Behandelter Abschnitt 2Mo 26,15-30
2. Mose 26,15-30 - Das goldene Haus
So darf man das Heiligtum nennen. Es ist Mose in ganz wunderbarer Art geoffenbart worden. Er weilte zweimal vierzig Tage vor Gott auf dem Berge. Dort wurden ihm alle Einzelheiten gezeigt, dort wurde er innerlich bereit und geschickt gemacht, in die Gedanken und Pläne Gottes mit Seinem Volke hineinzuschauen, in diese Geheimnisse, soweit Gott sie Seinen Kindern offenbaren will. Es lohnt sich schon, Opfer an Zeit zu bringen, um tiefer einzudringen und mit Paulus sagen zu dürfen: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie gar unbegreiflich sind Seine Gerichte und unausforschlich Seine Wege“ (Röm 11,33). In dieser anbetenden Haltung wollen auch wir in dieses goldene Haus eintreten.
Wie sah dieses goldene Haus aus? Es bestand aus achtundvierzig goldenen Brettern oder Bohlen von je zehn Ellen Länge (etwa fünf Meter) und anderthalb Ellen Breite. Die Bretter waren aus Akazienholz geschnitten und mit Goldblech überzogen, so daß man nichts mehr vom Holz sehen konnte. Jedes dieser Bretter hatte an der Außenseite fünf Ringe von Gold, durch die fünf Stangen liefen. Sie waren ebenfalls mit Gold überzogen und gaben dem Bau den Zusammenhalt und die nötige Festigkeit. Nach oben war das Heiligtum offen, bzw. durch Decken oder Teppiche vor der Unbill der Witterung geschützt, ebenso nach vorn. So bot, bildlich gesagt, das Zelt Zugang von oben für unsern Gott und von unten für den Menschen, ein wirkliches Zelt der Zusammenkunft. Das Innere der Wohnung bestand aus zwei Teilen. Der vordere Teil war das Heiligtum, dahinter befand sich das Allerheiligste. Die zwei Räume waren durch einen schweren Vorhang voneinander getrennt. Im vorderen Teil befanden sich drei Gegenstände, der goldene Altar, oder auch Rauchopferaltar genannt, der Schaubrottisch und der siebenarmige Leuchter. Im hinteren Teil, im Allerheiligsten, stand nur die Bundeslade.
Betrachten wir kurz die goldenen Bretter. In den Ausführungen über den Vorhof wurde dargelegt, daß die zwei dort aufgestellten Geräte, der eherne Altar und das Waschbecken, den Herrn am Kreuze vorbilden. Hier im Heiligtum lernen wir im Bilde Seinen Dienst an uns kennen, den Er im Himmel ständig für uns tut. Als Er auf Erden war, starb Er für uns; droben im Himmel lebt Er für uns. Die Bretter waren aus Akazienholz und weisen wiederum auf Christi Menschheitscharakter hin, als den von der Jungfrau geborenen, aber vom Heiligen Geist zeugten Gottes- und Menschensohn. Als der Herr auf die Erde kam, nahm Er nicht etwa die Gestalt der Engel an, sondern wurde, wie jeder andere Mensch, in Fleisch und Blut geboren, wie geschrieben steht: „Nachdem nun die Kinder Fleisch und Blut haben, ist Er dessen gleichermaßen teilhaftig geworden“ (Heb 2,14).
Die Bretter waren mit Gold überzogen. Das Gold, dieses edelste Metall, stellt den Herrn in Seiner Gottheit dar, als den, der von Ewigkeit her ist (Joh 17,5). Während Seines Erdenlebens sah man, rein äußerlich betrachtet, nichts von dem Golde an Ihm, denn Er unterschied sich in nichts von andern Menschen. Der Herr machte auch keinen Gebrauch für Sich Selbst von Seiner Gottheit, sondern „Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an . . .“ (Phil 2,6-8). Darum sahen viele in unserm Herrn nur den Zimmermannssohn.
Die goldenen Bretter aber haben bestimmt noch eine andere Bedeutung. Sie sind:
Ein Bild der Gemeinde. Paulus schreibt in Eph 5,32: „Dieses
Geheimnis ist groß, ich aber sage es in Bezug auf Christus und die
Gemeinde.“ Für die Gotteskinder erbittet der Herr von Seinem Vater, ,daß
auch sie in Uns - dem Vater und dem Sohne - eins seien“ (
Wenn ich dies Wunder fassen will, so steht mein Geist vor Ehrfurcht still. Er betet an und er ermißt, daß Gottes Lieb unendlich ist.
