Behandelter Abschnitt Off 11,3-6.14
Die zwei Zeugen (Kap. 11, 3. 14)
Schrecklich und frech wird die Sünde in jenen Tagen auftreten. Dies ist allein schon durch die Tatsache begründet, dass Jerusalem mit Sodom und Ägypten verglichen wird. Wie es in Sodom aussah, lesen wir in 1. Mose 18 und 19 und in 2Pet 2,6. Ägypten wird in z. Mose in den Kapiteln 1-15 beschrieben. Aber so keck wie die Sünde sich breit macht, so kühn treten ihr die Zeugen Gottes entgegen.
Wer sind diese zwei Zeugen? «Meine Zeugen» (Vers 3). Der Herr der Erde steht also hinter ihnen. Er redet durch sie. Sie sind Gesandte an Gottes Statt, deshalb ist ihr Zeugnis so wuchtig, so einschneidend.
Sie sind zwei Personen. Zwei Menschen wie auch wir, die ihre Mission in der Endzeit erfüllen werden. Ihr Auftreten ist schon in Mal 4,5-6 verheißen, obwohl dort nur die Rede von Elia ist. Sie sind nicht die Gemeinde (wie einige Ausleger vermuteten), noch sind sie die Gemeinde und Israel zusammen, auch nicht das Alte und Neue Testament, sondern zwei mit besonderer Machtvollkommenheit ausgerüstete Männer Gottes.
I h r e N a m e n . Sie sind uns nicht wörtlich mitgeteilt, so kennen wir sie nicht mit Bestimmtheit. Da aber Maleachi sagt: «Ich sende euch Elia, den Propheten, ehe der Tag Jehovas kommt, der große und furchtbare», meinen die einen und die andern Ausleger, einer der zwei Zeugen müsse Elia sein und der andere entweder Henoch oder Mose. Nun Mose und Elia sind bereits auf dem Berge der Verklärung erschienen. Es könnte deshalb nicht ausgeschlossen sein, dass diese beiden für den schweren Zeugendienst der letzten Tage bestimmt wären. Da die Schrift die Namen der zwei Zeugen verschweigt, lassen auch wir diese Frage dahingestellt. Gott erwählt sich schon die Richtigen.
Ihre Vollmachten. «Sie haben Macht» (Vers 6). Der Herr der Erde gibt ihnen große Vollmachten für die Zeit ihres Dienstes. Sie dürfen alle ihnen nötig erscheinenden Maßnahmen treffen. Sie haben Macht, ihre Feinde durch Feuer zu verzehren (Vers 5); es steht ihnen auch frei, nach Belieben den Himmel zu verschließen, dass kein Regen fallen wird wie in den Tagen des Elia (1Kön 17,1; Lk 4,25; Jak 5,17). Ferner haben sie Gewalt, das Wasser in Blut zu verwandeln und die Erde mit jeder Plage zu schlagen (Vers 6). Zu allen von ihnen ergriffenen Maßnahmen wird der Herr der Erde Sein «Ja» sagen und zu jedem durch sie verhängten Gericht Sein «Amen». Und obgleich der Antichrist und der falsche Prophet in jenen Tagen große Zeichen und Wunder tun, werden diese zwei Zeugen Gottes ihnen durch noch mächtigere Wundertaten ebenso kräftig widerstehen und siegen, wie Mose und Aaron den ägyptischen Zauberern, Jannes und Jambres, widerstanden und siegten.
Das außergewöhnliche Auftreten der zwei Zeugen. Sie sind in Sacktuch gekleidet und deshalb wenig imposant für ihre hochtrabenden, stolzen Zeitgenossen. Sacktuch war in alter Zeit das Zeichen der Trauer (Dan 9). Diese zwei Zeugen hüllen sich in Schmerz und Betrübnis ob der Entehrung des Heiligtums durch das Bild des Antichristen und ob der Missachtung aller Rechte Gottes. Hätten nicht auch wir in unsern Tagen alle Ursache, tief gebeugt vor unserm Herrn zu liegen ob der Zerrissenheit, Weltförmigkeit und Lauheit der Gemeinde! «Gottes Tempel seid ihr», sagt die Schrift. O, dass wir von diesen zwei Zeugen lernten zu trauern, aber auch die Rechte Gottes auf den Leuchter zu stellen und in Hingabe und Selbstlosigkeit zu dienen wie sie.
