Behandelter Abschnitt Ps 69,1-36
Christus am Kreuz Psalm 69
Dieser Psalm ist neben dem 22. der bedeutendste bezüglich der Leiden Christi. Wenigstens siebenmal ist er in Verbindung mit dem Kreuz zitiert. Vergleiche Vers 4 mit Johannes 15,25; „sie hassen mich ohne Ursache“; Vers 9 mit Johannes 2,17 und 19: „Brechet diesen Tempel“; Vers 19 mit Römer 15,3: „Die Schmähungen derer, die mich schmähen“; Vers 21 mit Johannes 19,28: „Mich dürstet“; Vers 20 mit Matthäus 27,29: „und sie verspotten Ihn“: Vers 9 mit Johannes 2,17: „Der Eifer in Deinem Haus hat mich verzehrt“; Vers 9 mit Römer 15,3: „Die Schmähungen derer, die mich schmähen“; Vers 25 mit Apostelgeschichte 1,20: „Judas Behausung muss wüst sein“.
Diese Zitate geben uns tiefen Einblick in Jesu Leiden und Seinen Kreuzestod. Der Psalm ist zum Teil ein Notschrei Jesu am Kreuz. Wir sollten ihn im Geiste als selbst unter dem Kreuz weilend, kniend lesen. Wir betrachten zunächst die ersten vier Verse. Welches waren die Beweggründe dieses lauten Schreies? Sie sind in Vergleichen ausgedrückt.
„Herr, hilf mir, rette mich, denn die Wasser sind bis an die Seele gekommen.“ Er kommt sich vor wie ein Ertrinkender. Es waren die Wasser des Zornes Gottes. Alle deine Wogen sind über mich gegangen. Wir müssen hierzu Hebräer 5,7 lesen: „Er hat in den Tagen Seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert dem, der Ihn vom Tode erretten vermochte.“ Wer denkt hier nicht an das noch Furchtbarere, an Seinen Schweiß, der gleich großer Blutstropfen war, und an die Schreie vom Kreuz!
Hilflosigkeit. Die Feinde hatten wohl recht, wenn sie sagten: „Andern hat Er geholfen.“ Aber nie dachte Er an sich. Er gab Sein Leben freiwillig. Die Lage war äußerst ernst. „Ich versinke in tiefem Schlamm.“ Dieses Bild ist von Natur aus unser aller Zustand. David nennt ihn in Psalm 40, nur mit dem Unterschied, dass er der Herausgezogene war. Man denke hier an Jeremia, der im Schlamm versank (Jer 38,6). In solcher Lage sind alle Anstrengungen, sich selbst zu retten, unmöglich. Der Herr versank im tiefen Schlamm unserer Sünde. Er nahm all unsere Sünden auf sich.
Hoffnungslosigkeit. „Tiefe Wasserfluten überströmen mich, sie ersäufen mich.“ Hier gingen alle Wellen und Wogen über ihn (Ps 42,7; Jona 2,4 Elberfelder - Übersetzung). Das geschah beim Herrn anlässlich der Taufe, (Mt 3,13 ff), die bekanntlich ein Hinweis auf die schwere Taufe war (Lk 12,50). Angstvoll schrie Er: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du mich verlassen.“ Getrennt von Gott sein ist das Schwerste, was einen Menschen treffen kann. In diese Not ging Jesus unseretwegen, oder aber wir hätten das Los des reichen Mannes in Lukas 16 teilen müssen. Der Herr stand beladen mit all unserer Schuld vor dem dreimal heiligen Gott und Richter, der dem Übertreter des Gesetzes die Todesstrafe ansagen musste (lies 1. Mose 2,17). Niemand vermag sich die Not und Angst auszudenken, in die unser Herr unseretwegen ging. Paulus sagt darum: „Weil Er mich geliebt und sich für mich dahin gab“ (Gal 2,20).
Mattigkeit. „Ich bin müde vom Rufen.“ Der Herr hat so laut nach Hilfe geschrieen, wie einer im brennenden Hause ohne Ausweg. Seine Kehle war müde vom Rufen. Er war erschöpft von allem was hinter Ihm lag, den seelischen und körperlichen Qualen. Man denke an die Faustschläge, die schreckliche Geißelung und die Dornenkrone. Jeremia antwortete darauf in den Klageliedern (Jer 1,12; Jes 50,6; Ps 129,3). Er war erschöpft von der Last des Kreuzes, die Ihm aber ein anderer, Simon von Cyrene, abnahm. Wo aber blieb Simon Petrus, der mit Ihm sterben wollte?
Durst quälte Ihn. Er stöhnte vor Durst. Meine Kehle ist entzündet (V. 21). Das ist die Erfüllung des fünften Wortes am Kreuz. Sein Durst muss quälend gewesen sein, denn seit dem Passahmahl hatte Er nichts mehr getrunken. Man denke an den Blutverlust durch die Geißelung und an die Stunden am Kreuz in heißer Sonnenglut. Was boten sie Ihm an: Essig und Galle.
Finsternis. Meine Augen schwinden. Hier war statt Lichtblick dicke Finsternis. Der sich das Licht nannte ist von Finsternis umgeben. Es kam eine Finsternis über das ganze Land. Oft sah Er bei Nacht im Gebet das Angesicht des Vaters leuchten. Hier aber schreit Er: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Am Kreuz hat Er auch uns zu Lichteskindern gemacht.
Feindschaft. Der Herr litt beständig unter Feinden, die Ihn schmähten. Auf Golgatha war der Hügel mit Feinden besetzt, die Ihn verhöhnten, aber was tat Er? Er hat für sie gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“ (1Kor 2,8). Jedes Kind Gottes, das unter Feindschaft leidet, sollte an Jesu Wort denken: „Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,20).
Stellvertretung. „Ich muss bezahlen, was ich nicht geraubt habe“ (V.5). Jesus war der bessere Bürger und bezahlte unsere ganze Schuld. Er bezahlte sie nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem teuren Blut (1Pet 2,24). Der Reine, Heilige musste unsere Schuld vor Gott bezahlen. Der sagen konnte: „Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen“, nahm all unsere Sünde auf sich. Sie ist restlos beglichen. Hinfort kann uns Satan nicht mehr verklagen. Wer will verdammen? Antwort in Römer 8,34.