Behandelter Abschnitt Off 1,17-19
Die Wirkung des großen Gesichtes
(Kap. 1, 17-19)
Eingehend und tief ergriffen schildert uns Johannes den ihm erschienenen verherrlichten Christus und lässt uns wissen, wie es ihm dabei ergangen ist. Außergewöhnliches hatte er gesehen, und mit Vorliebe bedient er sich des Wörtleins siehe. Zunächst betrachten wir, wann Johannes dieses Gesicht hatte.
Der Zeitpunkt der Erscheinung. Es war, als er um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses Jesu Christi willen auf Patmos war. Wir haben bereits darauf hingewiesen, wie wichtig die Absonderung ist sowohl zum Wachstum im Glaubensleben als auch um Erlebnisse mit Gott zu machen. Alle wahren Gottesmänner waren stets abgesondert von der Welt. So sonderte Gott Abraham ab, indem Er ihn aus Ur rief und ins Land Kanaan führte, um ihn daselbst Seine Wege wissen zu lassen (1. Mose 12). Dort erschien ihm übrigens auch der Gott der Herrlichkeit (Apg 7,1). Ähnliches tat Gott mit Mose (2. Mose 3). Die Jünger sonderte der Herr von den Netzen ab oder nahm sie vom Zollhause hinweg, um sie zu Menschenfischern zu machen. Zu Paulus sagte der Herr: «Hierzu bin ich dir erschienen, dass ich dich herausnehme aus dem Volke und den Nationen, zu welchen ich dich sende» (Apg 26,17). Wünschen wir also nützlich zu sein für den Herrn und Offenbarungen Gottes zu erleben, so müssen wir uns erst aus Welt, Sünde und aller toten Religion herausnehmen lassen. Johannes war in Wahrheit abgesondert, und so erlebte er Großes.
Die Wirkung dieser gesegneten Erscheinung. Von allen Jüngern des Herrn war Johannes Sein vertrautester. Und da Johannes den Herrn auch nach Seiner Auferstehung wiederholte Male gesehen hatte, möchte man annehmen, dass ihm diese neue Erscheinung große Freude und nicht tiefste Erschütterung und Schrecken bereiten sollte. Bei dieser Erscheinung des Herrn war ihm arg zumute, so dass er bekennen musste: «Ich fiel zu Seinen Füßen wie tot.» Wohl war es derselbe Jesus, an dessen Brust er sich einst lehnte, aber Er erschien ihm hier in so unerwarteter Gestalt. Wir können uns also schon heute ein Bild davon machen, welche Eindrücke wir bekommen werden, wenn unser Leben und unsere Werke vor dem Richterstuhl Christi beurteilt werden. Paulus sagt im Blick auf diesen Tag: «Da wir den Schrecken Gottes kennen, (2Kor 5,11).
Nicht allein Johannes, auch andere machten ähnliche Erfahrungen, als sie den verherrlichten Herrn erblickten. Denken wir an Hesekiel (Kap. 1, 28), an Daniel (Kap. 1, 18; 10, 8-9 und 17-19), an Jesaja, der ein Wehe über sich selbst ausrief (Jes 6), an Hiob, der zusammenbrach und sprach: «Ich verabscheue mich selbst» (Kap. 42). Wenn aber der Gerechte kaum zu stehen vermag, was wird der Gottlose tun? Deshalb sagt Paulus in Verbindung mit dieser Wahrheit: «Wir überreden die Menschen.» Damit will er wohl sagen, angesichts des kommenden Gerichtes predigen wir ihnen: e r n s t h a f t B u ß e z u tun. Beachten wir noch, dass Johannes zu Jesu Füßen niederfiel. Ein glücklicher Ort! Als der Herr Jesus auf Erden weilte, fielen gar manche zu Seinen Füßen nieder, und daran erinnerte Johannes sich noch gut, obwohl mehr als fünfzig Jahre seither vergangen waren. Er wusste, dass der Herr über keinen hinweggeschritten war. Und obgleich der Herr ihm hier in richterlicher Eigenschaft erscheint, so ist er sich doch völlig klar, dass unter dem langen Gewand dasselbe liebevolle Herz allezeit warm für die Seinen schlägt; denn wie Er die Seinen geliebt hat, so liebt Er sie bis ans Ende.
