Behandelter Abschnitt Mt 15,1-14
Der König und die Pharisäer. Mt 15,1-14.
Die Pharisäer, die zum Herrn Jesus gekommen waren, bildeten offenbar eine Gesandschaft, um Ihn zu versuchen. Solche Versuche haben sie öfters unternommen, aber nach jeder Unterredung mußten sie als die Geschlagenen abziehen. Gewiß wird man die Klügsten aus ihnen dazu verwandt haben. Aber was sind menschliche Klugheit und Scharfsinn dem Herrn gegenüber? Da versagt jeder völlig.
Fehler finden.
Zu tadeln und Fehler zu finden, waren sie gekommen. Wo man Fehler sucht, da ist die Liebe dünn gesät. Fehler zu finden und Fallen zu stellen sind meistens beisammen. Das verstanden die Pharisäer gut. Wie sehr Gott das Fehlerfinden verurteilt, zeigt die Geschichte Mirjams (4. Mose 12). Besonders verächtlich ist dieses Fehlerfinden, wenn die Bibel dafür gebraucht wird, wenn es also im Mantel gewisser Heiligkeit geschieht. Das zeugt von einem bösen Herzenszustand. Wollten alle, die Fehler in der Schrift suchen, diese in ihrem eignen Herzen suchen.
II. Überlieferung oder Gottes Wort (Vers 3).
Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Auf Grund von 2. Mose 34,27 glaubten die Ältesten neben dem geschriebenen Gesetz auch an ein mündliches, das sie noch höher als das geschriebene achteten. Dazu gehörten offenbar allerlei Waschungen. Der Herr selbst scheint die Hände nicht gewaschen zu haben, um diese Überlieferung zu brechen. Noch taten es die Jünger. Der Herr war gewiß nicht gegen das Händewaschen vor dem Essen, das ist sicherlich gut, aber die Pharisäer machten eine Religion daraus, ja mehr, sie stellten dies über Gottes Wort. Dagegen protestierte der Herr Er beantwortete ihre Frage mit einer verurteilenden Gegenfrage, und gab somit die beste Antwort. Er griff das 5. Gebot heraus (2. Mose 20,12; 21,17). Jenes Gebot ist so wichtig, daß es nicht nur dort steht, sondern auch bei Ebals Fluch genannt wird, wozu das Volk sein feierliches „Amen“ sagte (5. Mose 27,16). Es ist das Gebot, worauf Gott große Verheißungen legte, und Er drohte den Übertretern desselben mit Todesstrafe (3. Mose 20,9). Auch Salomo hob später dieses Gebot im besonderen hervor (Spr 20,20; 30,17). Was aber machten die Ältesten daraus? Sie lehrten, wenn ein Mensch seine Gabe dem Altar verspricht (die dann offenbar den Ältesten zugute kam), und ein Kind „Korban“ sagte, d. h. eine Gabe, so war es von der Pflicht, für die Eltern zu sorgen, befreit. Der Herr aber sagte ihnen, daß sie durch ihre Satzungen das Gebot Gottes aufgehoben haben. Der Herr zeigte ihnen, daß das Gebot Gottes, und nicht der Menschen Lehren, vorangehe. Er nennt es darum Gottes, und nicht Moses Gebot.
III. Formendienst.
Der Herr verurteilte diesen, indem Er Jesaja zu ihnen reden ließ
(Jes 29,13). Formendienst trägt den Schein von Gottseligkeit, ist aber
bloße Heuchelei. Formendienst ist ein äußerliches zur Schau tragen, ein
Teilnehmen an Religionen von Menschen erdacht, wobei aber die
Hauptsache, das Herz, fehlt. Er ist ein Lippenbekenntnis, um der
Menschen Lob zu ergattern. Die Ursache solchen Formendienstes ist
völlige Unwissenheit über lebendigen Glauben, und eines dreimal heiligen
Gottes. Solcher Dienst ist eitel und jeder Hoffnung bar. Der Herr legt
nicht Wert auf äußere Beobachtungen (Mt 12,2-9; 23,25;
IV. Furchtloses Zeugnis (Vers 10).
Der Herr rief die Zuhörer zusammen, entblößte vor aller Öffentlichkeit diese Heuchelei, und klärte die Menge furchtlos über diese Lügen auf. Er vernichtete die Feigenblätter der Pharisäer und zeigte die wahre Quelle aller Unreinigkeit, nämlich das natürliche Herz. Zu solchem Bloßstellen ist zweierlei nötig: eigene Makellosigkeit und Furchtlosigkeit; und beides besaß der Herr.
Die erschrockenen Jünger (Vers 12).
Atemlos standen die Jünger, dieser Worte wegen, vor dem Herrn. Sie meinten, solche Größen, wie die Pharisäer, dürfe man nicht angreifen, und noch weniger ihre Sünden aufdecken, das könnte schwere Folgen haben, und hatte es auch. Den Fehler der Jünger machen wir auch, wenn wir fromme Sünder nicht strafen, weil wir die Folgen scheuen. Reißen wir nur mutig die Maske herunter, auch wenn es Stürme verursacht.
Unkraut oder Gottespflanzung (Vers 13).
Wenn wir diesen Vers recht verstehen, so bezieht er sich auf allerlei Lehren; damals auf die der Pharisäer und auf die Überlieferungen der Ältesten, heute auf die vielen uns umgebenden Irrlehren. Sie werden ausgerottet werden. Man lese nur Off 17, dort haben wir das erschütternde Ende der Vernichtung aller Pflanzungen, die der Vater nicht gepflanzt hat. Wir müssen den Pflanzen verglichen werden können, die der Vater geepflanzt hat, und die unter Seiner Gärtnertätigkeit stehen (Joh 15). Viele sind nicht von Ihm gepflanzt, obwohl sie schön aussehen. Sie tragen Früchte, Dornen und Disteln genannt, und werden bei der Ernte in Bündel gebunden und verbrannt werden. Ist hier nicht für alle große Selbstprüfung nötig? Sind wir des Vaters Pflanzung? Gleichzeitig aber wollen wir, wie der Herr selbst, die falschen Lehren an den Pranger stellen, uind so die Mitgläubigen vor Irrtümern bewahren.