich in Bezug auf den Erlöser? Nun gut, dann kann er nicht zu kühn von beidem sprechen, denn ich habe kein Verständnis für die, die sich ihrer Errettung sehr sicher sind und ihre Sündhaftigkeit nicht empfinden. Ich halte das für eine gefährliche Art von Vertrauen.
Wenn ich vor Gott wahrhaftig bin im Wissen um meine Sünden, dann darf ich ebenso sicher sein in der Glückseligkeit meiner Errettung, weil Er ein Retter für die Verlorenen ist; und ich darf auch nicht übertreiben. Aber wenn du diesen Grundsatz in Bezug auf eine so wichtige Sache wie die Sünden, die dich der Hölle aussetzen, und die Erlösung, die dich in den Himmel bringt, zugeben – wenn wir in dieser Hinsicht zuversichtlich sind, können wir wohl in Bezug auf alles zuversichtlich sein. Es gibt nichts, was so schwer ist wie das. Es gibt nichts, was eine so immense Überwindung von Schwierigkeiten erfordert, wie uns aus der Hölle zu befreien und in den Himmel zu bringen. Und Jesus hat beides unternommen, und wird so sicher, wie Er das eine vollbracht hat, auch das andere vollbringen.
Aber es muss eine ungeheure Lücke in den Gedanken jedes Christen sein – es ist mir egal, wer oder was er ist –, wenn er denkt, dass der Herr die Menschen nur aus der Welt in den Himmel bringen wird. Hat Er die Welt umsonst gemacht? Wurde die Welt nur gemacht, um der Fußball des Satans zu sein? Ist sie nur der Sport des Feindes Gottes? Nein, Er will diese Welt dem Griff des Feindes entreißen, und Er will diese Welt zu einer glücklichen Welt machen; denn die armen politischen Quacksalber der Welt haben ihre völlige Untauglichkeit und ihre Unfähigkeit bewiesen, den gegenwärtigen Zustand der Unordnung zu beheben. Er ist der wahre Arzt in jeder Hinsicht und der große Vollbringer von Wundern; und Er wird die Welt von all ihren Plagen und Übeln heilen, die sich jetzt, wie wir wissen, als unheilbare Leiden zeigen, aber nicht für Ihn. Das Unheil ist nicht, dass der Mensch sie nicht heilen kann, sondern dass der Mensch vorgibt, sie heilen zu können. Ich gebe durchaus zu, dass es keine Respektlosigkeit gegenüber einem Menschen ist, zu sagen, dass er diese arme und sündengeplagte Welt nicht heilen kann. Kein Zweifel, aber die Anmaßung, es zu tun, ist schlecht, und das ist genau der Punkt, an dem der Mensch seine Torheit offenbart. Er gibt vor zu tun, was nur Gott tun kann, und was Gott durch das Leiden seines eigenen Messias tut.
Hier ist die Freude für mich: Dieser herrliche Zustand der Welt ist in Zukunft genauso wenig vom Kreuz zu trennen wie Salomo von David. Salomo regiert an Davids Stelle, und die Herrschaft Salomos ist die notwendige Ergänzung zu den Leiden Davids. Die beiden sind auf höchst bemerkenswerte Weise miteinander verbunden und geben uns dieses vollständige Vorbild, das ich zu zeigen versucht habe. Aber es ist nicht das Vorbild eines Volkes, das in den Himmel aufgenommen wird, nachdem es auf der Erde gelitten hat, sondern das Vorbild der Macht und Herrlichkeit Gottes, die vom Himmel auf die Erde scheinen wird. Und so siehst du die wahre Antwort für Menschen, die nachdenken. Und es ist immer eine große Frage unter den Theologen gewesen, ob der zukünftige Zustand der Glückseligkeit auf der Erde sein wird, die in einen himmlischen Zustand umgewandelt oder verschlungen werden soll, oder ob das Volk Gottes in seinem auferstandenen Zustand im Himmel sein wird.
Nun, ich sage, dass beides wahr ist. Ich sage nicht, dass die Erde jemals zum Himmel werden wird, aber dass alle Gläubigen, die vom Anfang der Welt bis zur Wiederkunft des Herrn gelitten haben, von Abel an, ein himmlisches Volk sein werden. Und deshalb ist es ein bedeutender Fehler, anzunehmen, dass, weil die Versammlung jetzt himmlisch in ihrer Berufung ist, deshalb die Gläubigen, die entschlafen sind, nicht auch himmlisch sein werden. Es ist wahr, die himmlische Berufung wurde ihnen nicht offenbart. Sie waren nicht wie wir mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet. Aber sie sind die Heiligen der höchsten Örter (Dan 7); sie sind auch die Heiligen der himmlischen Örter (Eph). Sie werden die Welt richten; sie werden Engel richten, genauso wahrhaftig wie wir. Sie werden entrückt werden, um dem Herrn zu begegnen, und wir werden mit ihnen und sie mit uns sein, in der Gegenwart Gottes sein. Ich will damit nicht sagen, dass es keine Unterschiede geben wird. Das ist wiederum ein anderer Irrtum; aber ich behaupte, dass dies ganz klar die Wahrheit der Schrift ist.
