Behandelter Abschnitt 2Kön 1
Es wurde bereits bemerkt, dass die Mission oder zumindest der eigentliche Dienst des Elia mit seiner eigenen Anklage gegen die Kinder Israels endete. Gott nahm ihn beim Wort. Er setzte sich gegen – statt für – Israel ein. Nun war er zu einem Dienst verbunden mit Gericht berufen, aber er hätte in Gemeinschaft mit allen sein sollen, die von Gott und für seinen Namen waren, und bis jetzt fehlte es bei Elia an der Einsicht in die Gedanken Gottes. Da war der vollständige Überrest des Volkes nach der Wahl der Gnade. Sie waren wie nichts für Elia, aber sie waren sehr viel für Gott. Es ist daher offensichtlich, dass Gott und sein Diener sich nicht einig waren, und wenn dies der Zustand des Dieners war, legte er praktisch sein Amt nieder. Also nimmt Gott ihn von diesem Moment an beim Wort und ernennt Elisa zu seinem Nachfolger.
Dennoch hat Gott ihn nicht im Zorn weggenommen. Im Gegenteil: Obwohl es der Mangel an Gnade für das Volk Gottes war, der den Herrn an seinem Diener, dem Propheten, sicherlich betrübt hat, gab es keinen Mangel an Gnade von Seiten Gottes. Elia bleibt also noch da, wenn auch keineswegs wie zuvor. Es gab einen gewissen Übergang der Stellung, bevor der Herr ihn wegnahm. Aber als Er ihn wegnahm, geschah dies mit der höchsten Ehre, die einem Menschen hier auf der Erde zuteilwerden kann: Er wurde in den Himmel entrückt, ohne auch nur den Tod zu durchlaufen.
Das Anfangskapitel dieses zweiten Buches der Könige zeigt also auf sehr eindrucksvolle Weise das Handeln, wenn nicht sogar das Wirken des Propheten, nämlich den Beweis, dass die Macht Gottes immer noch mit ihm war. Denn als der böse König Ahasja, nun selbst krank, zur Macht des Bösen schickte, um sich zu erkundigen, antwortet ihm Gott – nicht der Feind –, Gott gibt ihm eine schnellere Antwort, als er erwartet hatte. Gott teilt Elia die Tatsache mit, befiehlt ihm, die Boten aufzuhalten und dem König die höchst ernste Mitteilung zu machen, dass er nun auf dem Sterbebett liege und sich deshalb auf keinen Fall erholen werde. Es war nicht so, dass der König Elia nicht kannte, aber er folgte dem Bösen seines Vaters, und da sein Vater der offene Feind Elias war, betrachtete er ihn deshalb als seinen Feind. So wandelt der Sohn in denselben Fußstapfen wie sein Vater. Dennoch, genau aus diesem Grund, so wie es war, als Gott die Kühnheit des Pharaos benutzte, seine Herrlichkeit zu offenbaren, so war es jetzt in Israel, wo es dazu kam, dass ein großer Teil – in der Tat der größere Teil – des Volkes Gottes eine Sphäre für die Darstellung der Herrlichkeit des Herrn war, gerade wegen ihres völligen Abweichens von seinem Willen und ihrer Opposition dagegen. Folglich trägt Gottes Handeln diesen Charakter des Gerichts, denn Gott handelte immer noch durch seinen Knecht Elia.
Die vom Propheten verhafteten Boten bringen also die Nachricht von seinem bevorstehenden Tod zum König zurück, der bald herausfindet, dass es sich um keinen anderen als Elia, den Tisbiter, handelt. Daraufhin schickt er einen Obersten über Fünfzig, um ihn zu holen. Das war leichter gesagt als getan und brachte in der Tat ein sofortiges Gericht über die Köpfe derer, die dem König gehorchten. Wir können verstehen, dass es manche gibt, die sich darüber wundern. Aber man darf nie vergessen, dass es nicht einmal in Juda eine reine Monarchie war, noch weniger in Israel, jetzt, wo sie geteilt waren.
Die Regierung des Königreichs Israel war eine Theokratie. Zweifellos war der König der Vertreter der Macht Gottes, aber dennoch war es ein Thron des Herrn. Wenn also ein König sich über den Herrn hinwegsetzte, musste er die Konsequenzen tragen. Niemand, der im Auftrag der Königin handelt, hat das Recht, seine Männer gegen die Königin einzusetzen, und die Königin ist durchaus berechtigt, sie zu bestrafen. Dass sie sich auf den Befehl des Obersten berufen, hat nichts mit der Sache zu tun. Der Offizier hat keinen Auftrag gegen die Königin. Wenn die Männer sich entscheiden, dem Befehl ihres Obersten gegen die Autorität der Königin zu folgen, brauchen sie sich nicht zu wundern, was die Folge sein muss.
Und so befand sich der König von Israel in der Tat in direkter Rebellion gegen Gott. Ich mache diese Bemerkung allgemeiner Art, weil sie der Schlüssel zu dem ist, was sonst ein wenig überraschend erscheinen muss und woraus der Unglaube ständig eine Schwierigkeit macht, nämlich das summarische Urteil, das hin und wieder in Israel vollstreckt wurde. Die Verfassung in Israel war streng genommen das Gesetz, und das Gesetz kennt nichts anderes als den Tod für Auflehnung gegen die Autorität Gottes. Das gehört notwendigerweise zum Gesetz, und es ist einfach der Mensch, der die Rechte Gottes leugnet, den Menschen unter das Gesetz zu stellen. Ein solcher Gedanke ist eines Atheisten würdig, denn er gesteht die Existenz Gottes, die Wirklichkeit Gottes zu, und Gottes Autorität ist eindeutig berechtigt, so zu handeln, wenn Er es zu seiner eigenen Ehre für richtig hält. Aber wenn man dies einmal zulässt, sieht man, dass sich das Königreich Israel von allen anderen Königreichen unterscheidet, denn wenn diese Reiche vorgeben, theokratisch zu sein, ist das nur eine Täuschung und eine Lüge, während es in Israel die Tatsache ist. Und die ganze Anstrengung Satans bestand darin, die Israeliten und ihren König vergessen zu lassen, dass es eine Theokratie war – die Besonderheit ihres Ortes und ihrer Berufung zu vergessen. In allen anderen Fällen war die Behauptung nur ein Schein, der Deckmantel für regelrechte Heuchelei und Tyrannei; in Israel war es die einfache Wahrheit.