Der liebliche Ausgang dieser Erscheinung. Johannes erfuhr bald, dass Jesus bleibt, was stets Er war (Heb 13,8). Seine Liebe war immer noch gleich herablassend. Beachten wir, was der Herr tat:
Er legte Seine rechte Hand auf Johannes. Es war dieselbe Hand, die die sieben Sterne hielt, dieselbe Hand, die Johannes oft auf Kindern, auf Elenden und Kranken ruhen sah. Keine andere Hand als die für ihn durchgrabene konnte ihn neu beleben. Es war die Hand des guten Hirten, aus der niemand die Seinen reißen kann (Joh 10,28), die Hand des großen Hohenpriesters, die sich segnend über den Seinen erhebt.
Er tröstete ihn. «Fürchte dich nicht!» Wie lieblich! Wenn der Herr sonst nichts gesagt hätte, würden diese drei Worte genügt haben.
Er gab sich Johannes zu erkennen. «Ich bin der Erste und der Letzte, der Lebendige», der Schöpfergott, der die Geschicke der Menschen lenkt.
Er erinnert Johannes an Seinen Opfertod. «Ich war tot.» In diesem Augenblick werden Seine Gedanken unter das Kreuz gewandert sein, wo der Tod im Sieg verschlungen wurde. Größeres ist auf Erden nie geschehen!
Er macht ihn auf Seine Auferstehung aufmerksam. «Ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.» Wer vermöchte die ewigen Ewigkeiten auszurechnen? Herr, wie groß bist Du, und wer sind wir!
Schließlich bezeugt Er dem Johannes Seine allumfassende Macht. «Ich habe die Schlüssel des Todes und des Hades.» Nichts und niemand kann uns mehr von Ihm trennen, kein Feind kann die Seinen festhalten. Und dieser Jesus ist dein und mein Herr! Halleluja!
Eine Osterbotschaft
(Kap. 1, 17-18
Die in Vers 10 genannte, alles durchdringende Stimme und die Hoheitserscheinung dessen, der dem Sohne des Menschen gleicht (Vers 13), hatten Johannes zur Erde niedergeworfen (Vers 1 7 ). Siehe, da legt Er seine rechte Hand auf den furchtsamen Apostel und spricht: «Fürchte dich nicht'.» Diese « Worte richten den zu Tode erschrockenen Johannes wieder auf. Mutvoll erhebt er sich und schaut über alle Gerichte, über allen Zerbruch und Tod hinaus in die aus aller Vergänglichkeit hervortretende neue Erde und den neuen Himmel. In unserm Wort jedoch wollen wir uns mit der fünffachen Benennung, die sich der Herr hier selbst gibt, beschäftigen.
Der Herr sagt hier von sich:
I. Ich bin der Erste und der Letzte.
Ich bin der Lebendige.
Ich war tot.
Ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Ich habe die Schlüssel des Todes und des Hades. Betrachten wir kurz diese Reihenfolge.
Ich hin der Erste und der Letzte. Hier steht der Herr als der Ewige vor uns. Ehe die Berge waren und die Zeit war und die Zeit nicht mehr sein wird, ist Er noch (Spr 8,22-31). Er ist der Erste und der Letzte. Die gewaltigen Geister und Thronwächter, deren Namen in der Welt der Geister Klang und Ruhm haben, kommen erst nach Ihm (Eph 1,21). Es ist sehr beachtenswert, dass der «Ich bin» am Anfang und am Ende der Offenbarung steht (Vers 17 und Kap. 21, 6). Gerade das Buch der Offenbarung lässt uns die Abschlüsse der Wege Gottes sehen, die uns den Untergang (Tod) der ganzen Schöpfung vor Augen führen (Kap. 20, 11). Aber jenseits dieses Todes und Unterganges der ganzen Schöpfung also auf dem Boden einer auferstandenen neuen Schöpfung, steht der Herr in Kap. 21 wieder da als der Erste und der Letzte.
