Behandelter Abschnitt Ps 77,1-4
Hat Gott vergessen, gnädig zu sein? Psalm 77,1-4
Der liebliche Sänger Asaph, Chorleiter des viertausendköpfigen Männerchores, der viele erfreute, stand plötzlich in einer schweren inneren Krise, wie sie Kinder Gottes öfters durchmachen. Oft sind es schwere Enttäuschungen, manchmal Verbitterung, gelegentlich materielle oder Ehrverluste.
Was war die Ursache bei Asaph, die zu dieser untröstlichen Lage führte? Es war nach Psalm 73,3 der Neid, der zu schweren Folgen führt, wie z. B. bei Miriam, der Schwester des Moses (4. Mose 12). Asaph sah das Wohlergehen der Gottlosen, zuerst aber seine eigene Not, und er seufzt. Sein Hintergedanke war, wie noch bei vielen anderen, Gott sei ungerecht, und er haderte mit Ihm. Asaphs Trübsale waren so schwer, dass er sich nicht trösten ließ. Weit mehr, wie viele in unseren Tagen meinen wie Asaph, Gott habe sie verlassen; doch das steht im krassen Gegensatz zu Hebräer 13,5.6: „Ich will dich nicht verlassen, noch versäumen!“ Gottes Kinder gehen meistens durch mehr Trübsale als die Welt. Oft ist es auch göttliche Zucht. Wo fangen die Trübsale oder Leiden beim Kinde Gottes an? Bei der Wiedergeburt. Wie die natürliche Geburt mit Wehen verbunden ist, so ist es in ähnlicher Weise bei der Wiedergeburt. Das sehen wir auffallend bei der Bekehrung des Saulus, der drei Tage mit Weinen, Fasten und Beten verbrachte, also durch schwere Geburtswehen ging. Gleich nachher begannen die ersten Verfolgungen in Damaskus und das bis zu seinem siegreichen Abschied. Ähnliches erleben die Gläubigen noch heute, die oft von der eigenen Familie verachtet, ja selbst ausgestoßen werden. Nicht alle harren aus, sondern kehren um (Joh 6,66). Andere wie z. B. der König Josia (2Chr 34) oder die Sünderin in Lukas 8 erfuhren dasselbe, aber mit herrlichem Ausgang.
Andere gehen durch tiefe Familiennöte wie z. B. Jakob, wegen der Sünde Rubens und der Dina, oder wegen der Verbrechen der zwei Brüder Simeon und Levi (1. Mose 34,30), aber Pniel änderte alles (1Mo 32,22-32). Satan legte unerträgliche Leiden auf Hiob und sein Haus; gerne hätte er diesen treuen Zeugen umgebracht (Hiob 2,6). Gott selbst wachte über Seinem frommen Knechte und später oft über Paulus und Petrus. Da, wo viele Menschen der Hölle entrinnen, kann Satan nicht zusehen. Besonders empfinden wir die Leiden durch Brüder (2Kor 11,26). Selbst das Alter bleibt nicht von Leiden verschont (Ps 71,9.18).
Die Dauer der Trübsale. Oft währen sie lange. Asaph redet von Tag und Nacht. Hebräer 11 gibt uns nach der Seite hin eine Fülle von Beispielen. Bis in unsere Tage gehen Gläubige durch Trübsale um Jesu Willen, durch Folterungen schwerster Art, ähnlich denen in Hebräer 11,36-46. Wer denkt dabei nicht an die Leiden, welche die Gläubigen der großen Trübsal erdulden werden (Mt 24,21)? Auch sie werden fragen: „Herr, wie lange?“ Aber wer beharrt bis ans Ende, der wird selig.
Asaph war untröstlich wie Rahel; er ließ sich nicht trösten (Mt 2,18). Der Ochse verweigert nicht das Futter, aber der Mensch die Zurechthilfe. Vielleicht dachte er wie Hiob und andere, dass sie geboren sind um zu leiden (Hiob 5,7).
Asaphs Handeln in seiner inneren Zerrissenheit. Er sagt es in Vers 2: „Ich suchte den Herrn.“ Gottes Ohr ist stets offen für das Schreien der Seinen. Das sehen wir zu Anfang der Bibel bei Hagar (1. Mose 21) oder später an dem bedrängten Volk Israel. Der Herr hörte nicht nur ihr Schreien, sondern kam herab, es zu retten (2. Mose 3,7.8). Selbst das Schreien Jonas im Bauch des Fisches hörte Gott und rettete ihn (Jona 2).
Der rechte Ausweg. Ich suchte den Herrn. Jesus sagt: Suchet, so werdet ihr finden (Mt 7,7). Menschenhilfe die wohl willkommen ist, reicht oft nicht aus. Man denke an Männer wie Asa (2Chr 14,7) oder Josaphat (2Chr 17,3.4; Esra 7,10), David (Ps 34,4; Dan 9,3.4). Sie alle suchten Gott in ihrer Not und wurden wunderbar gerettet. Die Aufforderung: „Rufe Mich an in der Not“ sowie die Verheißung: „Ich will dich erretten“, erfahren viele Gläubige, vergessen aber oft, dafür zu danken (Lk 17,17).
Die Werkzeuge zur Rettung, das sind Seine Knechte, sie dürfen Niedergedrückte aufrichten (Jak 1,27). Gottes Gedanke ist stets das Wiederherstellen und das Zurechthelfen (Gal 6,1). Der größte Tröster ist der Herr. Das weissagt schon der Prophet von Ihm in Jesaja 61,1, und Er selbst bestätigt es in Lukas 4,18.19.
Ich dachte nach. Worüber? Sicherlich über die vielen Segnungen der Vergangenheit, über die große Güte Gottes, über die Herablassungen und Segnungen Gottes, die täglich neu sind. Das führt zum Wegblicken von dem Beschwerlichen und ermuntert zu neuem Vertrauen. Ich stöhnte. Das setzt tiefen Schmerz voraus, das hören wir manchmal in leiblichen Schmerzen, die so groß sind und oft unbewusstes Stöhnen hervorrufen; hier aber war es ein Stöhnen des Herzens; das kann Gott nicht überhören, so wenig wie eine Mutter den Schmerz ihres Kindes. Vergessen wir nicht, dass uns zum Leiden Kraft geschenkt wird (Phil 1,29).
Was tun wir in solchen Lagen? Ich sann nach. Worüber? Über das Wort, etwa wie Josua, der das Volk Israel zu großen Siegen führte (Jos 1,8). Und David sann darüber Tag und Nacht.