Segenszeiten
Die Gemeinde des Herrn hatte sehr stürmische Zeiten hinter sich. Verschiedene schiere Verfolgungen waren ausgebrochen. Die schwerste war jene, die mit der Steinigung des Stephanus begann. Paulus tat sich dabei besonders hervor. Er verwüstete nicht allein die Gemeinde in Jerusalem, indem er der Reihe nach in die Häuser eindrang, Männer und Frauen band und sie in Gefängnisse warf, sondern er trieb dieses Werk bis in die ausländischen Städte. Der Anfang dieses Kapitels belehrt uns jedoch, dass dieser Verfolger ein Gottesknecht und der fruchtbarste Prediger der Gemeinde wurde. Gott hat den Sinn des Anführers der Verfolgung, Saulus, geändert und ihn zu Seinem besonderen Werkzeug ausersehen. Die Feinde Christi sahen ihre große Niederlage, in dem ihnen Saulus entrissen wurde. und obgleich sie ihm ständig nach dem Leben trachteten, hatte doch die Gemeinde weiterhin Ruhe. Außerdem stellte der Kaiser Caligula in jenen Tagen ein Götzenbild in den Tempel und zwang die Juden zur Anbetung desselben. Diese Dinge lenkten die Juden von der Verfolgung der Jünger Jesu ab und somit traten ruhigere Zeiten für die Gemeinde ein. Zwar sollte diese Ruhezeit auch nur von kurzer Dauer sein. Bald legte Herodes die Hand an die Gemeinde und ein neuer, heftiger Sturm brach los (Kapitel 12). Die Zwischenzeit ließen die Gläubigen nicht tatenlos vorbeigehen; sie benützten sie vielmehr zum inneren Ausbau sowie zur Verkündigung des Evangeliums. Fünf Dinge werden in diesem Wort von den Gemeinden gesagt und wir wollen sie der Reihe nach betrachten.
Die Gemeinden hatten Frieden. Was ist eine lokale Gemeinde als solche.? Sie ist eine Körperschaft von wiedergeborenen Menschen, die sich im Namen Jesu versammeln. Sie ist wohl auch ein Tempel, ein Haus, zwar nicht mit Händen gemacht, sondern aus lebendigen Steinen bestehend (1Pet 2,5). Gewaltige Stürme waren über die lokalen Gemeinden gegangen, aber die Pforten der Hölle vermochten sie nicht zu überwältigen. Endlich kehrte die ersehnte Ruhe ein und diese benützten die Gläubigen zu fleißiger Arbeit für den Herrn. Ruhige Zeiten sollen Arbeitszeiten sein. Die Friedenszeit einer Nation wird zu ihrem inneren Aufbau benützt. Und so haben jene Gemeinden die stille Zeit zur inneren Festigung reichlich ausgenützt.
Die Gemeinden wurden erbaut. Sturmzeiten bringen oft verborgene Kräfte an den Tag. Die tüchtigsten Soldaten werden in Kriegszeiten offenbar wie die bedeutendsten Staatsmänner in Zeiten der Unruhe. Gleicherweise sind aus den Christenverfolgungen Männer wie Paulus herausgewachsen. Wir sahen bereits, dass die Gemeinde mit einem geistlichen Hause verglichen wird (Eph 2,22). Ein Haus muss ausgebaut, wohnlich gemacht werden und das erst recht, wenn es sich um jenes Gebäude handelt, das „die Behausung Gottes im Geiste“ sein soll. Das Ausbauen des geistlichen Hauses geschieht durch den Heiligen Geist und durch das Wort Gottes. Das gesunde Fundament war gelegt, nämlich „Christus“. Auf dieser Grundlage wurde nun weiter auf‑ und ausgebaut. Aufbau ist an anderer Stelle mit Wachstum verglichen, und in der Gemeinde war Zunahme im Glauben, in Erkenntnis und Liebe.
Die Gemeinden wandelten in der Furcht Gottes. Gottesfurcht hat mit Heiligkeit zu tun. Die Harfenspieler am gläsernen Meer singen: «Wer sollte dich nicht fürchten, denn du allein bist heilig. Heiligkeit ist die Zierde des Hauses Gottes» (Ps 93,5). Gottesfurcht drückt sich aus im Hassen der Sünde und in inniger Liebe zum Herrn. Wie könnte wahre Gottesfurcht diese Heiligkeit verletzen, oder diese Liebe betrüben (1. Per. 1, 16-17). Gottesfurcht beeinflusst auch die Welt (1Pet 1,11-12; Phil 2,14-16). Gottesfurcht ist nicht ein Sichfürchten oder ‑verstecken, sondern vielmehr Ehrfurcht vor Gott. Wahre Gottesfürchtige loben den Herrn (Ps 119,74; 135,20) und vertrauen auf Ihn (Ps 115,11). Sie sind die wirklich Frommen (Jes 66,2, 5).
Die Gemeinden hatten den Trost des Heiligen Geistes. Trost folgt in der Regel auf Traurigkeit. Unendlich viel Trauriges war über die Gemeinden gegangen. Manch frühzeitiges Grab musste gegraben werden. Nun wischte der Herr sozusagen durch den Trost des Heiligen Geistes alle Tränen ab. Die Gläubigen wurden erfreut, und das Wirken des Heiligen Geistes, der in ihrer Mitte allen spürbar nahe war, belebte sie.
Der Trost des Heiligen Geistes macht sich auch meistens nach Erkenntnis der Sünden spürbar. Wo Sünde im Lichte des Wortes Gottes gerichtet wird, ermuntert der Heilige Geist den Gedemütigten und richtet ihn auf, indem Er ihn in die tiefen Wunden Christi, durch die er heil geworden, hineinschauen lässt.
Die Gemeinden wurden vermehrt. Eine geheiligte Gemeinde wird auch stets eine fruchtbare, wachsende, zunehmende Gemeinde sein, und w o nach innen Heiligkeit ist, fehlt es nicht an Wachstum nach außen. Wir sehen hier eine enge Verbindung zwischen Erbauung, Gottesfurcht und auch Vermehrung. Wahre Gottseligkeit der Glieder einer Gemeinde ist die Vorbedingung zu fruchtbarem Wachstum. Die Gemeinden waren mächtig und tätig, ja selbst durch die Verfolgungen hindurch breiteten sie sich mehr und mehr aus (Apg 8,4). Durch die Tätigkeit des einzelnen Gläubigen wurden neue Steine zu diesem geistlichen Tempel hinzugefügt. Bald wird dieser herrliche Bau vollendet sein und der Herr des Hauses wird selbst zu Seinem Tempel kommen. Möchte die Vollzahl aus den Nationen doch bald eingegangen sein, wie sich der Apostel in einem andern Wort ausdrückt, damit der Abschluss erfolgen kann, nämlich die Heimholung der Gläubigen ins Vaterhaus (Röm 11,25).