Behandelter Abschnitt Joh 1,37-39
Andreas (Joh. 1,
37‑39 )
In Joh 1,35-41 werden die ersten fünf Nachfolger Christi genannt. Andreas, Johannes, Petrus, Philippus und Nathanael. Wir versuchen, ihr Leben zu skizzieren und beginnen bei Andreas.
Wer war Andreas? Ein Bruder des Simon Petrus, wohnhaft in Bethsaida und von Beruf Fischer. Bethsaida war jener Ort, an dem Jesus kurz danach viel wirkte. Je mehr ein Ort geistliche Segnungen genießt, um so größer ist seine Verantwortung. Später mußte der Herr über Bethsaida ein Wehe ausrufen, weil viele Ihn hörten und sahen, Ihn aber nicht aufnahmen (Mt 11,21).
Sein inneres Leben. Andreas gehörte zu denen, die wie der greise Simeon auf den kommenden Messias warteten (Lk 2,25), oder nach heutigem Sprachgebrauch: die auf den kommenden Herrn warten. Das religiöse Leben Israels bewegte sich mit wenigen Ausnahmen in bloßen Formen und Überlieferungen der Altesten. Seit den Tagen Maleachis, also seit über 400 Jahren, hatte Gott geschwiegen. Plötzlich trat Johannes der Täufer, der von Gott verheißene Wegbereiter, auf (Mal 3,1). Diese Kunde gelangte nach Bethsaida, und einige jenes Ortes machten sich auf, ihn zu hören. Es entstand eine gewaltige Erweckungsbewegung. Tausende strömten an den Jordan, so auch Andreas. Auch er wurde zur Buße geleitet, ließ sich taufen und wurde ein Johannes‑Jünger. Hier begann der Wendepunkt seines Lebens.
Wie kam Andreas zu Jesus? Durch ein schlichtes Zeugnis (V. 36). Johannes sprach nach einer Ansprache mit zwei Zurückgebliebenen, Andreas und Johannes. Während dem Gespräch ging Jesus vorbei. Erfüllt von Ihm, unterbrach Johannes die Unterredung, wies auf Jesus hin und sagte: „Siehe, das Lamm Gottes!" Jeder Israelit wußte, was ihnen das Lamm bedeutete, das täglich zweimal geopfert wurde (2. Mose 21,39). Hier aber war mehr, das Lamm Gottes. Andreas wußte, daß Jordanwasser die Sünde nicht hinwegwaschen kann, sondern nur das Blut des Lammes (1Joh 1,7). Andreas glaubte und folgte Jesus nach.
Des Meisters Frage. Was suchet ihr? Das ist die erste Frage aus Jesu Munde in Seinem öffentlichen Dienst. Sie kam von dem, der gekommen war, zu suchen (Lk 19,10). Es ist, als frage Jesus: was wollt ihr von Mir?
Lehrer! Johannes hat uns mit Wasser getauft, Du aber taufst mit Heiligem Geiste. Wo bist Du zur Herberge? Uns bewegt vieles. Da es sich bei ihnen um das Lamm handelte, so bewegte sie offenbar ihre Sünde.
Des Meisters Einladung. Kommt und sehet! O, das liebliche Wort „Komm“, das Er hier zum erstenmal ausspricht, und noch vom Himmel her wiederholt (Mt 11,28; Joh 7,37; Off 22,17). Viele kamen in jenen Tagen, und das geschieht bis heute aus allerlei Beweggründen. Etwa um geheilt zu werden, oder um des Brotes willen, das Er ihnen gab. Andere kamen aus bösen Absichten, Ihn zu fangen (lies 1Chr 12,17.18). Andreas und Johannes aber kamen wegen ihrer Seelennot. Wer so zu Ihm kommt, erlebt Ihn als Heiland. Ihr freudiges Zeugnis beweist es. Zugleich war es ein Freudentag des Herrn, denn diese zwei waren Seine Erstlingsfrucht. Hier lag der Anfang einer neuen Epoche. Hier wurde das Senfkorn in die Erde gelegt, das weltumfassend zum mächtigen Baum heranwuchs. Jeder Anfang im Reich Gottes ist klein. Hier wurden die ersten Bausteine zum geistlichen Hause gelegt (1Pet 2,5).
Die darauffolgende Tätigkeit des Andreas. Er war so von seinem Erlebnis erfüllt, daß er nicht schweigen konnte (Apg 4,20). Beachten wir seine siebenfache Tätigkeit.
