Behandelter Abschnitt Apg 21,15-26
Wieder in Jerusalem
Paulus und seine Begleiter hatten eben das letzte Stück des Weges von Cäsarea nach Jerusalem zurückgelegt. Auf diesem Wege, der sie am Fuße des Karmel vorbeiführte (und um jene Zeit von Tausenden begangen war, die alle auf das Fest pilgerten) wurden sie an manche Begebenheit aus Israels Geschichte erinnert.
Neue Bekanntschaft. Unterwegs lernte Paulus einen alten Jünger namens Mnason kennen, der ihn und seine Begleiter beherbergte. Es wird weiter nichts über ihn gesagt; er war also kein Prophet wie Agabus, noch war er ein Evangelist wie Philippus, aber einer, der die Heiligen aufnahm, und diesen Dienst schätzt die Schrift besonders.
An ersehnter Stätte. Paulus kannte Jerusalem gut. Hier war er einst zu den Füßen des Gamaliel erzogen worden. Auch die Gemeinde zu Jerusalem war ihm nicht unbekannt, denn er hatte sie einige Male als Abgeordneter anderer Versammlungen besucht. Lukas schildert nun die Vorgänge, wie sie sich nacheinander zugetragen haben. Er sagt: „Als wir aber in Jerusalem angekommen waren, nahmen uns die Brüder freudig auf“ (Vers 17). Des folgenden Tages besuchte Paulus den Jakobus, den leiblichen Bruder des Herrn, der in der Gemeinde eine Säule war. Alle Ältesten kamen ebenfalls in das Haus des Jakobus; denn sie liebten das Werk und freuten sich von Paulus zu hören, was der Herr da und dort durch ihn gewirkt hatte.
Paulus und seine Begleiter werden als erstes die reiche Gabe abgeliefert haben, welche die mazedonischen Versammlungen für die armen Heiligen in Jerusalem gesammelt hatten. Das frühere Mal hatten die Brüder in Jerusalem den Apostel nämlich gebeten: der Armen zu gedenken. Paulus hatte diese Bitte nicht überhört, und kam ihr bereitwillig nach. (Eine Belehrung für uns.)
Missionsberichte. Paulus erzählt nun von der gesegneten, ausgedehnten Arbeit unter den Nationen in verschiedenen Städten und Landschaften. Die ansehnliche Gabe, die er mitbrachte, sprach an und für sich, und war ein Zeugnis von der Liebe jener Brüder zu ihren Mitgläubigen in Jerusalem (Röm 15,25 bis 26; Apg 24,17). Diesem Bericht schloss sich ein Dankgottesdienst an, denn alle lobten Gott über das Gehörte.
Eine peinliche Mitteilung. Nach diesen Segensberichten teilten nun die Ältesten dem Apostel die bösen Verdächtigungen mit, die manche Juden über ihn ausstreuten. Diese Juden warfen Paulus Gesetzesuntreue und Abfall von Mose vor und behaupteten, er sei gegen die Beschneidung. Die Ältesten bedauerten, dass viele Juden falsch über ihn unterrichtet waren. Unwahre Anschuldigungen zurückweisen ist aber in erster Linie Sache derer, die sie hören. So hätten die Ältesten zu Jerusalem sofort energisch für den Apostel eintreten und dafür sorgen sollen, dass der Name des Apostels unangetastet bleibe. Zudem wussten sie ganz genau, dass der Apostel keinen Abfall lehrte, und dass weder Mose noch die Beschneidung, sondern allein das Opfer Christi den Sünder rettet. So verhält sich der Mensch gewöhnlich ,wenn er es mit niemanden verderben will.
Ein mangelhafter Rat (Vers 23). Paulus ging nun auf den Vorschlag der Ältesten ein, nämlich mit noch vier andern Männern ein Gelübde zu erfüllen und für alle die Kosten zu tragen. Diese Handlungsweise sollte alle Juden überzeugen, wie ungerecht ihre falschen Gerüchte über Paulus seien. Kompromisse sind gewöhnlich verwerflich, auch wenn sie noch so gut gemeint sind. Die Ältesten mussten aber bald einsehen, wie sehr sie sich mit ihrem Rat getäuscht hatten.
Zu allem bereit. Sowohl der Herr Jesus als auch Paulus stellten sich anderer wegen unter Dinge, von denen sie selbst frei waren (Mt 17,24 f.). Beide machten sich zum Knechte aller (Lk 22,27; 1Kor 9,19-20). Paulus war den Juden ein Jude, weil er sich so sehr nach ihrer Bekehrung sehnte (Röm 9,3; 10,1), sie ihn aber desto mehr hassten. Seine Liebe wurde nur mit Ketten und Banden beantwortet.
Ein Fehlschlag. Mit der guten Absicht der Ältesten war es nicht getan. Bösartige Juden aus Kleinasien sahen den Apostel am Tage der Erfüllung des Gelübdes im Tempel. Vorher hatten sie ihn mit Trophimus, dem Epheser, in der Stadt gesehen, und dies benützten sie, um Paulus darüber zu verklagen: er habe Griechen (Heiden) in den Tempel gebracht. Sie machten ein großes Geschrei wider den Apostel und legten Hand an ihn. Was ihnen zu wiederholten Malen in Asien nicht gelungen war, erreichten sie unerwartet in Jerusalem. Und hätte der Oberste der römischen Tempelwache nicht eingegriffen, so hätten sie Paulus ermordet. Die Auswirkung dieser ganzen Sache des Gelübdes war nun eine jahrelange Gefangenschaft, zuerst in Jerusalem, dann in Cäsarea und schließlich in Rom (Vers 33; Apg 27 und 28).
Es sei noch bemerkt, dass sich im Leben und Dienste des Apostels eine Anzahl Parallelen zum Leben und Dienste seines Herrn finden.
Der Herr richtete sein Angesicht nach Jerusalem, und so auch Paulus (Lk 9,51; Apg 20,22; 21,13).
Der Herr wurde in Jerusalem gefangen genommen, und so auch Paulus (Mt 26,50; Apg 21,11).
Beim Herrn und bei Paulus schrien die Juden: < Hinweg mit diesem» (Lk 23,18; Apg 21,36; 22,22).
Paulus war als Diener Gottes ein Mann des Friedens unter Brüdern (Apg 21,18-26), ein Mann der Ruhe im Lärm der Feinde (Vers 27-36), ein Mann der Geduld in Schlägen (Vers 32) und ein Mann der Weisheit im Verkehr mit der Welt (Vers 37).