Behandelter Abschnitt Joh 19,3.4
Ein schmählicher Verrat (Joh 19,3.4)
Verrat ist leider etwas Alltägliches. Er beginnt schon bei Kindern, Lehrern und andern gegenüber, sowie zwischen Nachbarn und Völkern. In 1. Samuel 22,18 wird der Verrat des Doeg genannt, dem 85 Priester zum Opfer fielen. Der Verrat des Judas aber ist die schlimmste Tat der menschlichen Geschichte. Das geht auch aus Johannes 19,11 hervor. Pilatus wusste, dass der Herr unschuldig war, dennoch verurteilt er Jesum zur unerträglichen Geißelung und zum schmachvollen Kreuzestode. Der Herr aber sagte zu ihm, der, der Mich dir überliefert hat (Judas) hat größere Schuld. In Johannes 17,12 nennt der Herr Judas den Sohn des Verderbens.
Der Charakter des Judas. Judas war unter den Frommen, aber niemals von neuem geboren (Joh 13,11). Er verbarg seine Heuchelei, dass sie keiner der Jünger entdeckte (Vers 27-30). Der Herr nannte ihn einen Dieb und trotzdem vertraute Er ihm die Kasse an. Jesus gab ihm die Gelegenheit ehrlich zu werden. Der Herr kannte den Judas von Anfang an. Als Jesus die Jünger ausschickte, das Wort zu verkündigen, zu heilen, ja selbst Teufel auszutreiben, war Judas dabei. Andern trieb er die Teufel aus, aber nicht den, der in ihm war, der Teufel Geiz (Mt 7,21-23).
Seine Vorrechte. Sie waren mannigfaltig, ja unvergleichlich. Er war vom Herrn erwählt (Mt 10). Judas hätte zu denen gehören dürfen, deren Namen auf den Grundfesten des neuen Jerusalem stehen (Off 21,11). Er war vom Herrn in Seinen Dienst gerufen (Mk 3,13-18). Nun aber ist er beim Satan und seinen Engeln. Judas sah die größten Zeichen und Wunder (Mt 11,4.5). Er hörte die gewaltigsten Reden, denen selbst Feinde nicht zu widerstehen vermochten (Joh 7,48; Mt 7,28.29). Er hörte Worte des Trostes wie „weine nicht“. Worte der Allmacht „Lazarus komm heraus“, erlebte die Stillung des Sturmes. Ferner hörte er Worte des Mitleides und des Erbarmens so vielen gegenüber. Trotz vieler Mahnungen und Vorrechte verharrte er in seiner Gebundenheit, Geiz, Geldliebe, und wählte damit den Weg zur schrecklichsten Ewigkeit. Jedermann sollte sich fragen, habe ich mich von meinen Gebundenheiten lösen lassen, und was mache ich mit Jesus. Ist Er mein Herr und Gebieter?
Ein schmutziges Geschäft. Solche werden täglich in der Welt getätigt, aber keins kommt dem des Judas gleich. Judas ging zu den Hohenpriestern und bot ihnen den Herrn zum Verkauf an. Diese boten ihm 30 Silberlinge. Das war der Preis eines Sklaven (2. Mose 21. 32). Der gebundene Judas verkaufte den einzig Freien. Den, der gesagt hat: „Welchen der Sohn frei macht, der ist recht frei.“
Was gewann Judas dabei? Für den Augenblick 30 Silberlinge, zugleich aber den schimpflichen Namen Verräter. Ansehen bei der Welt und bei den Hohenpriestern. Was gewann er noch? die Hölle.
Was verlor er? Das ewige Heil (Heb 2,3). Das vom Herrn verheißene Vaterhaus (Joh 14,2.3), die Herrlichkeit, die der Herr für die Seinen erflehte (Joh 17,24). Er verlor auch das erworbene Geld, er selbst warf es in den Tempel und erwarb sich damit ein hässliches Denkmal, den Blutacker (Mt 27,3-10). Nicht nur Judas damals, sondern viele verkaufen den Herrn. Zum Beispiel Herodes verkaufte Ihn einer Ehebrecherin wegen. Pilatus wegen der Freundschaft (Joh 19,12). Andere, wie jener Oberste, um der Entbehrungen wegen, die es gilt, um Jesu willen zu erdulden (Mt 8,20) usw.
Der Verrat. Judas benützte für seine niedrige Tat den Ruß, der sonst das Zeichen innigster Zuneigung ist, was selbst den Herrn erstaunte (Mt 28,48-50). Dabei hat der Herr gewiss an Psalm 55 denken müssen, der auf diese Begebenheit deutet (Vers 11). Schaden tun und Trug ist in ihrer Mitte (Lies Vers 12.). „Nicht ein Feind ist es, der mich höhnt, nicht mein Hasser ist es“ (Vers 13), sondern ein Mensch meinesgleichen, mein Freund und mein Vertrauter. Die wir trauten Umgang miteinander hatten, ins Haus Gottes wandelten mit der Menge. Der Herr nannte auch noch hier Judas „Freund“ genau so wie David es weissagte. Wie oft hat das Judas erlebt, dass er mit dem Herrn in den Tempel ging. Wer kann sich den Schmerz des Herrn vorstellen, als Judas ihn küsste und sagte: Freund, warum bist du gekommen? Du, der du mit mir gegessen und getrunken hast.
Seine Reue (.Mt 27,3). Als Judas sah, was geschah, reute es ihn. Er musste zusehen wie Der, von dem er wusste wie heiß Er ihn liebte, geschlagen, bespieen und verhöhnt wurde, das tat ihm doch leid. Wie viele bereute er die Folgen der Sünde, nicht aber die Sünde selbst, in der er schon so lange verharrte. Es war nicht jene Traurigkeit, die Paulus nennt, denn die göttliche Traurigkeit gereicht zu neuem Leben. Der Ausspruch: „Ich habe gesündigt“, war derselbe wie ihn Pharao tat, der aber bald nach Erleichterung der Plage in seiner Sünde fortfuhr. Auch Bileam sagte das gleiche Bekenntnis, ebenso der König Saul, der aber gleich danach den David aufs neue verfolgte. Auch Achan bekannte, ich habe gesündigt. Und was war das Ende all dieser Männer, die bekannten, ich habe gesündigt, das Gericht, der Tod. In Psalm 55 bittet der Herr: „Der Tod überrasche sie.“ Er überraschte den Judas noch vor dem Herrn. Judas ging hin und erhängte sich. Nebenbei ist beachtenswert, dalli König Saul, der den David verriet, sich selbst umbrachte wie später Judas.