Ich bin der Lebendige. Der Lebendige bedeutet: «Der
Urheber des Lebens» (Apg 3,15). Er ist die Quelle alles Seins (
Ich war tot. Es ist dem Menschengeiste unerklärlich, dass der Lebendige in eine menschliche Gestalt einkehrte. Der Lebendige kam also in den Bereich des Todes und schmeckte denselben (Heb 2,9), löste die Schmerzen des Todes (Apg 2,24) und machte den Tod zunichte (2Tim 1,10) und brachte Leben und Unverweslichkeit ans Licht.
Wie seltsam klingt es, dass Jesus, der das Leben ist, tot war. Dies weist uns auf Seine menschliche Natur hin, die Er uns zugute annahm. Seine göttliche Natur konnte unmöglich sterben, denn Er, der ohne Anfang war, wird auch ohne Ende sein. Der Fürst des Lebens wurde als Mensch getötet (Apg 3,15). Der Herr der Herrlichkeit wurde gekreuzigt (1Kor 2,8; Apg 2,23; Röm 3,25; 8,32). Sein Tod war nötig, damit Er ein Opfer für unsere Sünden werden könnte, denn der Tod ist der Sünde Sold (Röm 6,23). Ohne diesen Tod konnte es, unmöglich Leben für uns geben (Heb 9,22.26). Wäre Er nicht für uns gestorben, dann wären wir noch unter dem Fluch (Gal 3,13). Aber durch Sein Kreuz machte Er Frieden (Kol 1,20). Wie sicher ist nun jeder bußfertige Sünder im Hinblick auf diesen Tod, der uns mit Gott versöhnte (Röm 5,10). Fortan ist keine Verdammnis mehr für die, so in Christo Jesu sind (Röm 8,1), sondern Freude des Heils (Röm 5,11).
Ich bin der Lebendige. Dies ist von Seiner menschlichen Natur gesagt, weil Er derselbe ist, dessen Leib im Grabe lag (Apg 2,32) ; derselbe, der 40 Tage später auffuhr (Apg 1,3.9). Sein gegenwärtiges Leben ist eine der höchsten Herrlichkeiten; denn nach Seiner Himmelfahrt hat Er sich zur Rechten Gottes gesetzt. Denken wir an Seine in Heb 1,3-6 beschriebene Herrlichkeit, und in Heb 2,9; Phil 2,9 ist Er zum Lohn Seiner Todesschmerzen erhoben und hat die höchste Ehre (Heb 1,13). In menschlicher Gestalt und Natur ist Er jetzt lebendig. Als erster hat Er durch Totenauferstehung Licht verbreitet (Apg 26,23).
Ich habe die Schlüssel des Todes und des Hades. Den Schlüssel zum Hause haben, heißt Herr des Hauses sein. In Kap. 3 hat der Herr die Schlüssel Davids. Er beansprucht damit ein großes Reich. Und wenn der Herr Seine Geliebten heimholen wird, dann muss auch der Tod Seine Beute ebenso herausgeben, wie wenn Gott die Gottlosen zum Gericht auferwecken wird. Triumphierend können wir abscheiden, weil Er die Schlüssel hat. Ungläubige hingegen werden zittern müssen.
Der von Ewigkeit zu Ewigkeit Lebende hat die Schlüssel. Er ist Besitzer göttlicher Macht. Der Lebende ist der Herrschende (Ps 110,1). Nach Off 20,11-15 übt Er die letzte Schlüsselgewalt aus, indem Er den Tod und Hades öffnet, die Toten auferstehen lässt und sie in den Feuersee wirft.
Wie hell und machtvoll leuchtet doch dieses Auferstehungslicht! Darum fürchte dich nicht, Johannes. Auch du, lieber Leser, fürchte dich nicht, selbst wenn dich Todesschatten umgeben sollten; denn Er hat gesagt: «Ich lebe, und ihr sollt auch leben, (Joh 14,19).