Aber dann will Gott Israel bekehren, und das ist der Grund, warum Israel jetzt bewahrt wird, trotz ihres Unglaubens und trotz ihrer Feindseligkeit. Sie sind die großen Schürer aller Untreue. Kaum ein böser Gedanke der modernen Ungläubigen, wer immer sie auch sein mögen, ist etwas anderes als die Weiterentwicklung der alten Untreue Spinozas und anderer infamer Juden vergangener Tage. Die Juden sind immer die schärfsten und kaum wahrnehmbaren Weber des Netzes der Untreue gewesen. Nun aber, trotz alledem, wacht Gott über sie. Sie sind im Haus, der Stadt der Zuflucht. Sie dürfen nicht vernichtet werden, obwohl sie es verdient hätten. Der Rächer des Blutes hätte sie sonst vernichten müssen. Sie werden dort aufbewahrt bis „zum Tod des Hohenpriesters, den man mit dem heiligen Öl gesalbt hat“ (4Mo 35,25.28).
Wenn der Herr seinen gegenwärtigen Platz als Priester im Himmel verlässt und den Charakter des Priestertums, den Er jetzt innehat, beendet, wird der Blutbefleckte in das Land seines Besitzes zurückkehren. Das ist die Zukunft, die auf Israel zukommt. Es wird zweifellos eine Aussonderung der Schuldigen geben. Es wird nicht nur den Totschläger geben, der durch die Gnade Gottes des Mordes unschuldig ist, sondern es wird auch den Mörder geben, der getötet werden wird, denn es wird ein Gericht geben. Er wird vor der Gemeinde zum Gericht stehen. Der Herr wird einige dieser Mörder vernichten und sie vor seinem Angesicht töten, wie es im Evangelium heißt. Sie sollen vor Ihm erschlagen werden. Aber anderen wird die Gnade gelten, weil sie sich bekehrt haben und weil sie ihre Sünde bekennen. Die Gnade wird sie rechtfertigen. Das ist das doppelte Vorbild von denen, die schuldig sind, und den anderen, die nicht in der Stadt der Zuflucht sein können.2
Ich beziehe mich hier darauf, weil es so eng mit dem Thema dieses Buches verbunden ist – das Vorbild des großen Königreichs, das der Sohn Davids an jenem Tag für die Erde einführen wird. Und da ist zum Beispiel der große Fehler des Papsttums, all diese Schriftstellen für die Versammlung jetzt anzuwenden. Diese Schriftstellen setzen Macht voraus – sie setzen die Ausübung irdischer Gerechtigkeit voraus, wie ich sogleich zeigen werde. Das ist nicht der Charakter der Versammlung. Das Wesen der Versammlung ist, verfolgt zu werden, und nicht, Macht auszuüben. Der Charakter der Versammlung ist eine himmlische und nicht irdische Herrlichkeit; so hat sich das Papsttum der größtmöglichen Abweichung davon schuldig gemacht. Aber nicht nur das Papsttum. Es ist ein natürlicher Fallstrick für das Herz, denn natürliche Menschen mögen es in dieser Welt bequem haben; Menschen mögen etwas sein. Kein Wunder. Es ist genau das, was das Herz begehren würde, und das ist es, was ein großes Maß an Glauben erfordert, um zu urteilen und abzulehnen.
Nun denn, Salomo wird hier nicht nur an der Spitze Israels gesehen, sondern auch als Herrscher über die Heiden und als Diener dieser großen Ziele; und so verlangt er Holz in Hülle und Fülle. „Und ich will mir Holz in Fülle bereiten; denn das Haus, das ich bauen will, soll wunderbar groß sein. Und siehe, ich will deinen Knechten, den Holzhauern, zwanzigtausend Maß geschlagenen Weizens und zwanzigtausend Maß Gerste und zwanzigtausend Bath Wein und zwanzigtausend Bath Öl geben.“
2 Die Juden, die am Pfingsttag glaubten und getauft wurden, nutzten die Bereitstellung des Fluchtwegs Gottes, die Stadt der Zuflucht. Sie retteten sich vor dem Gericht, das über der Nation hing. Ihr Land wurde mit unschuldigem Blut besudelt und trägt bis heute die Inschrift: „Akeldama, das ist das Feld des Blutes“. Der Apostel Paulus benutzt dasselbe Bild, wenn er sagt: „die wir Zuflucht genommen haben“ (Heb 6,18). In einem anderen Sinn werden die ungläubigen Juden vorsorglich für das künftige Gericht bewahrt; wie damals, als Kain ein Malzeichen erhielt, damit niemand, der ihn fand, ihn töten würde (1Mo 4). Dann, wenn Christus aus dem Himmel kommt, nachdem Er aufgehört hat, sein Priestertum nach der Art Aarons in der Höhe auszuüben, wird Er in seinem Priestertum nach der Art Melchisedeks hervortreten; und Israel wird in Frieden und Wohlstand in das Land seines Erbes zurückkehren. – William Kelly gibt weitere Erläuterungen zu den Zufluchtsstädten in seinen einführenden Vorträgen über die fünf Bucher Mose (siehe dazu https://biblische-lehre-wm.de/downloads/betrachtungen-von-william-kelly-at) (AdÜ).↩︎