Behandelter Abschnitt Mt 8,18-20
Ein wichtiger Entschluß. Mt 8,18-20.
Der Herr wollte Kapernaum verlassen, da Er so manches Wunder getan
hatte, und an das andere Ufer hinüberfahren. Nicht oft ist in einer
Stadt so viel geschehen, wie in Kapernaum. Es war besonders darum
bevorzugt, weil der Herr diesen Ort Seine eigene Stadt nannte (
I. Ein großer Entschluß.
Der Mann hier war ein Schriftgelehrter, einer von den wenigen, die zum Herrn kamen (Mt 11,25; 1Kor 1,20). Ist ein Gelehrter nicht mehr wert als ein Fischer oder Zöllner? Stellen solche nicht mehr vor? Wäre es nicht ein guter Griff gewesen, einen solchen zum Apostel zu machen, um auch die höheren Klassen zu erreichen?
1. Der Schriftgelehrte war ganz bereit. Seine Beobachtungen der Zeichen und Wunder Christi, sowie dessen klare Reden hatten tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Wie Itthai einem David oder Ruth einer Naomi gegenüber, will er ganz freiwillig dem Herrn nachfolgen (2Sam 15,21; Ruth 1,16-17). Das war ein schöner Entschluß.
2. Sein Entschluß war ganz uneingeschränkt. Er machte keine Bedingungen, wie der Jünger in Vers 21. "Ich will Dir folgen, wohin Du gehst" und so hatte diese Entscheidung große Ähnlichkeit mit der der Überwinder in Off 14,4, die dem Lamme folgten, wohin es ging.
3. Dieser Entschluß war aber vor allem nötig. Vielleicht hatte der Gelehrte die Bergpredigt gehört und den Befehl zu handeln (Mt 7,13)? Oder war ihm des Herrn Unterredung mit seinem Kollegen bekannt (Joh 3). Sich für den Herrn zu entschließen, ist das Wichtigste (Apg 4,12; Joh 3,36).
II. Seine geringe Überlegung.
Was er gelobte, war nicht mehr, als was der Herr von allen erwartet. Jedoch der Schriftgelehrte kannte weder sich noch seinen Entschluß.
1. Er ließ sich nur von seinen momentanen Gefühlen leiten. Des Herrn Zeichen und Wunder, Seine eindrucksvollen Reden und vor allem Seine Ansprüche, der Messias zu sein, der bald Sein Reich aufrichten werde, verursachten höchste Begeisterung bei ihm, und bewogen ihn zu diesem raschen Entschluß. Aber wir alle wissen, wie schnell Gefühle abkühlen.
2. Sein Gelübde war unüberlegt. O, die voreiligen Gelübde! Man denke nur an Jephta`s Gelübde und dessen Folgen (Ri 11,30,35). Auch der Schriftgelehrte handelte so voreilig, und dachte nicht an den zu trinkenden Kelch eines wahren Jesusnachfolgers (Mt 20,22-23).
3. Er vertraute auf sich selbst. Wie Petrus war er voll Selbstbewußtsein (Lk 22,33). Eine fast leere Schachtel macht mehr Lärm, als eine volle. Wo blieben die vielen begeisterten Hosiannarufer, als die Volksmenge schrie "kreuzige Ihn" ? Mutig, wie ein junges Roß, springen viele herum, aber wie Schnecken kriechen sie davon. Für die Jesusnachfolge ist mehr als Begeisterung oder Selbstvertrauen nötig.
III. Des Herrn Prüfung.
Daß der Herr diesen Schriftgelehrten sofort prüfte, zeigt, daß Er ihn besser kannte (Joh 2,25). Der Herr machte ihm keinen Vorwurf seines Gelübdes wegen, sondern belehrt ihn an Hand eines einfachen Bildes aus der Natur über die Folgen des gefaßten Entschlusses.
Der Herr macht ihn auf die eintretenden Entbehrungen aufmerksam. Was ihm der Herr anzubieten hatte, vermochte sein Fleisch nicht zu ertragen; denn der Sohn des Menschen hat nicht, da er sein Haupt hinlege. Er mußte wissen, daß es in des Herrn Nachfolge anders gehe, als Schriftgelehrter zu sein. Da hat er weder mit Bequemlichkeit, Lohn oder Ehre zu rechnen, sondern mit dem absoluten Gegenteil. Hier ist nichts zu empfangen, sondern nur zu opfern. Der Unterhalt des Herrn und Seiner Jünger bestand in den wohltätigen Gaben seiner Freunde (Lk 8,2-3). Er und Seine Jünger waren oft weniger versorgt, als Vögel und andere Tiere, und vor allem weniger geschützt. Jagt der Jäger den Fuchs, so hat das Tier seine Höhle, aber für den Sohn des Menschen gibt es in der Stunde der Gefahr keinen Bergungsort, sondern nur das Kreuz. - "In meiner Nachfolge wirst du nur Entbehrungen finden; wenn dir das recht ist, dann komm."
1. Seine Armut (2Kor 8,9). Der Gelehrte sollte dem Herrn nicht nur nachfolgen in dem, was er gesehen und gehört hatte, sondern auch in Seiner Armut und Entäußerung.
IV. Die Folge dieser Prüfung.
Mit dem Bilde von Fuchs und Vögeln hatte ihm der Herr alles gesagt. Wird er wohl nun auch noch begeistert nachfolgen wollen und gehen, wohin Er geht? Hierzu hätte er jetzt mehr als zuvor bereit sein sollen! Erst jetzt hätte sein Staunen über den Herrn groß werden sollen. Dem, dem alle Gewalt gegeben ist, die Er vor dem Schriftgelehrten bewiesen hatte, der freiwillig arm wurde, Spott und Hohn, ja selbst das Kreuz auf sich nahm, dem hätte er doppelt zurufen müssen: "Meister, ich will Dir folgen, wohin Du gehst." Denn als Schriftgelehrter mußte er wissen, daß der Herr leiden werde (Ps 22; 69; Jes 53).
Da wir aber nichts mehr von dem Schriftgelehrten lesen, so dürfen wir wohl annehmen, daß er, wie sein Kollege in Mt 19,22, davongegangen ist.