Wer denkt hier nicht an den Herrn Jesum selbst, da Er doch in diesem Buch «der treue und wahrhaftige Zeuge» genannt wird. Er trug innerlich Sacktuch, als Er über Jerusalem weinte. Auch andere Begebenheiten zeugen von Seinem tiefen Schmerz, z. B. als Er den Feigenbaum verfluchte und die Geißel zur Reinigung des Tempels ergriff. Treue Zeugen schonen nie; sie nennen die Sünde mit Namen und stellen die Wahrheit Gottes, selbst um den Preis ihres eigenen Lebens, auf den Leuchter, wie es beim Herrn und bei den zwei Zeugen der Fall ist.
Ihre Vorbilder. Vers 4 sagt: «Sie sind zwei Ölbäume und zwei Leuchter.» Wer denkt hier nicht an Sach 4,3-6.11-14. Josua, der Hohepriester, und Serubabel, der Fürst, diese zwei Geistesmänner, werden nach der Rückkehr Judas aus Babylon «Söhne des Öls» genannt. Sie waren damals die zwei Zeugen Jehovas, um die Anbetung in Israel wieder einzuführen und den Tempel in Jerusalem wieder herzustellen, gegen welches Unternehmen Satan sich so sehr aufgemacht hatte. Satan bewirkte Israels Abfall, veranlasste es zum Götzendienst und bezweckte seine Gefangenschaft. Er widerstand je und je mit allen Mitteln der Wiederherstellung des Volkes Israel, dem Tempelbau und der Anbetung. Gott hat aber noch immer den Mächten der Finsternis Seine Zeugen gegenübergestellt.
Die zwei Ausdrücke «Ölbäume und Leuchter» sind sehr vielsagend. Der Ölbaum versorgte den Leuchter mit dem nötigen Öl, sie gehören also zusammen, um in dunkler Nacht zu scheinen. Ganz ähnlich wird es sein mit den zwei Zeugen der Endzeit. Sie erhalten reichliche Ausrüstung an Öl und Licht von oben, damit sie in der allerdunkelsten Periode der Geschichte Israels als kraftvolle Lichtspender jede Finsternis bis zur Vollendung ihres Zeugnisses zu durchbrechen vermögen.
Und was lernen wir bei alledem für uns selbst? In der Apostelgeschichte hat der Herr den Seinen genügend Kraft zum Zeugendienst verheißen (Apg 1,8). Gottes Verheißungen sind aber nicht leere Worte, denn wir sehen die Frucht jener wunderbaren Zeugenkraft ausgewirkt durch den Dienst der Apostel. Sind wir heute weniger Gottes Zeugen? Gehen wir in Treue mit dem uns anvertrauten Zeugnis um? Sind wir Olivenbäume und Leuchter inmitten einer dunklen Welt?
Wie Tätigkeit der zwei Zeugen (Kap. 11, 3‑6)
Die Aussage aus zweier Zeugen Mund gilt als rechtskräftig (5. Mose 17,6; Mt 18,16; 2Kor 13,1). Gott sandte Seine Zeugen gewöhnlich zu zweien aus; so Mose zusammen mit Aaron, ferner Josua mit Kaleb. Und nun sendet Er auch diese zwei Zeugen gemeinsam, damit einer den andern ermuntere. Ihre Tage sind aber nicht mehr «der Tag des Heils», sondern «der Tag des Zornes Gottes, deshalb ist auch ihre Sprache und ihr Handeln verschieden zu dem der Zeugen Gottes in der Jetztzeit. Als Johannes und Jakobus, in ihrem Eifer für die Sache des Herrn, wollten Feuer vom Himmel fallen lassen, antwortete ihnen der Herr vorwurfsvoll: «Wisset ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid? » D a m a 1 s war eine Gerichtssprache wie die der zwei Zeugen noch nicht am Platze, weil der Tag der Rache noch nicht angebrochen war. Es wäre aber ganz verkehrt, den beiden Zeugen d e r E n d z e i t den Sinn Christi abzusprechen.
Die Botschaft dieser Zeugen. Die Propheten Israels sagten stets: «So spricht der Herr.» Elia sprach: «Der Gott, vor dem ich stehe.» Ähnlich werden die zwei Zeugen reden. Mit voller Überzeugung geben sie öffentlich bekannt, dass der Herr Jesus «der Herr der Erde' ist. Sie sprechen also dem T i e r sein Anrecht auf die Erde ab. Auch werden sie in ,jeder Weise nicht weniger mutig gegen das Tier auftreten wie einst Elia gegen Ahab und durch ihre großen Wundertaten ihre Behauptung bestätigen, dass ihr Herr der Herr der Erde ist. Ferner werden sie entschieden gegen die Sünde und gegen den Götzendienst ihrer Tage zeugen und mit allem Ernst auf die schon erfüllten und noch ausstehenden Gerichte hinweisen, allenthalben zur Umkehr zu Gott auffordern, jedes fromme Scheinwesen bloßstellen, den sittlichen Zerfall Jerusalems mit Sodom und Ägypten vergleichen und vor allen gegen die Lästerungen des allgewaltigen Tieres Stellung nehmen. Und wie man den Propheten ihres Zeugnisses wegen nach dem Leben trachtete, so wird auch nichts unversucht bleiben, diese zwei Zeugen umzubringen.
