Behandelter Abschnitt 2Sam 12
Im diesem Kapitel taucht Nathan wieder auf. Er tritt vor den König und stellt ihm den Fall der beiden Männer in der Stadt vor, der eine reich, der andere arm. „Und der Herr sandte Nathan zu David; und er kam zu ihm und sprach zu ihm: Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte Kleinvieh und Rinder in großer Menge. Der Arme hatte aber gar nichts als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte; und er nährte es, und es wurde groß bei ihm und mit seinen Kindern zugleich; es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und es war ihm wie eine Tochter. Da kam ein Reisender zu dem reichen Mann; und es tat ihm leid, von seinem Kleinvieh und von seinen Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzurichten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Lamm des armen Mannes und richtete es zu für den Mann, der zu ihm gekommen war“ (V. 1‒4).
„Da entbrannte der Zorn Davids sehr gegen den Mann“ (V. 5). Trau den Menschen nicht immer, wenn sie ihre Empörung mit Vehemenz zeigen. David wird selbst da schon heiß genug das Böse empfunden haben. Leider gab es in der Sünde Davids weder ein Selbstgericht, noch gibt es etwas Schrecklicheres als die lange Zeit, in der er sich ihr hingab, offenbar ohne ein rechtes Empfinden für den Menschen und ohne Gewissensübung gegenüber Gott, so dass sein Zorn, selbst wenn er ihm deutlich genug gleichnishaft vorgestellt wurde, nur gegen das Unrecht eines anderen Menschen gerichtet war. Als Nathan kam, hatte David vielleicht offene Ohren, um zu wissen, ob es irgendein Wort von Gott über eine solche Sünde gab, deren er sich schuldig gemacht hatte; aber dem war nicht so. Wir sollten uns nicht selbst betrügen, meine Brüder, oder uns von anderen betrügen lassen. Das Einzige, was uns befähigt, über andere gerecht zu urteilen, ist das Selbstgericht. Wenn wir den Splitter in einem Bruder klar sehen wollen, dürfen wir nicht vergessen, den Balken aus unserem eigenen Auge zu ziehen. David steht hier in einer ernsten Haltung, dass derjenige, der so schnell die Sünde in einem anderen sieht, blind für seine eigene gravierende und ungerichtete Ungerechtigkeit sein kann. Daher sagt er auch schnell: „So wahr der Herr lebt, der Mann, der dies getan hat, ist ein Kind des Todes; und das Lamm soll er vierfach erstatten, weil er diese Sache getan und weil er kein Mitleid gehabt hat! Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! So spricht der Herr, der Gott Israels: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt, und ich habe dich aus der Hand Sauls errettet, und ich habe dir das Haus deines Herrn gegeben und die Frauen deines Herrn in deinen Schoß, und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben; und wenn es zu wenig gewesen wäre, so hätte ich dir noch dies und das hinzugefügt. Warum hast du das Wort des Herrn verachtet, indem du tatest, was böse ist in seinen Augen? Urija, den Hethiter, hast du mit dem Schwert erschlagen, und seine Frau hast du dir zur Frau genommen; ihn selbst hast du ja umgebracht durch das Schwert der Kinder Ammon. Nun denn, so soll von deinem Haus das Schwert nicht weichen in Ewigkeit, weil du mich verachtet und die Frau Urijas, des Hethiters, genommen hast, dass sie dir zur Frau sei.“ (V. 5‒10).
Beachte in diesem Fall das ernste Prinzip der Vergeltung, das in der Tat wie in der Heiligen Schrift üblich ist. Unsere Sünde führt immer zu einer Form der Züchtigung. „So spricht der Herr: Siehe, ich will aus deinem Haus Unglück über dich erwecken, und ich will deine Frauen vor deinen Augen nehmen und sie deinem Nächsten geben“ (V. 11). Hier kommt im Gegensatz dazu, wie schon zuvor, die Analogie, dass der eine oder andere Gottes Wege kennzeichnet, denn jeder von ihnen würde am eindrucksvollsten die Verlogenheit der Sünde für den Menschen und Gottes ewige Abscheu vor ihr kennzeichnen. „Denn du hast es im Verborgenen getan; ich aber, ich werde dies tun vor ganz Israel und vor der Sonne! Da sprach David zu Nathan: Ich habe gegen den Herrn gesündigt. Und Nathan sprach zu David: So hat auch der Herr deine Sünde weggetan, du wirst nicht sterben“ (V. 12.13). Er hatte sich selbst verurteilt, aber Gott ist in jeder Hinsicht größer.
„Nur weil du den Feinden des Herrn durch diese Sache Anlass zur Lästerung gegeben hast, soll auch der Sohn, der dir geboren ist, gewiss sterben“ (V. 14). Dennoch erhob die Gnade Gottes gerade von dieser Mutter, die die Frau Urias, des Hetiters, gewesen war, den Thronerben Israels, den er zu seinem Erstgeborenen machte, höher als die Könige der Erde und als Vorbild Christi in friedlicher Herrlichkeit, so wie David in Leid und kriegerischer Macht gewesen war. Letzteres wartet noch auf seine Erfüllung. Wahrlich, die Wege Gottes sind wunderbar. Auch hier sehen wir wieder, was auch immer die Sünde gewesen sein mag, indem der König sie bekannte, die souveräne Gnade Gottes löschte nicht das Band, das da war, sondern ließ aus dieser Verbindung heraus, als die Sünde gründlich erkannt und gerichtet wurde, den auserwählten Sohn Davids auferstehen, der die anderen beiseitelässt, die einen früheren Anspruch nach dem Fleisch geltend gemacht haben könnten.
Es ist für uns ein gewinnbringendes Kapitel, wenn wir gut und oft über den bitteren Kummer Davids nachdenken, über seine Herzensübung, als das Kind geschlagen wurde, und über sein bewundernswertes Verhalten, nachdem Gott das Kind weggenommen hatte. Dann war es, dass er das Flehen seiner Diener hört und getröstet wird. Gerade als liebevolle Männer sich ganz natürlich der hemmungslosen und hoffnungslosen Trauer hingeben wollten, hörten in der Weisheit, die die Gnade inspirierte, seine Tränen auf und wandte sein Herz sich vertrauensvoll dem Herrn zu, und er nahm an der ihm gewährten Erfrischung teil. Welch eine Warnung, welch ein Trost für ihn! David, so tief er auch gefallen war, war ein aufrichtiger Mann Gottes; nicht nur das Objekt der Gnade, sondern in der Regel ein tief geübter und gewohnheitsmäßig von ihr geformter Mann. Er kehrt daher zur Quelle seiner Kraft und seines Segens zurück. Dementsprechend werden wir in der Folge feststellen, dass Gott inmitten von Trauer und Züchtigung Gutes für den reuigen König Israels bereitete.