Aquila und Priscilla
Aquila und Priscilla treten uns in verschiedenen Schriftabschnitten entgegen. Alles was von diesem gottgeweihten Ehepaar gesagt wird, spricht nur von ihrer Liebe, Treue, Güte, Hingabe und Aufopferung für den Herrn und dessen Werk. ,Wir wollen uns nun etwas mit ihnen beschäftigen und vor allem von ihnen lernen.
Ihre Herkunft. Sie waren Juden, gebürtig von Pontus, wohnten aber später in Rom. Während der Zeit ihres dortigen Aufenthaltes erließ Klaudius ein Gesetz, wonach alle Juden Rom verlassen mussten. Also mussten auch Aquila und Priscilla auswandern. Sie zogen nach Korinth, wo sie ihr Handwerk als Zeltmacher betrieben. Israel hatte damals (wie auch heute noch) keine bleibende Stadt. Durch alle Zeiten hindurch hat sich die Weissagung an ihre Väter erfüllt, dass sie in alle Länder vertrieben, nirgends Ruhe finden würden. Der Prophet redet von „Treibern“, die wider die Juden auftreten werden. Einer der Treiber war Klaudius. Israel wird so lange Treiber haben, bis es endlich zurück zum Herrn gekehrt sein wird. Hernach wird es in dem ihm verheißenen Lande Ruhe finden (Jes 9,4; Sach 9,8). In der Landesverweisung lag Gottes unsichtbare Hand über Aquila und seinem Weibe. In großen Nöten sehen wir oft nur das Schwere, nicht aber die Hand Gottes, die alles herrlich hinausführt.
Ihre Bekehrung. Man kann nicht genau feststellen, wo und wann dieselbe stattfand. Manche Schriftausleger nehmen an, Aquila und Priscilla seien an jenem ereignisreichen Pfingsttage in Jerusalem gewesen und dann mit den Vielen zur Bekehrung gekommen. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich erst in Korinth bekehrt haben. Paulus kam zu ihnen und suchte Arbeit. Wären sie damals schon bekehrt gewesen, so hätten sie nach unserm Dafürhalten den Diener Gottes als Gast und nicht als angestellten A r b e i t e r aufgenommen (3Joh 5-8). Paulus, der bei ihnen Unterkunft fand, wird ihnen bald den eigentlichen Grund seines Aufenthaltes in Korinth .mitgeteilt haben. Da sie gleichen Handwerks und gleicher Abstammung waren, war ohnehin schon eine gewisse Verbundenheit vorhanden. Und ohne allen Zweifel hat der Apostel seinen Meistersleuten in der Werkstatt den Weg des Heils ausgelegt.
Ihr Dienst für den Herrn. Wie die Thessalonicher, so hatten auch Aquila und Priscilla sich zu Gott bekehrt, um Ihm zu dienen (1Thes 1,9). Jedes Kind Gottes steht im Dienste Gottes vom ersten Tage seiner Bekehrung an (Phil 1,5). Dies sehen wir bei Paulus selbst, desgleichen bei Lydia, beim Kerkermeister und nun auch bei diesem Ehepaar. Ihr Dienst bestand in:
G a s t f r e u n d s c h a f t . Sie nahmen Paulus auf und werden ihm manche Erleichterung gewährt haben, trotzdem er darauf bestand, sich sein Brot mit seiner Hände Arbeit zu verdienen. Kurz darauf nahmen sie Apollos auf (Vers 26). Wie weitgehend sie mit ihrer Gastfreundschaft dienten, ersehen wir daraus, dass sie mit Paulus nach Ephesus zogen und ihm auch dort Unterkunft boten. Den Wohnort einem Knechte Gottes zuliebe zu wechseln, um ihm ein Heim bieten zu können, erreicht gewiss den Höhepunkt der Gastfreundschaft. Wie viele Gläubige vernachlässigen diesen gesegneten Dienst wegen den Kosten und der Unbequemlichkeit. Sie vergessen den hohen Wert, den die Schrift diesem Dienste beimisst, und gehen vor allem des großen Lohnes am Tage der Vergeltung verlustig. Es möchte doch wahrlich kein Gläubiger durch sein Verhalten den Herrn selbst aus seinem Heim ausschließen (Mt 25,44-45).
