Behandelter Abschnitt Mt 26,55-68
Der König vor Seinen Richtern. Mt 26,55-68.
Der große Befreier ist nun der Gefangene Seiner Feinde. Mutig trug Er
die Ihm auferlegte Schmach. Er mußte sie ihnen als Sünde auslegen und
ihnen sagen: "Das ist eure Stunde und die Macht der Finsternis."
Allerlei Wunderbares hatte der Herr noch kurz zuvor gesprochen. Er hatte
mit den Jüngern, mit Petrus, mit Judas und zuletzt zu der Schar geredet.
nach alledem verließen Ihn sämtliche Jünger und flohen. Hier war nicht
jene unzertrennliche Gemeinschaft wie bei Ruth und Naomi (
I. Auf daß die Schrift erfüllet würde.
In allem, was sich hier vollzog, wurde eine Weissagung nach der andern erfüllt. Bereits 4 mal hatte der Herr davon geredet (Vers 24, 31, 54, 56). Die Schrift stand bei Jesus im Vordergrund. Von ihr redete Er vor den Jüngern, den feindlichen Juden, und selbst Satan gegenüber benützte Er sie als Waffe. Allen begegnete Er mit Seinem bekannten "es stehet geschrieben". Nur auf dieser Grundlage konnte Er ertragen, was Ihm widerfuhr; denn der Herr fühlte die Ihm angetane Schmach sehr. Es ist, als sage Er, mein Leben ist vor euch allen offenbar; denn täglich lehrte ich im Tempel. Warum behandelt ihr mich wie einen Raubmörder? Die Triebkraft der Feinde war die Macht der Finsternis.
II. Das Gericht der Welt geht über den Richter der Welt.
Keiner der Richter und andere, die Ihn beschuldigten, erkannten die Majestät, die vor ihnen stand. Die, die den Herrn ergriffen hatten, führten Ihn zuerst zu Hannas (Joh 18,13), danach zu Kajaphas. Hier stand der ewige Hohepriester nach Melchisedeks Ordnung vor dem, der jenes Jahr Hoherpriester war. Nun wurden Richter bestellt, aber nicht nach der Schrift (5. Mose 16,18-20). Die Zeugen, die gerufen wurden, waren nur falsche, dem Herrn feindlich gesinnte Menschen. Das Zeugnis der Zeugen stimmte nicht überein. Zuletzt traten 2 falsche Zeugen auf, die vor etwa 2 Jahren das berühmte Wort hörten: "brechet diesen Tempel." Jedoch Sein Wort wurde verkehrt ausgelegt und zu einer Lästerung gestempelt. Wie sehr gleicht dies jener gottlosen Isebel, die auch falsche Zeugen aufstellte, um Naboth zu steinigen, bei dem es sich ebenfalls um einen Weinberg handelte (1Kön 21,5 ff.). Auch Israel, die Weingärtner, hatten sich entschlossen, den Erben durch falsche Zeugen zu töten. Hier wurde loses Gesindel gedungen, das sich in der Lüge eins war, den Herrn der Schuld zu bezichtigen (Ps 55,10). Der Heilige wurde wie ein Verbrecher abgetan, und der Fürst des Lebens zum Tode verurteilt.
III. Der treue Zeuge und Sein großes Selbstzeugnis.
Des Herrn Gottessohnschaft war längst und reichlich bestätigt. Das letzte große, aufsehenerregende Wunder, die "Auferweckung des Lazarus", hatte diese Sohnschaft allen bewiesen (Joh 11,47 bis 54). In Seiner Frage an die Obersten: "Was dünkt euch um Christus, wessen Sohn ist Er?", da mußten sie in unausweichbarer Weise erkennen, daß der Herr der Messias sei (Mt 22,41-46). Sie alle wußten, daß Er der Erbe des Weinbergs sei, aber sie wollten Ihn töten und das Erbe an sich reißen (Mt 21,33 ff.). Nun stellte der Hohepriester den Herrn unter Eid, und das, was der Herr zuvor den Jüngern auszusagen verboten hatte, "daß Er der Christus sei", bezeugte Er nun selbst (Mt 17,9). Unter diesem Eide konnte der Herr nicht schweigen. Der Herr sagte: "du hast es gesagt", und zu diesem fügte Er noch hinzu: "von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen..." Doch sprach der Herr kein Wehe aus, sondern Er stand still, als das Lamm zur Schlachtbank geführt. Es war noch nicht die Zeit, zu richten, sondern zu leiden und für Sünder zu sterben.
IV. Das Urteil.
Das war längst fertig, ehe sie Ihn gefangen nahmen (Mt 26,3-5; Joh 11,47-54; Ps 2,2). Es waren ja nur falsche Zeugen zugelassen worden (Mk 14,56,59). Freunde wie Nikodemus, oder Josef von Arimathia, konnte man hier nicht brauchen. "Er ist des Todes schuldig", lautete das Urteil des Kajaphas. "Er hat gelästert", wir brauchen keine weiteren Zeugen. Aber indem er diese verweigerte, offenbarte er seine eigene Bosheit, und damit hatte er selbst gelästert. So richtet Israel seinen König, und die Welt ihren Retter. An diesem Urteil halten heute noch beide fest.
V. Der Verurteilte (Vers 63).
Der Herr aber schwieg. Keine lange Rede des Herrn hätte so mächtig gewirkt, wie Sein Schwiegen. Dazu entsprach diese Haltung ganz Seiner Lehre. Schweigen ist oft der lauteste Vorwurf. Warum schwieg Er? Darum, weil Er mit unserer Sünde beladen, das Urteil über dieselbe in Empfang nahm. Das Urteil "Er ist des Todes schuldig" war gerecht, weil der Welt Sünde auf Ihm lag.
Hier aber wollen wir auch von dem lernen, der nicht wiederschalt, da Er gescholten war, nicht drohte, da Er litt. Unrecht tragen, leiden und dulden sind Seine Fußstapfen, in denen wir Ihm nachwandeln sollen. Betrachtet Jesum, sagt die Schrift (Heb 3,1; 12,3).
VI. In den Händen der Übeltäter (Vers 67-68).
Schreckliches berichten diese 2 Verse. man nahm Ihn und spie Ihm ins Angesicht. Das ist die furchtbarste Entwürdigung, die man andern antun kann. Sie schlugen Ihn mit Fäusten und gaben Ihm Backenstreiche. Die Mächte der Finsternis waren los, und Er begann den Kelch zu trinken. Und ach, noch war viel darin, bis er entleert war, und der Herr sagen konnte: "Es ist vollbracht." Wahrlich, viel hat Ihn Jehova treffen lassen, uns zugut (Jes 53,6).