Mt 26,32. Ich will vor euch hergehen.
Welch große Verheißung gab hier der scheidende Herr den Seinen. Er hatte ihnen gesagt, daß Er bald am Kreuze sterben werde, und, daß sie Ihn alle verlassen werden. Daß es ihnen ergehen werde, wie einer Herde, der der Hirte genommen ist, - und wie jeder in das Seine flüchten werde. Daraufhin kam die trostreiche Verheißung des wiederkommenden großen Hirten der Schafe (Heb 13,20), nämlich, daß Er sie nach Seiner Auferstehung wieder sammeln werde, und vor ihnen hergehen in Galiläa. Nach der Kreuzigung, als die Jünger noch voller Angst waren und all ihre Hoffnung wie begraben war, da wurden sie durch den Engel aufs neue an diese Verheißung erinnert und beauftragt, an den verabredeten Ort zu gehen, damit sie Ihn sehen könnten, und Er vor ihnen hergehe.
Wir wollen diesen schönen Vers als eine Ermunterung für uns alle betrachten, indem wir die näheren Umstände beiseite lassen, und uns kar werden über die Bedeuteutung des Ausspruches: "Ich will vor euch hergehen."
I. Wem gilt diese große, herrliche Verheißung?
Sie galt:
1. Damals den Jüngern. Der Herr sprach
dieses Wort in einer Stunde, da ihre Herzen erschrocken waren. Er hatte
ihnen gesagt, daß Er zum Vater gehe (Joh 14,1). Die Jünger hatten
alles um des Herrn willen verlassen, und nun sollten sie verlassen sein;
das schien ihnen unerträglich. Darum gab ihnen der Herr die Zusicherung,
vor ihnen herzugehen. Bald sollte Er am Kreuze hängen und im Grabe
liegen, aber diese Verheißung sollte ihre Leuchte und Gewißheit sein. In
den dunkelsten Stunden ist der Herr am meisten mit den Seinen
beschäftigt. Daß Er sie nicht verlassen werde, ist ewig wahr (
2. Heute allen Gläubigen. Schon im Alten Bunde zog der Herr vor Seinem Volke her, sichtbar in einer Wolke (2. Mose 13,21). Erhob sich die Wolke, so mußte sich auch Israel erheben, und lagerte sie sich, so mußte Israel dasselbe tun. Alle, die aus Ägypten ausgezogen waren, durften auf unbekanntem Boden sichere Schritte tun, und Tag und Nacht ungehindert wandern. Ob hinein ins rote Meer, oder in die Wüste, überall war derselbe sichere Führer bei ihnen. Wir wissen, daß wir Sein Volk sind, und uns braucht vor keinem Weg zu grauen. In Mt 28,20, dem letzten Verse dieses Evangeliums, erweitert der Herr diese Verheißung und fügt hinzu: "Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende." Welch sichere, unfehlbare Verheißung.
II. Was schließt die Verheißung in sich?
Vielerlei.
1. Gottes Gegenwart. Die Jünger entbehrten die Gegenwart des Herrn während der 3 Tage, die Er im Grabe war. Und gerade jetzt hätte ihnen Sein Wort das sein sollen, was ihnen zuvor Seine Person war. Das Wort und die Person des Herrn sind unzertrennbar. Als Josua das Land besetzte, und einen nie gegangenen Weg gehen sollte, da kam ihm der Herr mit der reichen Verheißung Seiner Gegenwart entgegen: "Ich werde mit dir sein, ich werde dich nicht versäumen noch verlassen" (Josua 1,5). In Vers 9 erinnert Er dann Josua daran, daß Seine Verheißung sogar Befehl sei mit dem Wort: "Habe ich dir nicht geboten, sei stark und mutig; denn dein Gott ist mit dir? Josuas Treue zeigt, welch großen Sieg der Glaube an Gottes Gegenwart bewirkt.
2. Gottes Schutz. Die Jünger vergaßen gar bald die Verheißung, und so verbargen sie sich (Joh 20,19). Welchen Gegensatz aber sehen wir, als sie glaubten. Da kannten sie keine Furcht mehr. Wie den Israeliten die Wolkensäule Gewähr für alles war, so ist Seine Gegenwart reiche, innere und äußere Versorgung und Schutz (2. Mose 14,20).
3. Gottes Führung. Wie bei Israel die Wolkensäule führend war, so will uns der Auferstandene vorangehen, selbst in dunklen Tälern (Ps 23,3). Er will uns mit Seinen Augen leiten (Ps 32,8), wie der vertrauteste Freund. Wir haben einen sicheren Kompaß auf dem Ozean dieses Lebens.
III. Wozu verpflichtet diese große Verheißung?
1. Zum Vertrauen. Verheißungen haben nur dann Wert, wenn sie geglaubt werden. Israel mißtraute trotz der Wolkensäule. Wie betrübend! Wie mutig dagegen war Paulus auf der Romreise, nach der erhaltenen Zusage (Apg 27,22-25). Gott kann nicht lügen, darum vertraue Ihm!
2. Zum kindlichen Gehorsam. Welch ein Beispiel dafür ist Abraham, der nicht wankte, selbst dann nicht, als es galt, seinen Sohn, den einzigen, zu opfern Abraham glaubte, daß Gott so mächtig sei, Isaak aus den Toten aufzuerwecken (Heb 11,19). Gehorsam ist besser als Opfer. Gehe gehorsam den Glaubensweg, wie Elias; denn Gott kann heute noch den Raben befehlen, und durch eine arme Witwe die Fülle darreichen. Gottes Plan ist uns wohl bekannt. Wir sind zu guten Werken geschaffen, daß wir darin wandeln sollen (Eph 2,10).
3. Zum Danken. Wer der Verheißung vertraut, macht Erlebnisse mit seinem Gott und ist dankerfüllt, wie einst Israel und Hanna (2. Mose 15; 1Sam 2). Mit David singt dann jeder: "Lobe den Herrn, meine Seele" (Ps 103).
4. Zum Zeugnis. Als Josua am Ende seines Lebens stand und auf die große Treue Gottes zurückblickte, Israel selbst aber immer noch nicht restlos Gott vertraute, da bezeugt er Gottes Treue und bekundet erneut vor allem Volk: "Ich aber, und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen" (Josua 24).