Behandelter Abschnitt Ps 70,1-5
Ein Gebet für Elende Psalm 70
David gibt hier ein Beispiel eines vorbildlich kindlichen Beters. Er darf Gott sogar zur Eile rufen. Gott hat es zwar nicht nötig erinnert zu werden, denn Er vergisst die Seinen nie (Jes 49,15). Davids Dringlichkeit im Gebet erinnert uns an Jesu Worte in Lukas 11,8, da einer seinen Freund um Mitternacht um drei Brote bat; doch der wollte nicht gestört sein, aber um des unverschämten Geilens seines Freundes willen, stand er auf und half ihm aus der Not. Ähnlich lautet Davids Gebet. Er weiß: ich bin Gottes Freund, Er kann mich nicht abweisen. Gott beeilt sich für die, so Ihn kindlich und vertrauensvoll anrufen.
Die Umstände des Beters waren hart; er flehte wegen der Verfolgung. Die Feinde trachteten nach seinem Leben, mehr noch nach seiner Seele. Durch ständige Qualen wollten sie seine Seele erwürgen, ihn wenn möglich vom Glauben abbringen, damit er allein und hilflos dastehe. Wo ist nun dein Gott?
Sie wünschten David Übles. Obgleich sie an ihm nichts Strafbares finden konnten, planten sie täglich nur Böses gegen ihn. Sie verspotteten ihn. Das ist hart zu tragen. Vom Herrn lesen wir in Psalm 69: „Der Hohn hat mir das Herz gebrochen.“ Was David dort erduldete, ist das Los aller, die gottselig leben wollen. Sie müssen Verfolgung leiden. Die Arten der Verfolgungen sind verschieden, doch die Absichten sind gleich.
David erwähnt seinen trüben äußerlichen Zustand mit den Worten: „Ich bin arm.“ Nicht die Besitzlosen, die entblößt dastehen, sind es, sondern die, die sich hilflos und verlassen fühlen, sie erfüllt Gott mit Gütern (1Sam 2,8). Dazu kommen die beständigen inneren Qualen.
„Ich bin elend.“ Innere Nöte drücken auf das Gemüt, und er sehnt sich nach Befreiung aus seiner Lage. Arme und Bedürftige schreien zu Gott um Hilfe. David schreit darum um sofortige Hilfe, dass er nicht umkomme, wenn Gott nicht eingreift. „Ich habe keine andere Zuflucht als nur Dich. Du hast in Deinem Wort gesagt, man soll Dich anrufen in der Not“ (Ps 50,15), und wiederum in Amos 5,4: „Suchet mich, und ihr werdet leben.“
Beachte die Dringlichkeit seines Gebetes. Zweimal braucht David das Wort „eile“ und einmal „zögere nicht“. Er fleht zu dem, bei dem kein Ding unmöglich ist. Er nennt Ihn seine Hilfe und seinen Befreier. Seine Bitte lehnt sich an die Verheißung. David ist wie in Psalm 42 „Seine Hilfe in großen Nöten“. Und aus allen hast Du ihn errettet.
Er bittet, dass die Angesichter der Feinde mit Scham bedeckt sein möchten ob ihres Hohns an ihm, dem Unschuldigen. Mache sie unglücklich über sich selbst, vor allem, dass sie sehen müssen, dass Du, o Herr, zu mir stehst. Mache sie uneins unter sich selbst, dass sie sich untereinander bekämpfen», wie das oft geschehen ist. Bringe den Hohn auf sie selbst zurück. Lass sie in die Grube fallen, die sie mir gegraben haben, oder in die Falle, die sie mir gelegt haben (heute die Minen). Er bittet, dass Gott die Herzen der Mitgläubigen erfreue. „Erfreue die, welche dich lieben, und bewahre sie vor Nöten, die mich betroffen haben.“ Gläubige wünschen andern nur Segen, weil sie zum Segnen berufen sind. Ja, „segnet die euch fluchen!“ Das wurde mir einmal schwer zwei Brüdern gegenüber. Bald merkte ich dass es Sünde war und ich nicht erhörlich beten konnte. Ich tat Buße, beugte mich auch vor den Brüdern und war wieder glücklich. Der Herr ermahnt uns einander zu lieben, gleich wie Er uns geliebt hat. Vergessen wir nicht, dass Neid und Missgunst auf uns selbst zurückkommen. „Was der Mensch säet, das wird er ernten!“ Unfreundliche Gedanken gegen andere sollten uns stets zur Buße leiten.
Eine schöne Anregung. Alle die das Heil Gottes lieben und suchen, sollen stets sagen: „Hochgelobt sei Gott.“ Das tat David oft. Denken wir vor allem an die Engel, die beständig ihr „Heilig, heilig, heilig dem Herrn“ zurufen. Der Herr befiehlt uns zu beten: „Geheiligt werde Dein Name.“ Jesus durfte am Ende seines Erdenlebens sagen: „Vater, ich habe Dich verherrlicht.“ Den Vater ehren, Ihn zu verherrlichen durch Wort und Tat, das war sein tägliches Werk, das soll auch unser Sehnen sein. Dann dürfen wir mit Paulus sagen: „Ich habe den Glauben bewahrt, hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit“ (2Tim 4,8).
Scheinbarer Erhörungsaufschub. David bittet um Eile. Hier tönt es ähnlich wie in Psalm 13, da der Psalmist viermal fragte: „Herr wie lange?“ Die Gefahr war offenbar groß, und jegliche Aussicht auf Hilfe fehlte. Er selbst konnte sich nicht retten und wusste, dass es nur Gott vermag. Hier war also scheinbarer Verzug in der Erhörung. Ergeht es uns nicht ähnlich, als höre Gott nicht hin? Das war die Meinung der Schwestern Maria und Martha, die beide dem Herrn Vorwürfe wegen Seines Verzuges machten: „Herr, wärest Du da gewesen, dann wäre unser Bruder nicht gestorben.“ Bald aber erlebten sie, dass Sein Zögern nur zur Ehre Gottes und zu ihrer bleibenden Freude gereichte. Das große Ziel Gottes ist zunächst nicht die Erhörung, sondern dass „Sein Wille geschehe“ (Lk 22,42). Nichts fällt uns so schwer, als das Warten. Verzögerung in der Erhörung hat seinen bestimmten Zweck, jedenfalls da, wo die Erhörung nicht gleich eintrifft. Er ist der Belohner aller, die Sein Angesicht suchen (Heb 11,6). Eins konnte David immer sagen: „Du bist mein Retter. Du leitest mich nach Deinem Rat und nimmst mich endlich in Ehren an „ (Ps 73,24).