Die Zeit ihres Auftretens. Es wird nicht in unserer Zeit, im Zeitalter der Gemeinde sein, sondern in der kommenden großen Trübsal. Gott schenkt dann Seinem treuen Überrest diese beiden Männer zur Stärkung, zur Ermunterung und zum Ausharren. Jene Zeit wird gekennzeichnet sein:
Durch schwere Heimsuchungen. Die sieben Siegel und die sechs Posaunen mit den zwei «Wehe» haben uns bis dahin Erschreckendes gezeigt, aber der furchtbare Ausgang, auf welchen die zwei Zeugen hinweisen, steht noch aus.
Durch Massenabfall. Das Geheimnis der Bosheit, das jetzt schon wirksam ist, wird dann offen zutage treten. Der Antichrist und der falsche Prophet werden mittelst ihrer Lügenwunder viele vom Gottesglauben wegleiten hin zur Anbetung des Tieres. Der Großteil Israels wird sogar einen Bund mit dem Tiere machen, welchen der Prophet einen «Bund mit dem Tode und dem Scheol» nennt. Sehen wir nicht heute schon deutliche Anzeichen des allgemeinen Abfalls von Gott und von Seinem Wort? Es ist Zeit, unsere Häupter zu erheben, denn die Erlösung ist nahe.
Ihr Arbeitsfeld. Es wird zunächst Jerusalem sein, jene bevorzugte Stadt, über die der Herr aber weinen musste; jene Stadt, die den Herrn der Herrlichkeit verurteilte und den Kreuzestod billigte; jene Stadt, in welche der Herr Seine Jünger als Zeugen sandte, in welcher sie auch Kraft zum Dienst empfingen (Apg 1,8). Gerade dorthin sendet Gott also Seine letzten zwei Zeugen; denn ihnen folgen vor Seinem Erscheinen in Herrlichkeit keine weiteren mehr. Welch ein Niedergang! Sie stehen am Ort, wo Sünde und Götzendienst ihren Höhepunkt erreicht haben, wo Sodoms Laster daheim sind und dem Tier gehuldigt wird.
Jerusalem, die große Mörderstadt.
Die Stadt eines außergewöhnlichen Verbrechens (Mt 27,26-28).
Der Ort besonderer Schande (Heb 12,2-3).
Die Stadt des Fluches (Gal 3,13).
Die Stätte der Verwerfung (Joh 19,6) und des furchtbaren Todes (Mt 20,18-19).
Wahrlich, kein anziehendes Arbeitsfeld! Lassen wir uns, wenn wir an schwierigen Orten stehen, durch das Beispiel dieser zwei Zeugen ermuntern und ausharren, bis der Herr uns befreit.
Ihre Ausrüstung. Schwer ist ihre Zeit und ungewöhnlich hart ihr Arbeitsfeld, dementsprechend ist aber auch ihre Ausrüstung. Beachten wir:
Ihre Stellung. Sie stehen vor dem Herrn der ganzen Erde. Dieser Gott beigelegte Titel, dein wir zum ersten Mal in Jos 3,11.13 begegnen, sagt uns, dass die hier beschriebenen Ereignisse es mit der Erde zu tun haben.
Ihre Beglaubigung. Als Elia Feuer vom Himmel fallen ließ, schrien alle: «Der Herr ist Gott» (1Kön 19). Die beiden Zeugen weisen sich aber in noch vermehrtem Maße aus.
Ihre eigenartige Verteidigungsmacht. Feuer geht aus ihrem Munde und verzehrt die Gegner. Sie stehen also dank ihrer Ausrüstung unter göttlicher Sicherheit ‑ doch nur solange ihr Zeugnis währt (Vers 7; 2Kön 1,12; Jer 5,14). Ihre Ausrüstung ist der Zeit und den Umständen entsprechend.
Heute bringen wir nicht verzehrendes Feuer für die Feinde des Herrn, wir reichen ihnen vielmehr die Botschaft der Gnade dar und haben den Auftrag, zu leiden, zu dulden und die Gegner zu lieben. Dennoch soll von uns ein Feuer ausgehen ‑ das Feuer der Liebe Christi.