Die Natur der Bretter. Sie stammten von der Akazie, einem sehr dauerhaften Holz. Vor der Verarbeitung standen die Bretter als Bäume im Walde. Da traten einst Bezaleel und Oholiab und ihre Leute mit der Axt in der Hand an sie heran und legten sie um. In Mt 3,10 lesen wir: „Es ist schon die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt." Wir staunen, wenn wir daran denken, daß dasselbe wild gewachsene Holz nun auserwählt ist, das Heiligtum zu bilden (1Kor 3,16; 6,19). Sollte uns das nicht zur Anbetung führen, daß wir mit Paulus bekennen: „Ich bin der Geringste - aber von Gottes Gnade bin ich, was ich bin“? (1Kor 15,9.10). Oft wenn ich durch Menschenmengen hindurchgehe, die zu allerlei Vergnügungen und Zerstreuungen strömen, frage ich mich: Herr, warum hast Du gerade mich Unwürdigen auserkoren, Dein Eigentum zu sein, so ein goldenes Brett zu sein? Da muß ich jedes mal demütig anbeten und von Herzen danken. Wenn uns solche Gedanken nicht zu heiligem Leben verpflichten, dann sind wir wirklich sehr undankbar.
Doch zurück zu den Brettern. Bevor sie brauchbar wurden für die Verwendung im Heiligtum, mußten sie in Längen und Breiten gesägt und gehobelt werden. Dann erst konnte Bezaleel sie vergolden. Das ist es, was der Herr durch Sein Wort, Seinen Geist und Seine mancherlei Führungen (vergl. 2Kor 11,23 ff.) an uns tut. Er macht uns passend für das Heiligtum. Er heiligt und reinigt uns, um uns an jenem Tage ohne Flecken und ohne Runzeln vor Gott zu stellen (Eph 5,26.27). Kind Gottes, laß dich zubereiten für diese herrliche Bestimmung, laß dich als einen lebendigen Stein einfügen ins geistliche Haus! (1. Petr. 2,5).
Wie früher schon, so sehen wir auch hier wieder die zwei Seiten, den Herrn und uns. Wird Er nicht die Wurzel aus dürrem Erdreich genannt? (Jes 53,2). Ist Er nicht erbarmungslos von rohen Händen abgehauen worden, zerschlagen, gepeinigt, gegeißelt und getötet, aber von Gott auferweckt und nun mit Ehre gekrönt, zu Gottes Rechten sitzend!
Es ist nützlich, sich immer wieder neu der eigenen Herkunft zu erinnern. Denken wir an den Kot und den Schlamm, aus dem wir herausgezogen wurden, und wie wir da aussahen (Ps 40; 1Sam 2,8; Ps 113,7). So erinnerte Gott auch Israel an seine Herkunft (5. Mose 26,5). Paulus schreibt: „Da wir tot waren in Sünden und Obertretungen, hat Er uns samt Christo lebendig gemacht und uns samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt" (Eph 2,5.6). Danken wir Ihm, daß Er auch bei uns die scharfen Werkzeuge, Messer, Säge, Feile, Hobel usw., aber, was das Entscheidende ist, vor allem uns selbst nicht schonte, um uns endlich für die eine Behausung tauglich zu machen: „. . . erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, in dem Christus selbst Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchen auch ihr mit erbaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geiste“ (Eph 2,20-22). Wie sollte die Ermahnung des Apostels ein freudiges Echo finden: „Dieweil wir nun solche Verheißungen haben, meine Liebsten, so laßt uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen und fortfahren mit der Heiligung in der Furcht Gottes“ (2Kor 7,1).
Eine zweifache innere Veränderung hat der aus dem Vorhof ins Heiligtum Tretende erfahren. Sein natürliches, menschliches Wesen, durch das Akazienholz gekennzeichnet, ist verschlungen worden von dem Golde der göttlichen Natur (2. Petr. 1,4). Ferner hat er den Naturboden seines Eigenlebens verlassen, gleichwie die goldenen Bretter auf den silbernen Füßen und somit auf dem Boden der Erlösung stehen, nicht mehr auf dem Wüstensand. Er ist „gestorben und mit Christo verborgen in Gott“ (Kol 3,3.4).