Das räumt nun haufenweise Schwierigkeiten in der Schrift aus dem Weg, denn dann ist das Handeln Gottes, sogar in einer so schrecklichen Weise wie die Aufforderung an seinen Diener, um Feuer vom Himmel zu erbitten, um einen Hauptmann und seine Männer zu verzehren, wegen der kühnen Auflehnung gegen den Gott Israels, einfach eine notwendige Folge der Stellung Israels. Anstatt eine Schwierigkeit zu sein, ist es das, was sein muss, was sein sollte. Gott würde sonst seine eigene Autorität aufgeben.
So wie kein Elternteil seinen Kindern erlauben würde, seine Autorität in seinem eigenen Haus zu verleugnen, und kein Herr dies bei seinen Dienern zulassen sollte, so wäre es die größte Absurdität, wenn Gott die Missachtung seiner eigenen Autorität bei denen zulassen würde, die den Platz seines Volkes einnahmen. Deshalb war es sinnlos, dass der König ein Wort sandte, denn der König von Israel war der Diener des Herrn. Er war damals lediglich der höchste Diener. Zweifellos war er der Ausdruck der sichtbaren Autorität, aber diese Autorität konnte dann nicht gegen Gott eingesetzt werden. Es gibt eine notwendige Grenze für alle Autorität zu herrschen: „bis der kommt, dem das Recht gehört“ (Hes 21,32). Und darin liegt in der Tat die wahre Bedeutung der Stellung des Königs von Israel, und sie endet erst, wenn jemand kommt, der nicht nur Mensch, sondern Gott ist, und der nicht nur als Mensch, sondern als Gott regieren wird. Es wird der Herr sein, und sein Name einer, und er wird über die ganze Erde herrschen (Sach 14,9).
Damit ist, so hoffe ich, jede Schwierigkeit für einen Gläubigen ausgeräumt, die in der vor uns liegenden Begebenheit gefunden werden kann. Und in der Tat habe ich die Bemerkungen allgemeiner gehalten, um viele andere Schwierigkeiten mit einzubeziehen, denn schließlich müssen wir uns daran erinnern, dass Gott nicht in einer engen, starren Weise handelt, sondern Er handelt nach dem breiten Gedanken seines eigenen Plans mit jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind in der ganzen Welt. Denn was ist der Tod, wenn er nicht eine Handlung des Gerichts Gottes über die Sünde ist? Und solche, die sich deshalb darüber streiten, dass Gott mit fünfzig Menschen auf einmal handelt, vergessen, dass Er mit jedem Menschen handelt, und mit ihnen selbst und mit dem Rest, auch mit den Gegnern. Ich mache diese Bemerkung nur, weil die Menschen die offensichtlichsten Tatsachen vor ihren Augen übersehen.
Eine andere Sache, auf die ich eure Aufmerksamkeit lenken möchte, ist diese: Hätten die Obersten dieser Fünfzig ein reifes Herz und ein aktives Gewissen gehabt, wäre nicht einer von ihnen umgekommen. Wir sehen das am deutlichsten beim letzten Obersten und seiner Truppe. Er demütigt sich, und die Barmherzigkeit Gottes fließt sofort. Wir dürfen also ganz sicher sein, dass bei den anderen Gewissenshärte und Gleichgültigkeit herrschte. Denn es gab nicht einen unter den Obersten – und ich zweifle nicht, nicht einen unter den fünfzig –, der den Propheten Elia nicht kannte, der nicht das vollste Zeugnis für sein Herz und sein Gewissen hatte, dass dieser Mann der treueste Vertreter des Willens Gottes und seiner Herrlichkeit und Macht war. Wenn also die Menschen sich entschieden, das Risiko zu tragen (und das Ziel war groß, der Plan war die Verletzung, wenn nicht der Tod, eben jenes Dieners Gottes, und das auch noch, als Gott auf dem Boden der Gerechtigkeit und des Gesetzes handelte), mussten sie die Konsequenzen tragen. Es ist klar, dass eine theokratische Regierung unmöglich wäre, wenn Gott sich nicht das Recht vorbehalten würde, zu strafen und anderen die Notwendigkeit des Gehorsams einzuschärfen.
In dieser Begebenheit sehen wir also deutlich, dass Gott seinen Diener noch immer in Ehren hält. Sein eigentlicher Dienst war beendet, aber hier gibt es kein Anzeichen für jemanden, der in Ungnade gefallen ist oder den Gott zuschanden machte, nicht im Geringsten. Und es kann keinen größeren Beweis geben als eben diese Tatsache in diesen letzten Ereignisse des Elias: Als der Anführer des letzten Trupps sich vor dem Propheten demütigt, kommt der Prophet auf das Wort des Herrn zurück, denn er, ein Diener, bleibt wenigstens im Gehorsam gegenüber Gott. Er geht mit zum König und sagt ihm ins Gesicht, was er kaum zu hören wünschte: „sondern du wirst gewiss sterben“ (V. 16). „Und er starb nach dem Wort des Herrn, das Elia geredet hatte“ (V. 17).