Erst führte er seinen Bruder Simon zum Herrn. Also 24 Stunden nach seiner Bekehrung führte er eine Seele zu Christus. Das ist beschämend für viele alte Gläubige. Hocherfreut sagt er zu Petrus: „Wir haben den Messias gefunden.“ Andreas ahnte nicht, welch großen Seelengewinner er in Petrus zu Christus führte (Apg 2,41). Sein Zeugnis fing daheim an (Lk 8,39). Andreas erzählte sein Erlebnis (1Joh 1,1). Simon wird die große Freude in Andreas aufgefallen sein. In Andreas haben wir den ersten Heimmissionar. Wer nie eine Seele daheim zu Christus geführt hat, wird es auch kaum in fernen Landen tun. Unser Zeugnis fängt daheim an. Wo ist dein Bruder Simon?
Später führte Andreas eine Gruppe Griechen zum Herrn (Joh 12,23). Erst diente er einem Menschen, nun etlichen.
Nach Joh 6,8 war er ein Mithelfer bei der Speisung der 5000. Er brachte jenen Knaben mit den fünf Broten und zwei Fischen zum Herrn, der darauf das Wunder der Speisung tat.
Nach Mk 13,3.4 kam er als ein Lernender zum Herrn. Er wünschte Aufschluß über kommende Dinge. Kommst du auch zum Herrn, um zu lernen? (Lk 10,39; 24,32.)
In Mk 1,16 wird er zusammen mit seinem Bruder Petrus zum Apostel
berufen, was seine Tätigkeit erweiterte. Nach erhaltener Ausrüstung
zieht er mit den andern aus und darf Zeichen und Wunder tun (
Nach Christi Auferstehung ringt er mit anderen im Obersaal, um zu neuen Diensten bereitet zu werden (Apg 1).
Schließlich wird sein Name noch in Off 21,14 genannt, in der himmlischen Stadt mit zwölf Grundlagen. Auf einer derselben steht der Name Andreas. Hienieden wurden die Apostel verfolgt, aber ihre Namen werden glänzen in ewiger Schöne.
Johannes ist der zweite in der Reihenfolge der fünf ersten Jünger Jesu. Obwohl sein Name nicht genannt ist, geht aus andern Stellen hervor, daß er gemeint ist (13,23; 18,15.16; 21, 24). Er nennt sich den Jünger, den Jesus liebte.
Johannes (Joh. 1,
37‑39 )
Wer war Johannes? Natürlich ist hier nicht Johannes der Täufer gemeint, sondern der Schreiber des 4. Evangeliums, der drei Johannesbriefe und des Buches der Offenbarung. Er war ein galiläischer Fischer, einer jener ungelernten Leute (Apg 4,13). Viele von uns freuen sich, daß der Herr ungeschulte Leute in Seinen Dienst rief, weil man oft meint, es müssen Akademiker sein. Jesus wußte, warum Er Männer aus dem Volke wählte, weil sie das Volk am besten verstehen. Johannes aber besuchte wie Maria die weit höhere Schule, die zu Jesu Füßen. Dort lernte er so unfaßbar viel, daß bis heute die größten Wissenschaftler seine Schriften nicht zu erforschen vermögen.
Johannes war auch ein Verwandter des Herrn. Seine Mutter Salome und die Jungfrau Maria waren Schwestern (Mt 27,55.56; Joh 19,25), so war er also ein Vetter Jesu. Diese Verwandtschaft erklärt manches in seinen Beziehungen zum Herrn, so z. B. die Bitte seiner Mutter um einen Ehrenplatz für ihre Söhne im kommenden Reich (Mt 20,21). Johannes war auch dem Hohenpriester bekannt (Joh 18,15). Sein Vater hatte wohl eine Großfischerei, wo er Arbeiter beschäftigte (Mk 1,20).
Johannes, ein Suchender, war zuvor ein Jünger Johannes des Täufers. Er ging an den Jordan, um ihn zu hören, erkannte seine Sünde, tat Buße und ließ sich taufen.
Wie kam Johannes zu Jesus? In gleicher Weise wie Andreas. Beide hörten die Botschaft durch Johannes den Täufer, daß nämlich Jesus sowohl der Sohn als auch das Lamm Gottes sei und der, der mit Heiligem Geiste taufe. Beide verließen, nachdem sie das erkannt hatten, den Täufer, suchten Jesus auf, glaub ten an Ihn und folgten Ihm nach.
