Behandelter Abschnitt
Die lebendigen Wesen
(Kap. 5, 6)
Luther übersetzt die lebendigen Wesen mit T i e r e , doch wirkt dies beim Lesen der Offenbarung irreführend, zumal die zwei Satansgestalten in Kap. 13 auch T i e r e genannt werden. Wir halten uns deshalb an die korrektere Elberfelder Übersetzung.
Die Kapitel 4-5 und weitere der Offenbarung bringen uns mit sehr verschiedenen Engelgruppen in Berührung. Da sind Thronen, Gewalten und Herrschaften. Die lebendigen Wesen, auch Cherubim genannt, sind jedenfalls eine besonders hochstehende Engelgruppe, da sie durchweg in Verbindung mit Jehova vorkommen. Entweder ist Jehova inmitten der Cherubim gegenwärtig, oder sie bilden gleichsam die Unterlage, über welcher Er thront.
Das Aussehen der lebendigen Wesen oder der Cherubim.
Sie sind geflügelte Wesen, manchmal nur mit zwei, andere Male mit vier
und sogar mit sechs Flügeln beschrieben (2. Hose 25, 20;
Ihre symbolische Bedeutung. Da wir die Cherubim oder
die lebendigen Wesen verschiedentlich als Sinnbilder finden, erkennen
wir ihre große Bedeutung. Wir finden sie in der Stiftshütte, auf dem
Vorhang und auf dem Sühndeckel (2. Mose 26. 1; 25, 17. 18). Im
salomonischen Tempel standen zwei riesige Cherubim von je zehn Ellen
Höhe und einer Flügelweite von je fünf Ellen. Unter den Flügeln stand
die Bundeslade (1Kön 6,23 ff.). Auf der Bundeslade selbst waren
nochmals zwei Cherubim. In Verbindung mit der Bundeslade wird Gott d e r
Gott genannt, der unter den Cherubim thront 1Sam 4,4; 2Sam 6,2).
Die verschiedenen symbolischen Darstellungen der Cherubim in Israels
Heiligtum, das bekanntlich ein Abbild der Himmel selbst ist, weisen also
auf ihre wichtige Stellung hin. Und als Hiskia zu d e m Gott betete, der
zwischen den Cherubim thront, erfuhr er eine große Errettung (
Ihre bevorzugte Stellung. Was wir soeben aus der symbolischen Stellung der lebendigen Wesen sahen, beweist, dass sie unmittelbar um den Thron Gottes sind, was auch in Off 4 und 5 deutlich hervortritt. Gemäß ihres Ranges haben sie eine spezielle Aufgabe zu erfüllen, die sie mit keiner andern Engelgruppe teilen. Nach Ps 18,11 sind sie die Träger Gottes, der auf den herrlichen Cherubimwagen erscheint. Hesekiel beschreibt diese Wagen in Einzelheiten (Hes 1. 17; 10, 11).
Die Tätigkeit der lebendigen Wesen (Cherubim). Sie sind Thronhüter. Ohne Unterbruch sind sie tätig und gehen, wohin der Geist sie führt (Hes 1,12). Wir sehen sie überall da, wo Gott Seine Herrlichkeit offenbart, so im Paradies, in der Stiftshütte und im Tempel. Mit ihrer Tätigkeit ist zugleich eine Ehrenstellung verbunden.
Sie werden auch Wächter genannt. Das erste Mal da sie in der Schrift erwähnt werden, bewachen sie das Paradies. Den Auftrag: den Garten zu bewachen, hätte irgend ein Engel erfüllen können, er wird aber den Cherubim übertragen. Weil das Paradies eine Stätte der Gegenwart und Offenbarung Gottes war, konnte nur die höchste Fülle des geschöpflichen Wesens zur Ausübung dieses Auftrags genügen. Gottes Thron war damals offenbar im Paradies, wie er es nach Off 22 im verklärten Paradies sein wird. Auch Daniel nennt die Cherubim Wächter (Dan 4,13.17.23). Da sie voller Augen sind, eignen sie sich besonders für diesen Dienst (Hes 10,12).
Sie sind Anbeter Gottes. Ihre ehrfurchtsvolle, gebeugte Haltung auf dem Sühndeckel bezeugt es uns; denn der Sühndeckel ist auch der Gnadenstuhl um welchen sich die Anbeter versammeln. Nach Off 5 8 leiten sie im Verein mit den vierundzwanzig Ältesten die Anbetung Gottes und des Lammes.
Sie sinnen über die Gedanken Gottes nach. Dies bezeugt wiederum ihre Stellung auf dem Sühndeckel. Darauf wurde das Blut der Sühne gesprengt, welches verkündigte, dass Gott einen Weg der Genugtuung für die Schuld Seines Volkes ersonnen hatte, damit es in den Stand versetzt sei, Gemeinschaft mit Ihm zu pflegen. U n t e r dem Deckel, also i n der Lade selbst, befanden sich die Gesetzestafeln, die Gedanken Gottes, resp. dessen Forderungen. Außerdem war der grünende Stab Aarons in der Lade, der Gottes Bestätigung dafür war, dass Er sich aus Menschen ein Priestervolk erwählt hatte. Alle diese tiefen Geheimnisse und gewiss noch manches andere waren Gegenstand des Sinnens der Cherubim. Auch uns ist das Nachsinnen geboten (Jos 1,8).
Eine weitere Wirksamkeit ist ihr 1 a u t e s Rufen. Tag und Nacht rufen sie dem, der auf dem Throne sitzt, ihr Heilig, Heilig, Heilig zu (Kap. 4, 8). Hier stimmen auch wir mit ein und singen: «Alles, was dich preisen kann, Cherubim und Seraphimen, stimmen dir ein Loblied an, alle Engel, die dir dienen, rufen dir in sel'ger Ruh, heilig, heilig, heilig zu. »
Sie rufen zum Gericht. In den Gesichten des Hesekiel symbolisieren die Cherubim in ihrer ganzen Erscheinung die Gerichte, welche Jehova über Israel, über seine Stadt und über den Tempel herbeiführte (Hes 4 ff.). Sie sind mithin ebensowohl Zeugen der Gnadengegenwart Jehovas als auch der Gerichte, die durch sie vermittelt werden. Nach Off 6, z. 3. 5. 7 sind sie es, die den apokalyptischen Reitern ihr « K o m m » zurufen und so die Endgerichte über diese Erde einleiten und befehlen; denn eines der vier lebendigen Wesen gibt den sieben Zornschalenengeln die letzten furchtbaren Schalen (Kap. 15, 7). Alle bisherigen Gerichte über diese Welt sind nur Vorspiele zu jenen gewaltigen, entscheidenden Endgerichten am Tage des Herrn.