Aus tiefer Not Psalm 41,4
So beginnt Martin Luther sein schönes Lied: Aus tiefer Not schrei ich zu Dir, Herr Gott, erhör mein Flehen. Dein gnädig Ohr neig' her zu mir, und lass mir Trost gedeihen. Denn so Du das willst sehen an, was Sünd’ und Unrecht wir getan, wer kann Herr vor Dir bleiben?
Es quoll aus einem Herzen tiefster Sündenerkenntnis, aber auch aus einem, das Den kannte, Der reich an Vergebung ist (Jes 55,7).
David spricht hier ein kurzes, aber sehr inhaltsreiches und demütiges Gebet aus. Wir haben ähnliche, tiefgehende, kurze Gebete, die uns in die Erkenntnis der Sünde hineinsehen lassen. Der Zöllner rief in seiner Sündenerkenntnis vor dem Herrn aus: „Gott sei mir, dem Sünder gnädig“ (Lk 18,13). Der Schächer rief aus: „Herr, gedenke an mich“ (Lk 23,42). Des Herrn Antwort ist uns bekannt. So ist auch dieses kurze Gebet sehr vielsagend und lehrreich. In Bezug auf die Bitte um Vergebung nehmen es viele sehr leicht. Der Beweis dafür ist, dass sie gleich wieder in der Sünde leben. David deckt selbst die verborgenen Fehler auf (Ps 19,12), die andere zudecken, wie Achan, obwohl sie vor Gott waren wie ein offenes Buch (Heb 4,13; 2Kön 5,25.26). Völlig entblößt steht der Sünder vor dem heiligen Gott und bittet um das eine, worum er bitten darf: um Gnade. Er weiß, dass bei Gott viel Gnade und Vergebung ist (Ps 130,4).
Ein offenes Bekenntnis der Sünde. „An Dir allein habe ich gesündigt.“ Das ist wahr bei allen Menschen, wird aber leider nur von wenigen empfunden. Darum schreien sie nicht um Gnade. „Ich habe gesündigt“, ist von vielen gesprochen worden, aber nicht aus gleichen Beweggründen. Darüber sollen uns einige Beispiele der Schrift belehren.
Pharao tat diesen Ausspruch in 2. Mose 9,27 aus Angst vor dem Gericht, aber am nächsten Tag sündigte er wie zuvor. Bileam sprach dieselben Worte aus, aber sie waren unehrlich; er ging den Weg der Sünde weiter (4. Mose 22,34; Jos 13,22). Achan bekannte seinen Diebstahl weil er offenbar wurde. Gott hatte ihn aufgedeckt (Jos 7,20). Er wurde seiner Heuchelei wegen gesteinigt mit seiner Familie. Saul half dieses Bekenntnis auch nicht. Gleich nachher verfolgte er David weiter und wollte ihn töten (1Sam 15,24). Judas sagt auch: „Ich habe gesündigt“; aber kurz darnach ging er hin und erhängte sich (Mt 27,4).
Alle diese Männer sprachen die gleichen Worte aus, aber aus unlauteren Herzen. Buße, der kein neues Leben folgt, ist Betrug vor Gott und führt in das Verderben. Der Psalmist und der verlorene Sohn in Lukas 15 sprachen genau dieselben Worte wie die fünf genannten Männer. Sie wussten, dass sie Gott sehr weh getan hatten durch ihre Sünden. Sie bereuten bitterlich, gewiss wie Petrus, mit vielen Tränen und erlangten Vergebung.
Sündenbekenntnis ist ein Bloßlegen des Übels. „Heile meine Seele.“ Sünde ist nicht nur eine tiefe Beleidigung gegen den dreimal heiligen Gott, sondern ein innerer Schmerz. Oft wird er mit Krankheit verglichen. In Psalm 38, wo er sich ernsthaft über seine Sünden beugt, sagt er: „Es stinken meine Wunden“ (Jes 1,5.6). Dieser Zustand ist ein Erbstück. David sagt in Psalm 51,5: „In Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünden hat mich meine Mutter empfangen.“ Sie sitzt im Innern: „Heile meine Seele.“ Im Innern ist alles unrein. Die Gedanken sind faul. Das bestätigt der Herr in Matthäus 15,19.
Die Sündenkrankheit wird mit dem gefürchteten Aussatz verglichen. Sie hat das Meisterwerk des Schöpfers schrecklich zugerichtet, darum die Bitte: „Heile meine Seele!“ Sie schreit wie jene Zehn: „Erbarme dich unser.“ Die Krankheit führt zum Tode, wenn sie nicht geheilt wird, die Sünde aber in den ewigen Tod.
Das Rezept, das sicher heilt. Vielfach redet David davon. Die Medizin besteht aus einer besonderen Zusammenstellung: In Anerkennung und Bekennen der Sünde (1Joh 1,9; Röm 8,1). Im Balsam des Wortes (Ps 107,20; Mt 8,8). Im Blut des Lammes. Entsündige mich mit Ysop, das war jenes Büschel, das der Vater ins Blut tauchte zur Besprengung der Türpfosten (2. M. 11, 7). Besprenge mein Herz (Heb 10,22; 9,14). Der Heilige Geist erneuert und heilt die Wunde (Tit 3,5). Der Glaube. Dankbar ergreift er die dargebotene Hand. Er erkennt, dass im Opfer Christi die Sühnung der Sünde ist und vor Gott gerecht ist (Röm 5,1). Strecke deine Glaubenshand aus wie jener Mann in der Synagoge, so bist du heil (Mk 3,5). Rühre im Glauben Jesu Kleid an wie jene Frau in Markus 5,28, und du bist gesund. Der Glaube ergreift das Heil; das tat der Kerkermeister und war gerettet (Apg 16,31).
Und nun lassen wir nochmals Luther zu uns reden:
„Darum, auf Gott will hoffen ich
Auf mein Verdienst nicht bauen.
Auf Ihn will ich verlassen mich
Und Seiner Güte trauen.
Die mir zusagt Sein wertes Wort,
Das ist mein Trost und treuer Hort,
Des will ich allzeit harren.“