Behandelter Abschnitt Apg 11,27-30
Agabus
Agabus gehört zu jenen Personen der Apostelgeschichte, die, wie Ananias, Stephanus oder Philippus ein bis zwei Mal genannt werden, dann aber unbeachtet bleiben. Nicht dass sie etwa untätig gewesen wären, keineswegs! sondern ihres Dienstes wird erst am Tage Jesu Christi gedacht werden. Gläubige werden an jenem Tage nicht deshalb belohnt, weil allerlei Berichte über sie geschrieben wurden, und sie Erfolg nach außen hatten, sondern weil sie treu erfunden wurden.
Propheten. Agabus wird ein Prophet genannt. Propheten sind in der Geschichte schon sehr früh anzutreffen. Der erstgenannte im Alten Testament ist Henoch, der siebente von Adam, der weissagte (Jud 14). Auch Noah und Abraham zählten unter die Propheten (1. Mose 20,7). Propheten waren Offenbarungsempfänger und Vermittler göttlicher Wahrheiten, also Sprecher Gottes. Die bedeutendsten Männer unter den Propheten waren Mose und Elias. Ihre Aufgaben waren sehr verschieden. Sie hatten zu belehren, zu strafen, Gerichte anzukünden, Zukünftiges vorher zu sagen u. a. m. Sie waren die Vertrauten Gottes, die Er in Sein Vorhaben hineinschauen ließ (Amos 3,7) und ihnen Sein Wort anvertraute (Jer 1,9; 15,9). Der letzte Prophet des Alten Bundes, obwohl er im Neuen Testament genannt wird, ist „Johannes der Täufer“. Mit ihm gelangte das Prophetentum zur höchsten Vollendung. Auch im Neuen Testament werden Propheten genannt. Der größte ist der Herr selbst, der mehr als ein Prophet ist (Mt 12,41). Die Schrift berichtet die tiefen Eindrücke, die der Herr gerade als Prophet hinterlassen hat (Mt 16,14; 21,11; Lk 7,16; 24,19; Joh 3,2). Ein weiterer mächtiger Prophet war zweifellos Paulus.
Auch die apostolische Gemeinde hatte ihre Propheten. Während
Zwei Weissagungen. Agabus wird nur zweimal genannt und beide Male sagte er schwere kommende Ereignisse voraus. Hier zeigte er als erste Weissagung eine große Hungersnot an, die in der Folge über das römische Reich, besonders aber über Palästina kam. Das Land Kanaan ist öfters durch Hungersnöte heimgesucht worden. Die erste wird erwähnt in 1. Mose 12. Sie war eine Glaubensprüfung, in der Abraham unterlag. Isaak ging durch eine ähnliche Not (1. Mose 26). Die bekannteste der Hungersnöte ist die von Josef angezeigte (1. Mose 37; 41). In der späteren Geschichte Israels begegnen wir wiederholt Hungersnöten, deren größte wohl die in den Tagen der Propheten Elia und Elisa waren. Hungersnöte waren eine der Strafen Gottes über Israel in Fällen von Untreue. Weil Israel keinen Hunger nach Gottes Wort hatte, ließ Gott sie auch äußerlich darben. Die Hungersnot, die Agabus geweissagt hat, ließ nicht lange auf sich warten.
Die zweite Weissagung des Agabus war jene, als er den Gürtel des Apostels Paulus nahm, sich damit band und sagte: „Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden also binden und den Nationen überliefern“ (Kap. 21, 10-12). Diese Weissagung des Agabus hat sich nur wenige Tage später erfüllt, als Paulus nach Jerusalem kam und dort gebunden und schließlich als Gefangener nach Cäsarea und Rom gebracht wurde.
Weitere Aufgaben. Agabus war einer von jenen Propheten, die von Jerusalem nach Antiochien gekommen waren und dort in der Gemeinde dienten. Ihre Tätigkeit bestand aber nicht ausschließlich in Diensten, wie ihn hier Agabus tat, trotzdem sie viel Licht über prophetische Wahrheiten besaßen, sondern in der Verkündigung des Wortes Gottes im allgemeinen. Der Herr hat auch in unserer Zeit der Gemeinde Männer gegeben, die besonderen Einblick in das Wort der Weissagung besitzen, um Gottes Absichten über die Gemeinde, Israel und die Völkerwelt anzuzeigen.
Ein schöner Entschluss. Gott offenbart Wahrheiten, dass wir auf sie eingehen und zukünftige Dinge, dass wir auf sie achten. Das taten jene Gläubigen. Gleich nach dem Bekanntwerden der Weissagung des Agabus haben die Gemeinden für die bedürftigen Heiligen in Jerusalem Gaben gesammelt, die Paulus und Silas alsdann nach Jerusalem brachten, um den Armen damit zu helfen. Es wurden wirklich große Opfer gebracht. Es ist auch wunderbar, dass der Heilige Geist die Hungersnot so früh anzeigte, damit schon im voraus gesammelt werden konnte. Jeder beteiligte sich nach Vermögen (1Kor 16,2; 2Kor 8,12). Die praktische Seite des Glaubenslebens ist die tätige Liebe; sie ist bereit zu opfern. Die Frucht des Geistes ist Liebe. Der Glaube ohne Werke ist tot.
In Psalm 25,14, steht geschrieben, dass das Geheimnis des Herrn für die ist, die Ihn fürchten (5. Mose 29,29). Agabus sah die Hungersnot voraus. Möchte das Wort der Weissagung und das Geheimnis des Herrn auch mit uns sein! In Off 1,1 erhalten Knechte Gottes die Zusicherung, dass der Herr ihnen zeigen will, was bald geschehen soll. Diese Erkenntnis ist nur möglich durch innigen Umgang mit Gott, ohne welchen wir nicht einmal das Geheimnis des Evangeliums (Eph 6,19,20) verkündigen können, geschweige denn die göttlichen Zukunftsabsichten. Paulus war, was seinen Dienst betraf, mit großer Besorgnis erfüllt und bat um Fürbitte, damit er stets Freimütigkeit habe, das Geheimnis des Evangeliums zu verkündigen.