Aufnahme der Gemeinde Gottes in ihr Haus. Auf diese Tatsache weist Paulus zweimal hin (Röm 16,5; 1Kor 16,19). Die Anfänge der verschiedenen Gemeinden waren oft nur klein; und da Aquila als Zeltfabrikant größere Räume benötigte, wird er diese für Versammlungszwecke zur Verfügung gestellt haben.
Belehrung durch das Wort Gottes. Bei diesem Ehepaar versammelte man sich und dort wurde auch Suchenden gedient. Als Beweis dient uns Apollos. Sie nahmen diesen fähigen Mann auf und zeigten ihm den Weg Gottes noch näher; denn trotzdem er sehr bewandert und mächtig in der Schrift war, kannte er doch nur die Taufe des Johannes. Aquila und Priscilla dienten ihm, und so wurde aus diesem Manne ein sehr brauchbares Werkzeug für den Herrn.
Sechsmal redet die Schrift von diesem Ehepaar, und zwar wird der Name der Priscilla dreimal vor demjenigen ihres Mannes erwähnt (Apg 18,18; Röm 16,3; z. Tim. 4, 19). Dies lässt darauf schließen, dass sie eine wahre Mutter in Israel war; eine Lehrerin des Guten, wie Paulus die älteren Frauen nennt (Tit 2,3-4). In ihrem Hause wurden Sünder überführt, Irrende zurechtgebracht, Tränen getrocknet und heilige Hände aufgehoben. Möge der Herr Seiner Gemeinde überall solche Helferinnen schenken!
Ein letzter Gruß. Das Abscheiden des Apostels war nahe (2Tim 4,6). Noch einmal ergriff er die Feder, um an seinen geliebten Timotheus zu schreiben. Zugleich sandte er einen letzten Gruß an dieses bewährte Ehepaar (2Tim 4,19). Paulus sah die gefahrvollen Zeiten kommen, auf welche er den treuen Timotheus aufmerksam machte. Manche Nachfolger Christi waren lau und untreu geworden. So hatte Demas die Welt wieder lieb gewonnen (2Tim 1,15), aber Aquila und Priscilla standen fest wie ein Felsen im Meer. Nur zwei Grüße hat Paulus in seinem zweiten Brief an Timotheus aufgetragen; davon galt einer seinen unvergesslichen Freunden. Was mag bei diesem Gedenken alles vor den Augen des Apostels gestanden haben? ‑ Zwischen seinem ersten Anklopfen an ihrer Türe in Korinth und .dem Tage, da er diesen letzten Gruß an sie sandte, lagen unzählige Stunden inniger Gemeinschaft. Wie oft wird er ihretwegen Gott gepriesen haben. ‑ Und so wie die Geschichte dieses Ehepaares geschrieben ist, so ist auch deine und meine aufgezeichnet. Welche Liebeswerke werden dann offenbar werden?
Ein bleibendes Denkmal (Röm 16,3-5). Paulus, der im Römerbrief Grüße an Aquila und Priscilla sendet, nennt sie seine Mitarbeiter. Die Frau war also auch fleißig bei der Sache. Nun waren sie wieder in Rom. In Vers 4 nimmt der Apostel noch Bezug auf eine große, im übrigen unbekannte Tat von Aquila und Priscilla, die ihnen ein bleibendes Denkmal in den Herzen der Gläubigen und in der Schrift setzte. Dort heißt es nämlich: dass sie ihren Hals für Paulus hingelegt haben, wofür sowohl er als auch alle Gemeinden sehr dankbar waren. Die Gegner stellten offenbar dem Leben des Apostels nach ‑ und siehe, da legten diese zwei Gläubigen ihren Hals für Paulus hin. Sie verwirklichten buchstäblich 1Joh 3,16. Und da sie das Leben des Apostels als für viel wertvoller erachteten denn das ihrige, opferten sie sich für ihn. Möchte doch jedes christliche Ehepaar sich fragen, ob sie ihr Herz und Heim dem Herrn ebenso zur Verfügung stellen, wie Aquila und Priscilla es getan haben, und welchen weiteren Anteil sie am Werke des Herrn nehmen.