Behandelter Abschnitt 2Kön 19
„Und er sandte Eljakim, der über das Haus war, und Schebna, den Schreiber, und die Ältesten der Priester, in Sacktuch gehüllt, zu dem Propheten Jesaja, dem Sohn des Amoz“ (V. 2). Er geht zum Herrn; sie werden zu dem Knecht des Herrn gesandt. Das war richtig. Er blickt im Gebet zu Gott selbst auf, und er erwartet eine Antwort durch seinen Knecht. „Und sie sprachen zu ihm: So spricht Hiskia: Dieser Tag ist ein Tag der Bedrängnis und der Züchtigung und der Schmähung; denn die Kinder sind bis an die Geburt gekommen, aber da ist keine Kraft zum Gebären. Vielleicht wird der Herr, dein Gott, alle Worte des Rabsake hören, den sein Herr, der König von Assyrien, gesandt hat, um den lebendigen Gott zu verhöhnen, und wird die Worte bestrafen, die der HERR, dein Gott, gehört hat. Erhebe denn ein Gebet für den Überrest, der sich noch vorfindet. Und die Knechte des Königs Hiskia kamen zu Jesaja“ (V. 3–5).
Die Antwort kommt sofort: „So sollt ihr zu eurem Herrn sagen: So spricht der Herr: Fürchte dich nicht vor den Worten, die du gehört hast, womit die Diener des Königs von Assyrien mich gelästert haben. Siehe, ich will ihm einen Geist eingeben, dass er ein Gerücht hören und in sein Land zurückkehren wird; und ich will ihn in seinem Land durchs Schwert fällen“ (V. 6.7).
Welch eine Demütigung, und doch so einfach! Zuerst ein Gerücht im eigenen Land nach dem Schlag, den der Herr in sein Land schicken würde, und zuletzt er selbst, der für ein unvergleichlich demütigenderes Schicksal in Gegenwart seiner eigenen Untertanen in seinem eigenen Land aufgehoben war. „Und der Rabsake kehrte zurück und fand den König von Assyrien kämpfend gegen Libna; denn er hatte gehört, dass er von Lachis aufgebrochen sei. Und er hörte über Tirhaka, den König von Äthiopien, sagen: Siehe, er ist ausgezogen, um gegen dich zu kämpfen. Da sandte er wieder Boten zu Hiskia und sprach: So sollt ihr zu Hiskia, dem König von Juda, sprechen“ (V. 8–10) – ein zweites, womöglich noch beleidigenderes Wort. Hiskia nimmt den Brief und geht trotzdem zu Gott: „Und Hiskia nahm den Brief aus der Hand der Boten und las ihn; und er ging in das Haus des Herrn hinauf, und Hiskia breitete ihn vor dem Herrn aus. Und Hiskia betete vor dem Herrn und sprach: Herr, Gott Israels, der du zwischen den Cherubim thronst, du allein bist es, der der Gott ist von allen Königreichen der Erde; du hast den Himmel und die Erde gemacht. Herr, neige dein Ohr und höre! Herr, tu deine Augen auf und sieh! Ja, höre die Worte Sanheribs, die er gesandt hat, um den lebendigen Gott zu verhöhnen!“ (V. 14–16).
Und so wird der ganze Prozess in den Schoß des Herrn geworfen. Jesaja gibt die Antwort: wie zuvor, so auch jetzt. „So spricht der Herr, der Gott Israels: Was du wegen Sanheribs, des Königs von Assyrien, zu mir gebetet hast, habe ich gehört“ (V. 20). Das Vertrauen auf den Herrn ist nie vergeblich. Es ist unmöglich, Ihm übermäßig zu vertrauen.
„Dies ist das Wort, das der Herr über ihn geredet hat: Es verachtet dich, es verspottet dich die Jungfrau, die Tochter Zion; die Tochter Jerusalem schüttelt das Haupt hinter dir her“ (V. 21). Was für ein gesegnetes und doch so außergewöhnliches Wort, das diese zitternden Juden hörten. „Die Jungfrau, die Tochter Zion.“
War da nicht Furcht im Spiel? War da nicht Angst im Herzen? Wie konnte das wahrheitsgemäß gesagt werden? Weil Gott seine eigenen Gedanken ausspricht. Gott sieht Zion als das an, was der Fuß des Assyrers nie beschmutzt hat. Es war eine jungfräuliche Tochter Zion, und Gott hatte nie gewollt, dass der Assyrer sie zertreten würde. Er hatte ihm erlaubt, anderswo zu wüten, aber Zion, auch wenn es noch so treulos war, war nicht für die Hand des Assyrers reserviert. Zion konnte sogar unter Kriegen fallen, aber der Assyrer musste selbst fallen.
