Behandelter Abschnitt 1Mo 12
Damit betreten wir in Kapitel 12 einen völlig neuen Bereich. Es ist offensichtlich, dass wir hier eine spürbar andere Atmosphäre finden. Es geht nicht mehr um den Menschen schlechthin, sondern um einen von Gott für sich selbst abgesonderten Menschen, und zwar durch eine Verheißung, die einem Auserwählten und Berufenen gegeben wird – eine neue Wurzel und ein neuer Stamm. Das sind Prinzipien, die Gott seitdem nie aufgegeben hat und auch nie aufgeben wird. Ich wiederhole, dass es nicht mehr um die Menschheit geht wie bisher, auch nicht nur um die Nationen, sondern wir haben die Berufung Gottes zu Ihm selbst hin – das einzige Rettungsmittel, wo das Verderben eingetreten ist, bevor das Gericht Gottes Wesen und Willen durch seine Macht rechtfertigt. Denn wir wissen aus anderer Stelle, dass der Götzendienst unter den Menschen – auch bei den Nachkommen Sems – weit verbreitet war, als ein Mensch von und zu dem wahren Gott herausgerufen wurde, nach einem Prinzip, das die neu entstandenen Verbände der Welt weder veränderte noch richtete (außer moralisch), sondern den, der den göttlichen Verheißungen gehorchte, mit besseren Hoffnungen ausstattete.
Abram, das braucht kaum gesagt zu werden, war das Objekt seiner Auserwählung. Ich leugne nicht, dass Gott vorher auserwählt hatte; aber jetzt wurde es zu einem öffentlich bekräftigten Prinzip. Es war nicht nur ein Ruf, der dem, der sein Objekt war, im Geheimen bekannt war, sondern es gab jemanden, der von Gott abgesondert war, indem Er ihn als Träger seiner Verheißung herausrief, der Zeuge davon vor den Augen aller und infolgedessen gesegnet und ein Kanal des Segens war. Denn was dem engstirnigen Verstand des Menschen als eine strenge Abtrennung von seinen Mitmenschen erscheinen mag, diente in Wirklichkeit dem ausdrücklichen Zweck, den göttlichen und ewigen Segen zu sichern, und zwar nicht nur für ihn selbst und seine Nachkommenschaft, sondern als einen immer fließenden Strom des Segens, der für alle Geschlechter der Erde nicht ausbleiben würde. Gott wird dies noch zeigen. Und Gott wird noch vor dieser Welt beweisen, wie wahrhaftig, Ihm entsprechend und im Interesse des Menschen selbst, wie auch seiner eigenen Herrlichkeit, Er in seiner Berufung Abrams gewirkt hat.
Abram macht sich also auf Gottes Geheiß auf den Weg. Er verlässt sein Land; doch zuerst finden wir ein gewisses Maß an Versagen, das ihn daran hinderte. Es gab jemand, der an dem Herausgerufenen hing, dessen Anwesenheit immer ein Hindernis war: Das bewirkt immer die Gesellschaft dessen, der nicht berufen ist. Terach war nicht das Objekt der Berufung; und doch war es schwierig, seine Gesellschaft abzulehnen; aber die Wirkung war schwerwiegend, denn solange Terach dort war, erreichte Abram Kanaan faktisch nicht. Tarah stirbt (denn der Herr lenkt die Dinge gnädig zu Gunsten derer, deren Herzen einfältig sind, sogar inmitten der Schwachheit); und nun brach Abram auf, „um in das Land Kanaan zu gehen; und sie kamen in das Land Kanaan“ (V. 5). Und die Kanaaniter, so wird hinzugefügt, waren damals im Land.27 „Und der Herr erschien Abram und sprach: Deiner Nachkommenschaft will ich dieses Land geben. Und er baute dort dem Herrn, der ihm erschienen war, einen Altar“ (V. 7).
Hier finden wir zum ersten Mal das Prinzip, das uns so sehr am Herzen liegt – die Anbetung Gottes, die auf einer eindeutigen Erscheinung seiner selbst beruht (so muss es immer sein). Der Mensch kann das, was der Grund für die Anbetung ist, nicht begründen. Sie fließt aus der Erscheinung des Herrn und wird uns als aus ihr fließend vorgestellt. Es ist nicht nur der Ruf jetzt, sondern der Herr ist ihm „erschienen“. Wahre Anbetung muss dem Herrn entspringen, der in dem erkannt wird, was auf jeden Fall ein Bild der persönlichen Erkenntnis seiner selbst ist. Es ist also nicht nur ein verliehener Segen, sondern in sich selbst erkannt. Natürlich will niemand die Tatsache leugnen, dass es nicht das geben konnte, was wir jetzt als „Anbetung in Geist und Wahrheit“ (Joh 4,23) verstehen, bevor Er nicht in der Offenbarung seines eigenen Sohnes durch die Kraft des Heiligen Geistes erkannt wurde; aber zumindest wird hier das Prinzip dargelegt.