Die Bretter in ihrer Zusammenstellung. Die einzelnen vergoldeten Bretter wurden nun zur Wohnung Gottes zusammengefügt, Brett an Brett. Die einzelnen Bretter konnten ihren Platz nicht wählen und nicht wechseln, der Baumeister bestimmte ihren Ort. In Apg 2,41-47 finden wir die Verwirklichung dessen, was das vergoldete Brettergehäuse bildlich darstellen sollte. Alle Glieder der ersten Gemeinde waren einst gleicher Herkunft, alle kamen in Buße und Glauben zum Herrn, und nun waren sie alle vereinigt. Sie liebten das Wort, sie liebten einander, sie brachen gemeinsam das Brot und sorgten füreinander. Da gab es keinerlei Unterschied, kein Fragen nach Stellung, Rang, Nationalität, da war allzumal einer in Christo Jesu. Wie im goldnen Haus alle Bretter gleich lang und gleich breit und alle mit demselben Golde überzogen waren, so stellten die Glieder in der Gemeinde in ihrer Gesamtheit die Wohnung Gottes dar. Und fragt jemand: Warum ist es heute nicht mehr so? Die Antwort lautet sehr einfach: alle waren in jenen Tagen ganz vergoldet, d. h. sie standen alle bewußt und willig unter der Zucht des Heiligen Geistes, einer sah am andern nur das Gold und nicht das rohe Holz. Es blieb zwar auch nicht immer so, wie wir es in Apg. 2 lesen. In Kap. 5 wird uns berichtet von zwei Gliedern, deren Geldbeutel war nicht vergoldet. In Kap. 6 lesen wir von Frauen, die hatten keine „vergoldete“ Zunge, d. h. sie murrten, und das verursachte Störungen. Ist unsere Zunge vergoldet? Wie halten wir zusammen? (Eph 4,12.13).
Bei den vielen Wüstenwanderungen werden die Bretter oft gelitten haben. Hier und da kam das rohe Holz zum Vorschein. Was geschah wohl dann? Bezaleel wird sie neu vergoldet haben. Bricht nicht manchmal bei uns das fleischliche Wesen durch, ohne daß wir dabei bedenken, wie das in der Gemeinde ebenso wie vor der Welt schädlich wirkt. Vielleicht ist es Neid, Härte, Lieblosigkeit, Richtgeist usw. Vergessen wir nie, wes Geistes Kinder wir sind (Lk 9,55). Gehen wir gleich zu unserm Bezaleel und lassen wir uns neu vergolden, damit nur Gold und nichts anderes an uns gesehen wird. Etwa wie Paulus es so klar und köstlich sagt: „Nicht lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20).
Die Festigkeit der goldenen Bretter. Jedes einzelne Brett hatte unten zwei Zapfen; mit denen ruhte es in einem Silbersockel von einem Zentner Gewicht. Die Bretter standen nun nicht mehr auf dem Wüstensande, auf natürlichem Boden. Diesem waren sie entnommen und ruhten nun in dem silbernen Erlösungsgrunde. Der Gerettete ist nicht nur vergoldet, d. h. angetan mit Christus; in Ihn eingehüllt, ruht er in der durch Ihn vollbrachten Erlösung, oder ist, wie Paulus sagt: „ . . . gewurzelt und gegründet in Ihm“ (Kol 2,7). Alle, die auf diesem Boden stehen, erfüllen des Herrn Wunsch: „Ich in ihnen und Du in Mir“ (Joh 17,23). Hier ist weit mehr als Allianz, hier ist wahre innerste Herzensverbundenheit. Es ist unmöglich, auf diesen Silbersockeln der Erlösung in Christo zu stehen, ohne innigste Fühlung zu haben mit denen, die auf demselben Grunde stehen. Stellen wir uns vor: Hätte eines der Bretter nicht mit den Zapfen im Silbersockel gestanden, so hätte das Ganze nicht zusammen gepaßt. Auch hätten die Verbindungsstangen nicht durch die goldenen Ringe geführt werden können, weil diese nicht in einer geraden Linie angeordnet gewesen wären. Es kommt also sehr viel auf die rechte Stellung des einzelnen Brettes an. Lehrt uns das nicht unsere große Verantwortung Ihm gegenüber, daß wir Ihn lieben und unsere Pflicht erkennen, einander in Liebe zu tragen? „Leidet ein Glied, so leiden alle Glieder mit“ (1Kor 12,26).