Das war der Beschluss Gottes, denn auch bei den Feinden ist Gott genauso unerbittlich und regiert genauso gründlich wie bei seinen Freunden. Es ist nicht der Mensch, der in jedem Fall regiert, sondern Gott. Er ist der Herrscher und handelt daher nach seinem eigenen Willen. Es geht nicht um die Partei, die die meiste Kraft oder die meiste Weisheit hat. So ist es nie in der Welt, denn Gott handelt nach seiner eigenen Souveränität. Es war nicht wegen ihrer überlegenen Macht, dass Babylon, oder Persien, oder Griechenland, oder Rom zu Weltreichen wurden. Bei den meisten von ihnen waren es kleine Anfänge. Und auch bei denen, die die längste und dauerhafteste Eroberung der Welt machten, war es keineswegs eine Frage ihrer eigenen Kraft, sondern Gott gefiel es, in seiner Souveränität so zu wirken.
Hier in diesem Fall also wollte Gott dieses verkleinerte und reduzierte Königreich Juda zu Ehren bringen, und nun können wir sagen, dass Jerusalem kaum noch etwas hatte. Die festen Städte Judas waren eingenommen, und hier war Jerusalem, und es schien, als ob eine Schaufel Erde sozusagen ausreichen würde, um Jerusalem in jenen Tagen zu begraben. Aber dem war nicht so. Gerade die Tatsache, dass der Assyrer voll stolzer Zuversicht kam, war es, die den Arm des Herrn zur Verteidigung seiner verachteten Stadt hervorzog; aber wenn Er durch den Propheten spricht, weil der Assyrer Zion verachtet, ist es Zion, das den Assyrer verachtet. Denn, wie wir bereits gesehen haben, spricht Gott seine Gedanken aus.
„Was du wegen Sanheribs, des Königs von Assyrien, zu mir gebetet hast, habe ich gehört. Dies ist das Wort, das der Herr über ihn geredet hat: Es verachtet dich, es verspottet dich die Jungfrau, die Tochter Zion; die Tochter Jerusalem schüttelt das Haupt hinter dir her“ (V. 20.21). Wir wissen sehr wohl, dass der Assyrer sein Haupt über Zion schüttelte und sich eine leichte Eroberung versprach. Aber Gott erwidert nun für seine verachtete Stadt. „Die Tochter Jerusalem schüttelt das Haupt hinter dir her. Wen hast du verhöhnt und gelästert und gegen wen die Stimme erhoben? Gegen den Heiligen Israels hast du deine Augen emporgerichtet!“ (V. 21.22). Das wusste der Assyrer nicht. Ich bezweifle nicht, dass es ein gewisses Unbehagen gab. Das gibt es immer: Ich kümmere mich nicht darum, wie einfältig der Christ sein mag; ich kümmere mich nicht darum, wie groß der Mann der Welt sein mag; du wirst niemals einen Mann der Welt, sei er noch so kühn oder noch so groß, in der Gegenwart einer echten Prüfung Gottes finden, ohne eine gewisse Beunruhigung, ein gewisses Unbehagen. Er mag etwas verachten; er mag Dinge sehen, die ihm Spott und Verachtung entlocken; aber er ist sich, trotz seines Willens, etwas Seltsamen bewusst, etwas, das ihn verwirrt, das er nicht verstehen kann. Ich zweifle nicht daran, dass es diesem großen Assyrer so erging, angesichts dieser verächtlichen Stadt, die sich ihm in so beispielloser Weise entgegenstellte.
Und so erscheint der Herr, und der Prophet legt in den großartigsten und erhabensten Worten dar, wie er mit diesem hochmütigen Eroberer verfahren würde; und zum Schluss sagt er: „Und ich werde diese Stadt beschirmen [der Herr würde es auf sich selbst nehmen], um sie zu retten, um meinet- und um meines Knechtes David willen“ (V. 34). Er muss auf dem Weg zurückkehren, auf dem er gekommen ist: „und er wird nicht in diese Stadt kommen, spricht der Herr“ (V. 33).
Und die Antwort Gottes ließ nicht lange auf sich warten. „Und es geschah in jener Nacht, da ging der Engel des Herrn aus und schlug im Lager der Assyrer 185 000 Mann. Und als man frühmorgens aufstand, siehe, da waren sie allesamt Leichname“ (V. 35). Die Folge war, dass sich der König bestürzt zurückzog – er kehrte zurück und wohnte in Ninive –, aber wie der Herr in Israel ihn geschlagen hatte, so musste er nun in seinem eigenen Land fallen: „Und es geschah, als er sich niederbeugte im Haus Nisroks, seines Gottes, da erschlugen ihn Adrammelek und Sarezer, seine Söhne, mit dem Schwert; und sie entkamen in das Land Ararat. Und Esar-Haddon, sein Sohn, wurde König an seiner statt“ (V. 37). So wurde jedes Wort des Herrn erfüllt.