Johannes der Apostel. Die neue Erkenntnis über Jesus
als Sohn und Lamm Gottes erfüllte Johannes mit tiefster Sehnsucht.
Dieses Verlangen wurde bald gestillt, indem Jesus beide in seine
Herberge einlud und sie später zu Seinen Aposteln berief. Jesus begann
nach Seiner Taue Seinen öffentlichen Dienst; dafür brauchte Er
Mitarbeiter und vor allem solche, die später Seine Zeugen sein sollten
(Apg 1,8). Nach Mk 1,19 ff.; 4, 18 rief Jesus zuerst Petrus und
Andreas. Und laut Mt 4,21.22 Johannes und seinen Bruder Jakobus. Beide
verließen das väterliche Geschäft und folgten Jesus nach (
Johannes, ein besonderer Freund Jesu. Zwischen Jesus und Johannes war ein innigeres Verhältnis als zwischen David und Jonathan (1Sam 18). Man denke an Aussprüche wie „der jünger, den Jesus liebt" oder „der an Jesu Brust lag". So verraten uns einige Stellen seine Sonderstellung. Bei besonders wichtigen Anlässen war er dabei. So bei der Auferweckung von Jairus Töchterlein, bei der Verklärung Christi und im Garten Gethsemane (Mk 5,37; Mt 17,2; 2Pet 1,17-19; Mt 26,37).
Johannes sah, was keiner der Apostel sah. Er sah, wie ein Soldat Jesu Seite öffnete und Blut und Wasser daraus floß. Ein Anblick, den er nie vergaß, der vor allem voll sühnender und heiligender Bedeutung ist (Joh 19,34.35; 1Joh 5,5-7).
Unter dem Kreuz vertraute Jesus ihm Seine Mutter an. Bis dahin hatte Jesus selbst für sie gesorgt, und fortan war Johannes gern bereit, Sohnespflicht zu übernehmen (Joh 19,27).
Johannes, ein Teilhaber in Trübsalen (Off 1,1.11). Auch er mußte etwas vom Kelch seines Meisters trinken (Joh 18,11; Mt 20,22.23). Er selbst nennt sich Mitgenosse in Trübsalen. Doch wozu dienten jene Leiden auf Patmos? (Röm 8,28) Ähnlich denen des Paulus im Gefängnis, wo er die Briefe schrieb.
Hier erhielt Johannes den Befehl „Schreibe" (Off 1,11).
Hier sah er den verherrlichten Herrn (Off 1,13-20).
Hier erhielt er die Einladung, in den Himmel zu steigen (Off 4,1). War das nicht die Leiden wert? (Röm 8,18). In der Folge berichtet er seine Erlebnisse im Himmel. Gern wäre er lieber droben geblieben, aber er hatte noch Aufgaben auf Erden zu erfüllen.
Im Himmel sah er das geschlachtete Lamm aufs neue, aber nicht zwischen Übeltätern, sondern auf dem Thron, von Myriaden von Anbetern umgeben (Off 5,6 ff).
Johannes, der Seher. Johannes ist der, der oft das Wort „Siehe" gebraucht: Von jenem ersten „Siehe, das Lamm Gottes" bis zum letzten „Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen" und „Siehe, ich komme bald" (Off 21,3; 22,12). Wohl keiner kannte den Herrn so gut wie Johannes. Die Verse Joh 1,1-14 zeugen von unerforschter Tiefe und stehen erhaben über aller Literatur, so z. B. „Das Wort war bei Gott und Gott war das Wort, und das Wort ward Fleisch". Johannes erfüllte Psalm 1 buchstäblich, sann über das Wort Tag und Nacht. Er war aber nicht nur der Mann des tiefen Sinnens über Jesus, sondern war besonders mit Jesu verbunden. Man denke nur an Joh 15, jenes „Bleiben in Jesu". Auch keinem der Zwölfe fiel jenes neue Gebet so tief ins Herz wie ihm (Joh 13,34). Noch viel später schreibt er in 1Joh 3,18: „Meine Kindlein, lasset uns nicht lieben in Worten.“ Und hätten wir ihn nach dem Grund gefragt, so hätte er geantwortet, daß es das letzte Gebot des Meisters sei.