Im Vorhof kommt es noch nicht so genau darauf an, dort hängt die Umwandung lose auf den Pfosten. Darum wohl ziehen es die meisten Gläubigen vor, im Vorhof zu bleiben, weil sie, wie sie sagen, frei sein und bleiben möchten, damit sie eigenwillig handeln können. Ist das aber wahre und beglückende Freiheit? Nein, das ist Gebundenheit an das eigene Ich, das sich nicht unterordnen will und nicht in den Tod gegeben wird. Lieber Leser, denke daran, du gehörst in die Bretterwand, d. h. in die örtliche Gemeinde. Ziehe also nicht länger umher, ohne Verantwortung ihr gegenüber zu übernehmen. Moses baute die Stiftshütte nach dem Vorbild, das er auf dem Berge gesehen hatte, und bekam das Lob, daß er treu war (4. Mose 12,7; Heb 3,5). Wenn du dereinst auch dieses Lob empfangen willst, so mußt du ausschließlich nach der Schrift handeln.
Ferner werden die goldenen Stangen oder Riegel genannt. Sie waren, wie die Bretter, von Akazienholz und mit Gold überzogen, also aus demselben Material wie die Bretter. Jemand hat gesagt, sie symbolisieren die all-
mächtigen Arme Gottes, die alle Seine Kinder umfassen und festhalten. Nichts und niemand soll sie aus Seinen Händen reißen (Joh 10,28). Satan möchte gern die Gemeinde zerstören, aber „die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen" (Mt 16,18).
Doch erlauben wir uns eine andere berechtigte Anwendung. Wenn die Bretter, wie wir sahen, die einzelnen Glieder darstellen, so gehen wir kaum fehl, wenn wir in den Stangen die Diener Christi erblicken. Es werden fünf Stangen genannt und ebenso fünf Diener in der Gemeinde: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer. Apostel haben wir heute nicht mehr. Ihr Dienst war ein einmaliger, den Grund zu legen, und der ist gelegt worden (1Kor 3,10.11). Johannes sagt viel später, daß diejenigen, die sich Apostel nennen, Lügner sind (Offb. 2,2). Somit wissen wir, daß die Grundlage der sogenannten Neuapostolischen nur Lüge ist. Wir haben in unsern Tagen auch keine Propheten mehr und bedürfen auch keine, weil wir das „feste prophetische Wort“ besitzen (2. Petr. 1,19). Wir haben aber diejenigen Diener Christi, die zur Auferbauung nötig sind, bis der ganze Bau vollendet sein wird: Evangelisten, Hirten und Lehrer. Bretter und Stangen sind miteinander verbunden. Die Stangen dienen zu unserer Befestigung im Glaubensleben. So wirkte z. B. Barnabas in Antiochien (Apg 11,22 ff.). Später gingen Paulus und Barnabas hin, um nach den Brüdern zu sehen, und befestigten sie (Apg 15,36; 16,5). Wir sind unsern Brüdern dankbar für ihren Dienst am Hause Gottes und beweisen dies durch unsere Fürbitte (Eph 6,18; 2Thes 3,1-3), und sorgen für sie, weil wir es ihnen schulden (3Joh 5.8). Durch diese Stangen werden wir alle zubereitet zum Dienst und befestigt, um den Wüstenstürmen widerstehen zu können (Eph 4,12-16; Kol 2,19).
Wir sahen bereits, daß an den goldenen Brettern Ringe befestigt waren, um die Stangen zu fassen. Der Ring ist das Zeichen der Verbundenheit in Liebe. Der Ring ist zugleich das Bild der Unendlichkeit, denn er hat weder Anfang noch Ende. So ist es mit der Liebe, sie bleibt, selbst wenn alles andere schwindet. Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit.
Vergessen wir aber die Hauptsache nicht. Die goldenen Bretter wären an sich nichts anderes gewesen als andere Bretter auch. Was sie in ihrem Innern bargen., machte ihren besonderen Wert aus. In ihrer Gesamtheit waren die Bretter Behälter göttlicher Geheimnisse. Davon ahnten die nichts, die nur im Vorhof sich aufhalten durften. Was bargen die Bretter in sich? Den goldenen Altar, den Schaubrottisch und den goldenen Leuchter. Ferner war da der herrliche Vorhang zu sehen mit den Cherubim eingestickt, der so deutlich auf die Person des Herrn hinweist (Heb 10,19 ff.). Hinter diesem Vorhang befand sich die Bundeslade. Die goldenen Bretter sollen denen, die draußen sind, bezeugen, was sie im Heiligtum erwarten dürfen, wenn ihnen der Eintritt gewährt wird.
Mit den einzelnen Gegenständen in diesem goldenen Hause beschäftigen wir uns noch; hier wurden sie nur flüchtig erwähnt.