Es gibt noch eine weitere Sache, die hier zu beachten ist: Das geschah oder konnte nur in Kanaan geschehen. Es gab keine Anbetung in Mesopotamien; kein Altar, der das Symbol dafür war, wurde dort gesehen. Auch in Haran gab es keinen Altar. Es ist in Kanaan, wo wir ihn zuerst sehen. Kanaan ist das klare Bild jenes himmlischen Bereichs, in dem wir jetzt Christus wissen. Wir sehen also zuerst, wie sich der Herr persönlich offenbart; und dies dann in Verbindung mit dem Bild der himmlischen Örter. Dies sind eindeutig die beiden Wurzeln der Anbetung, wie sie uns in diesem lehrreichen Abschnitt vor Augen geführt werden.
Außerdem zieht Abram im Land umher; er schlägt sein Zelt anderswo auf. Das war von großer Bedeutung. Er war ein Fremder, nicht ein Siedler im Land. Er war genauso ein Fremder im Land wie zuvor, als er dorthin kam. Es war offensichtlich, dass er ein Fremder war, als er alles verließ, was ihm lieb war, ob Land oder Verwandtschaft oder das Haus des Vaters. Doch als er im Land war, wurde er nicht sesshaft. Er schlägt immer noch sein Zelt auf, aber er baut auch seinen Altar. Wer könnte zögern zu sagen, dass Abram im Land eine wahrhaft himmlische Einsicht erwarb? Die Verheißung des Landes, die Gott ihm gab, brachte ihn aus seinem eigenen Land heraus – aus dem, was die Gestalt der Erde ist; aber als er in Kanaan war, erhob Gott Abrams Augen zum Himmel, anstatt sie auf der Welt ruhen zu lassen. Und genau das zeigt uns der Hebräerbrief – nicht allein den Glauben, der ihn in das Land brachte, sondern auch den Glauben, der ihn dort in der Fremde aufrechthielt. Das ist in der Tat kostbar und genau der Glaube Abrams.
Seine Anbetung haben wir also in Verbindung mit seinem beständigen Fremdlingscharakter im Land der Verheißung.
Dann haben wir eine andere Sache – nicht nur Schwachheit, sondern leider auch Versagen –, offenes und ernstes Versagen! Er, der dem Ruf Gottes gefolgt war, der Fremde in dem Land, das ihm von Gott verheißen war, zieht aus Angst vor dem Druck der Umstände herab zu der Kornkammer der Erde, das Land, das sich unerschöpflicher Quellen rühmt. Abram ist aus eigenem Antrieb dorthin gegangen, ohne Gott und sein Wort. Es gibt dort nicht nur keinen Altar, sondern er ist auch ohne die Führung und den Schutz der Macht Gottes in moralischer Hinsicht. Abram versagt kläglich. Damit wollen wir den gesegneten Mann Gottes nicht herabsetzen. Es geht vielmehr darum, zu empfinden und zu bekennen, was wir sind, was ebenso ein Teil (wie niedrig auch immer) unserer christlichen Pflicht ist, wie das anzubeten, was Gott in seiner eigenen Vortrefflichkeit für unser selbst ist. Das Fleisch ist in Abram nicht besser als in irgendeinem anderen. Es ist derselbe verderbliche Sumpf, wo immer man ihm vertraut, in jeder Person und unter allen Umständen. Und da verleugnet Abram (der bereits im Unglauben gescheitert war, der ihn dazu veranlasste, Ägypten aufzusuchen, weg von dem Land, in das Gott ihn berufen hatte) seine Frau, setzt sie der größten Gefahr der Verunreinigung aus und bringt keinen Segen über die Familien der Erde, sondern eine Plage vom Herrn über den Pharao und sein Haus. So beweist Abram die völlige Hoffnungslosigkeit entweder des Segens für andere oder der Bewahrung sogar für uns selbst, wenn wir uns von dem Ort entfernen, an den Gott uns beruft.
27 Es ist völlig unbegründet, aus diesen Worten oder aus 1. Mose 13,7 zu schließen, dass die Kanaaniter und Perisiter zu Lebzeiten des Schreibers aus dem Land vertrieben worden waren. Sie zeigen, dass die ersten, wenn nicht die zweiten, im Land waren, als Abram es betrat, und dass beide dort ansässig waren, als er aus Ägypten zurückkehrte. Dass dies eine Prüfung für den Patriarchen war, können wir leicht verstehen. Doch er musste nicht bis zur Zeit Moses und noch weniger bis zur Zeit Josuas warten, um zu wissen, dass sie und alle anderen Eindringlinge dem Untergang geweiht waren (siehe 1Mo 15,16.18-21). Zweifellos lag ihre Vertreibung noch in der Zukunft; aber der Schreiber glaubte wie Abram an den Herrn, der das Ende von Anfang an kennt und offenbart. Ich bin mir der Unterstellung von Aben Esra bewusst, dass die Klausel interpoliert wurde, und dass Dean Prideaux ihr nachgibt, obwohl letzterer die Glaubwürdigkeit der Schrift rettet, indem er sie Esra, einem inspirierten Redakteur, zuschreibt. Aber eine solche Vermutung ist hier nicht nötig, so wahr sie auch an anderer Stelle sein mag und an sich legitim ist.↩︎