Behandelter Abschnitt Apg 17,22-31
Paulus auf dem Areopag
Mit Freuden wird der Apostel die günstige Gelegenheit begrüßt haben, auf dem Areopag der großen Volksmenge das Evangelium zu verkündigen. Seine Rede ist zunächst nicht ein Sturmlaufen gegen den Götzendienst, der ihn geradezu niederdrückte, sondern eine rein sachliche Belehrung über das Dasein eines lebendigen Gottes und das Zukurzkommen der Menschheit Ihm gegenüber. Schließlich zeigte er ihnen den Weg zurück durch Buße und Glauben.
Die höfliche Anrede. „Ihr Männer von Athen.“ Paulus sprach sie nicht als Götzendiener an. Er versuchte sie zu gewinnen, indem er auf mancherlei Eindrücke hinwies, die er bei der Besichtigung der Stadt bekommen hatte. Bezugnehmend auf die vielen Götzenbilder und auf den Altar mit der Inschrift: „Dem unbekannten Gott“, den Paulus beim Durchwandern der Stadt entdeckt hatte, stellte er ihnen das Zeugnis aus, dass sie auf jeden Fall sehr religiöse Leute seien. Dies war eine höfliche und zugleich sehr weise Anrede. Wer anderer Religion antastet, greift gewöhnlich in ein Wespennest und erreicht nichts dabei. Paulus gibt uns hier ein praktisches Beispiel darüber: wie wir denen am besten dienen können, die wir aus dem Irrtum herausführen möchten. Durch klare Belege aus der Schrift sollen wir sie vom Dasein Gottes und von der Stellung des Menschen zu Gott überführen. Das tat Paulus hier in sehr geschickter Weise, indem er seinen Zuhörern zurief: „Eben diesen unbekannten Gott, den ihr verehret, diesen verkündige ich euch.“ Mit dieser gutgewählten Einleitung hatte er das Interesse seiner Zuhörer gewonnen. Wollen wir Menschen für Gott gewinnen, so müssen wir uns möglichst für das interessieren, was ihnen wichtig und wert ist. Spurgeon sagte einst: wollt ihr die Mütter gewinnen, dann interessiert euch zuerst für ihre Kinder, und am Ende gewinnt ihr beide.
Was Paulus von diesem unbekannten Gott sagte:
Er nennt Gott den Schöpfer aller Dinge (Vers 24). Der Apostel geht also sehr weise vom Sichtbaren aus und bezeichnet diesen, ihnen unbekannten Gott, als Herrn des Himmels und der Erde (1. Mose 1,1; Mt 11,25). Der Himmel ist Sein Stuhl und die Erde Seiner Füße Schemel (Jes 66,1; Apg 7,49). Da nun das ganze Universum Sein Eigentum ist, kann Er nicht in Tempeln von Menschenhänden erbaut, Raum haben, noch bedarf Er etwas von Menschen. Damit sagte Paulus ganz folgerichtig und was allen einleuchten musste, dass ihre vielen Altäre ganz nutzlos seien. Unverletzend widerlegte er den Götzendienst, und wenn die Zuhörer aufmerken wollten, mussten sie ihren Irrweg erkennen.
Ferner hebt der Apostel diesen unbekannten Gott als Urheber und
Erhalter des Lebens hervor (Ps 104,14,15,27,28; 145,15;
Der Gott, den Paulus verkündigte, ist auch ein persönlicher Gott. Er ist jedem einzelnen Menschen gleich nahe. Diesen, ihnen bis dahin unbekannten Gott, sollen sie nun suchen und Ihm dienen. Alle mussten erkennen und zugeben, dass der von Paulus verkündigte Gott nicht einem goldenen, silbernen oder steinernen Bilde menschlicher Kunst gleich sei.
Der große Befehl. Wenn dieser unbekannte Gott wirklich der allein wahre Gott ist, so hat Er das Recht zu befehlen. Doch was befiehlt Er? Buße zu tun! Bis dahin waren die Athener über diesen Gott und dessen Forderungen an den Menschen in Unwissenheit; jetzt aber, nachdem Paulus ihnen die Augen geöffnet und sie von der Verkehrtheit ihres bisherigen Weges überführt hatte, forderte er sie zur Umkehr, zur Buße auf. Sie mussten einsehen, dass sie, die sich für so weise hielten, zu Narren wurden (Röm 1,22). Die Weisheit dieser Welt hat Gott noch nie erkannt (1Kor 1,21). Paulus wandte sich an ihr überführtes Gewissen und belehrte sie zugleich, dass eine neue, verantwortungsvolle Zeit für sie begonnen habe. Buße tun wurde fortan zu einer Pflicht, zu einem Gebot. Paulus hatte ihnen die Nichtigkeit ihrer Götter vor Augen geführt und ihnen gezeigt, dass sie schuldig seien, diesem einen wahren Gott und Seinem Sohn, Jesum Christum, zu huldigen. Schließlich erinnert sie der Apostel daran, dass dieser Gott sie vor Gericht fordern werde. Dies war ein Grund mehr, umzukehren, sich vor diesem Gott zu demütigen und Ihm die Ehre zu geben, zumal Er allen durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten den Beweis Seiner Allmacht gegeben hat.
Die Wirkung der Rede. Sie war eine dreifache:
Etliche glaubten (Vers 34). Der Dienst war also nicht umsonst. Als Paulus den Areopag verließ, werden sie ihn umringt und um das Weitere dieses neuen Weges befragt haben. Das muss für Paulus eine große Befriedigung gewesen sein.
Andere zögerten . Das waren die, die man überall trifft, die zwar überzeugt sind, aber den Weg nicht gehen wollen, die Schmach fürchten, oder wie ein Felix, die Sünde nicht aufgeben. Dieses Zögern ist höchst gefährlich und führt meistens zurück zur Welt.
Und einige spotteten. Paulus sprach unter anderem von Totenauferstehung, was die Epikureer gewiss verhöhnt haben werden. Sie zogen vor, weiter an ihre steinernen Götter zu glauben, weil auf diese Weise jeder nach seiner Fasson selig werden konnte. Und wo immer das Evangelium verkündigt wird, wird auch in unsern Tagen entweder geglaubt, gezögert oder gespottet. Die Menschen haben sich seither keineswegs geändert.