Behandelter Abschnitt Mt 26,47-54
Mt 26,47-54. Die Gefangennahme des Herrn.
Der heiße Kampf in Gethsemane war vorüber. Der Herr war für das große Werk, das Er vollenden sollte, gestärkt, und ging hinaus den Feinden entgegen. Als man Ihn zum König machen wollte, floh Er, als es aber galt ans Kreuz zu gehen, stellte Er sich freiwillig. Der Herr ging zunächst zu den schlafenden Jüngern, die Ihm nichts nutzten und sagte ihnen: "nun schlafet". Er will ihnen damit sagen, ich benötige euch nicht mehr, ich bin jetzt gestärkt und darf mutig den Feinden begegnen. Er hatte sich durchgerungen und sich für das Trinken des Kelches entschieden. Noch einmal sagt Er ihnen, daß Er nun in die Sünderhände ausgeliefert werde und forderte sie zum Weitergehen auf. Majestätisch gefaßt und ernst, wie ein siegender König, ging Er allein in diese schaurige Dunkelheit - auf daß wir Licht hätten. Wir neigen uns, staunen und beten an!
I. Ein geschickter Organisator.
Nur kurze Zeit war seit dem Passahmahl verflossen. Siehe, da kam schon der Verräter mit einer großen Schar: Hohepriester, Älteste, Soldaten, Gerichtsdiener und der Pöbel. Trotzdem die Ältesten zuvor gesagt hatten, "ja nicht auf das Fest" (Vers 5), so brachte Judas in Kürze das fertig, was alle Führer während Jahren nicht vermochten. Der Herr hatte Judas gesagt: "was du tun willst, das tue bald" und das war nun geschehen. Wir möchten Judas von einer anderen Seite beleuchten. Der Geldteufel machte ihn zum Verräter, dazu wollte er der Schlaue sein. Bis jetzt hatte er immer gesehen, wie Jesus dem Feindesangriff entkam und Judas dürfte damit gerechnet haben. Kurz - er wollte das Geschäft machen - Jesus sollte entweichen, die Obersten betrogen sein, selbst wenn sie ein Heer gegen Jesus und die Jünger aufboten (Joh 18,8). Weder Judas noch die Jünger hatten die Leidensverkündigungen Jesu verstanden und dachten nicht an die Erfüllung der Schrift (Vers 24). In Kap. 27, 3 lesen wir, daß es Judas reute, als Jesus zum "Tode" verurteilt wurde.
II. Das verräterische Erkennungszeichen.
Nun kam die Schar mit Judas an der Spitze. Er hatte den Kuß als Erkennungszeichen gewählt, damit im Dunkel der Nacht kein Mißgriff geschehe. Wie verabredet, so getan! - Judas trat an den Herrn heran, grüßte und küßte Ihn. Dieses "sei gegrüßt, Rabbi" war ein höhnendes Vorspiel von dem, was bald in schmählichster Weise durch die Soldaten folgte (Mt 27,29). Wie muß dieser Kuß den Herrn geschmerzt haben. Verräter machen es noch heute so, sie sind gute Schüler des Judas, sie kommen mit süßen Worten, ähnlich einem Joab oder Absalon, um schrecklichen Verrat zu üben (2Sam 15,5; 20,9; Spr 27,6).
III. Eine allerletzte Warnung.
"Freund, wozu bist du gekommen?" Bist du es wirklich? Was der Herr auf den Kuß erwiderte, war mehr als das, was er in Mt 5,39 lehrte. Der Herr liebt die Seinen bis ans Ende, selbst den Judas. Wer beschreibt den Erbarmungsblick, der Judas trotz der Nacht getroffen hat? Das war ein letztes vergebliches Klopfen an sein hartes Herz. Ganz anders wirkte der Blick des Herrn auf Petrus wenige Stunden später.
IV. Die Gefangennahme.
Kaum hatte Judas den Kuß als Erkennungszeichen gegeben, da traten rohe Horden herzu. Sie ergriffen das Lamm und führten es zur Schlachtbank (1. Mose 22,13). In Joh 18,6 ist noch von der wunderbaren Macht die Rede, die der Herr in jener Stunde offenbarte, als Er sagte: "Ich bins". Nun hatten sie den, den sie schon vor 3 Jahren an jenem denkwürdigen Sabbat greifen wollten (Lk 4,29). Willig ließ sich der Herr binden. Sie nahmen Ihn und führten Ihn siegesbewußt davon. Nun abgeführt, stand Er allein, nicht "mit" Seinem Volke sondern "für" Sein Volk.
V. Gut gemeint, aber verkehrt (Vers 51).
Petrus ergriff das Schwert, er hatte Lk 22,36 wörtlich genommen. Aber nicht nur er, sondern auch andere (Lk 22,49). Petrus zeigte etwas von jenem "Herr, das widerfahre Dir nur nicht" (Mt 16,22). Das größte Unrecht der Weltgeschichte vollzog sich vor den Jüngern, darum griffen sie zur Gegenwehr. Petrus zeigt, wie weit ein treues Herz vom Sinne Christi entfernt sein kann, obwohl er auch Mt 5,39 kannte. (Dreinschlagen ist das, was dem Menschen am nächsten liegt; wenn auch nur mit dem Schwerte der Zunge). Petrus war sehr mutig, als er in die Menge dreinschlug. Er war ja bereit, mit Ihm zu sterben, aber der Herr benötigte seinen Schutz nicht. Petrus zielte auf Malchus, wollte ihm den Kopf abhauen, traf aber nur das Ohr. Das war eine neue Schmach, wieder durch einen Jünger. Wir machen dem Herrn viel Mühe durch unser Dreinschlagen. Wäre Petrus umgekommen, so wäre das kein Märtyrertod gewesen.
VI. Wiedergutmachung.
Der Herr heilte Malchus. Oft muß der Herr wieder gutmachen, was wir
verdorben haben. Wie manchmal wären wir in Gefahr gekommen, wenn Er
nicht eingeschritten wäre. Was wäre aus Petrus und den andern Jüngern
geworden, wenn der Herr das Ohr des Malchus nicht geheilt hätte. Durch
Seine Wiedergutmachung am Kreuz sind wir alle frei. So wenig wie man
dort Petrus und die andern Jünger angriff, ebensowenig kann der Feind
uns angreifen; denn der Herr hat bezahlt, was wir geraubt haben (
VII. Zwölf Legionen Engel.
Es ist, als sage Jesus: Petrus, stecke dein Schwert in die Scheide und überlaß das der Obrigkeit, der es gehört; denn, wenn ich den Kelch nicht trinken wollte, könnte ich 12 Legionen Engel haben, die uns alle umringten wie einst einen Elisa (2Kön 6,17; Dan 7,10; Ps 68,18; Heb 12,22). Hier aber sollen Engel nur anbetend zuschauen. Gern wären die Jünger Anführer einer Legion gewesen, um mit ihr die Feinde zu vernichten, aber wo wäre dann der Lammessinn?