Welchen wollt ihr (Joh 18,40)
Diese Frage stellte Pilatus dem Volke Israel damals, und sie gilt allen Menschen zu allen Zeiten. Es ist unfasslich, dass Israel den Barabbas, einen Mörder, wählte und Christus verwarf. Aber wählen die meisten Menschen nicht genau wie Israel? In Jesus ist das Angebot ewigen Lebens, in Barabbas das des Mörders von Anfang. Der Eine ist der Repräsentant des Lebens, des Himmels, der andere derjenige des Todes, der Hölle. Ist es möglich, letzteren zu wühlen? Israel tat es, und du?
Israel wusste genau, wen es vor sich hatte. Einen, den keiner einer Sünde zeihen konnte. Das Volk wusste, dass Er, mit Vollmacht ausgerüstet, unter ihm die größten Wohltaten wirkte. Er heilte die Kranken, weckte Tote auf und speiste die Hungrigen in Scharen. Hier aber beschuldigen sie Ihn des Todes würdig. Seine Richter bezeugen Seine Unschuld (Lk 23,14), dennoch schreien sie „kreuzige Ihn“.
Daneben steht der gefürchtete Barabbas, ein Raubmörder. Sein Handwerk war das krasse Gegenteil von dem des Herrn. Jesus gab den Menschen das ewige Leben, Barabbas aber nahm es.
Ein besonderer Tag war angebrochen. Im Gerichtshof war reges Treiben. Alle Juden und Heiden waren auf den Beinen, der religiöse und gottlose Mensch, der fromme Hohepriester und der rohe römische Soldat. Drei Männer sollen zum Kreuzestode verurteilt werden. Der Hauptangeklagte, um den sich alles dreht, ist Jesus. Im Gefängnis sitzt noch ein vierter, Barabbas. Er hört in seiner Zelle das Treiben, das Nageln der Kreuze und zittert im Gedanken, dass er bald an einem hängen werde. Er wartet auf den Augenblick, da sich die Tür öffnet und er nach Golgatha abgeführt werde. Plötzlich steht er vor einer riesigen schaulustigen Volksmenge; zugleich wird er neben Jesus gestellt. Verwundert fragt er sich, was das zu bedeuten habe, denn Jesu Name war gewiss auch ihm bekannt. Zum größten Erstaunen vernimmt er, dass Jesus gekreuzigt werden soll. Gewiss kannte auch Barabbas die Ostersitte, dass dann ein Gefangener frei gegeben werde (Kap. 18, 39). Er dachte kaum an seine Freilassung. Pilatus fragt: „Welchen wollt ihr, Christus; euren König, oder Barabbas?“ Da erschallt es wie ein gewaltiger Sprechchor: „Nicht diesen, gib uns den Barabbas“ Vers 40). Und was soll ich denn mit Jesus machen? Wiederum ertönt es wie ein lauter Donner: „Kreuzige Ihn.“ Daraufhin wendet sich Pilatus zu Barabbas und sagt ihm, du bist frei. Jesum aber ließ er geißeln und kreuzigen.
Unglaublich aber wahr. Kann das Volk einen Mörder wählen (Apg 3,14), seinen Retter und Wohltäter aber kreuzigen? Warum das? Weil sie den, der die Wahrheit ist, nicht annehmen wollten (Kap. 14, 6). Israel wählte den Tod und verwarf seinen Messias.
Ist es heute anders? Nein, genau so. Nur zwischen zweien kann der Mensch wählen. Zwischen Leben oder Tod, Licht oder Finsternis, Himmel oder Hölle, Gott oder Satan. Viele bleiben wie Pilatus einige Zeit neutral; sie scheinen eher für Jesus zu sein. Zugleich aber wollen sie nicht auf die Freundschaft der Welt verzichten (Kap. 19, 12; Jak 4,41. Sie geben sie nicht auf und damit verwerfen sie Ihn wie damals die Feinde Jesu.
Eine schreckliche Wahl. Das Volk wählte Barabbas, verwarf und kreuzigte seinen König. Darum verlor es auch das Land und ging von Not zu Not. Den, der kam, um Israel zu retten, nahmen sie nicht auf. Jesus sagte dem Volk, dass ein anderer in Seinem Namen kommen werde, den sie aufnehmen werden (Kap. 5, 43). Wer wird dieser andere sein? Der kommende Antichrist. Er wird in seinem eigenen Namen kommen, sich als Israels Messias erklären. Aber bald wird Israel merken, dass sie sich einen Mörder gewählt haben. Ihre Bitte, gib uns den Barabbas, wird erfüllt werden. Durch diesen Barabbas wird Israel die größte Verfolgung aller Zeiten erdulden. Israel wird geradezu seiner Vernichtung entgegengehen. Dann werden sie zu Jehova schreien. Plötzlich wird Er erscheinen in Macht und Herrlichkeit und Israel wird in Ihm Den erkennen, Den sie durchstochen haben (Off 1,7). Sie werden Buße tun und Vergebung erlangen (Sach 12,10-14; 13,1).
Ein lehrreiches Bild. Beachten wir folgenden Vergleich. Es ist reich an Belehrung für uns alle. Was wusste Barabbas?
Er wusste dass er des Todes schuldig war (Lk 23,25). Das wissen
auch wir (Röm 3,10.20-23; 2Kor 5,21; Gal 3,13; Jes 53). Er
wusste, dass Jesus unschuldig war (Kap. 8, 46; Joh 19,4;
Er wusste, dass Jesus an seiner Stelle starb. Auch wir wissen, dass nur Jesu stellvertretender Tod uns retten konnte, und Sein Blut für uns floss (1Pet 3,18; 2Kor 5,21).
Er wusste, dass er nichts zu seinem Freispruch getan hatte. Er lebte, weil Christus für ihn starb (Eph 2,4-9; Tit 2,11; Röm 4,4.5). Auch wir wissen, dass wir Begnadigte sind (Eph 1,7). Er wusste, dass Christi Tod genüge. Einer von beiden musste sterben. Als Jesus ausrief: „Es ist vollbracht“, war das Leben des Barabbas gesichert. Jesus hatte seine Strafe getragen (Jes 53,5; Kol 2,20). Auch wir wissen, daß keine Verdammnis ist für die, welche in Christus sind (Röm 8,1). Sein Kreuz bedeckt meine Schuld, Sein Blut macht hell mich und rein, mein Wille gehört meinem Gott, ich traue auf Jesum allein.