Behandelter Abschnitt 1Mo 32,22-32
1. Mose 32,22-32 - „SIEHE, ICH MACHE ALLES NEU!“
Dieses Wort aus Offenbarung 21,5 darf füglich nach dem Kampf in der dunklen Nacht von Pniel gesagt werden. Nach solchem Ringen dürfen wir mit Recht einen herrlichen Ausgang erwarten. Jakob hatte sich lange geweigert, die Himmelsleiter, die er im Traum gesehen hatte, zu besteigen. Es gefiel ihm noch viel zu gut auf Erden. Endlich macht er aber ganze Sache. Haben wir etwa ein Recht, ihm dieserhalb Vorwürfe zu machen? Ist nicht bei vielen unter uns ähnliches wie bei Jakob zu finden? Und haben nicht viele von uns auch nur die erste Stufe der Leiter beschritten? Sie sind nicht weiter hinaufgestiegen, sind nie über die Bekehrung hinausgekommen und haben die Heiligung vernachlässigt. Wer unter uns ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf Jakob. Er ist endlich auf Gottes Wirken eingegangen, hat sich gründlich zerbrechen lassen und darf nun die Wahrheit des Wortes erfahren: „Zerbrochen werden ist schmerzlich, aber zerbrochen sein ist herrlich!“ Jakob erfuhr die Wahrheit von 2Kor 5,17: „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden!“ Was war denn neu geworden?
Jakob bekam einen neuen Namen. Warum fragte in jener Nacht der Herr Jakob nach seinem Namen? Gewiß nur, damit ihm in Gottes heiliger Gegenwart die Bedeutung des Namens Jakob, d.h. Überlister, zum vollen Bewußtsein komme, und sicher wird er da einen Ekel über sich selbst empfunden haben. Bis dahin entsprach sein Verhalten ganz seinem Namen. Jakob wird sich in Gottes Gegenwart gründlich geschämt haben. Da er nun aber selbst neu geworden war (vgl. 2. Kor. 5,17), erhielt er auch den neuen Namen Israel. Wohl gab es noch mancherlei Schwankungen auf und ab, aber fortan wird er oft mit dem Namen Israel genannt. Bezeichnend für Jakob ist vor allem die Tatsache, daß auf seinem Sterbebett der Name Israel genannt wird. Nicht so ist es mit seinem Samen, denn das Alte Testament schließt nicht mit dem Namen Israel, sondern mit dem unwürdigen Namen Jakob. Das ist eine für das Volk demütigende Tatsache. Das Volk hat sich nicht als Gotteskämpfer erwiesen, sondern ist fleischlich gesinnt geblieben (vgl. Röm 8,5 ff). Doch wie Jakob sein Pniel erlebte, so wird dereinst das ganze Volk einen Pniel-Segen erleben, wenn es Den erkennen wird, „den sie durchstochen haben“, und sie werden wehklagen über ihre Sünde.
Der Name Israel ist ein hoher Titel, also nicht nur ein Name. Israel: ein Fürst Gottes. Fürsten haben Zugang zum Thron. Fürsten haben noch mehr: sie besitzen großen Einfluß und große Macht! Alles schaut auf sie und erwartet Großes von ihnen. Denken wir daran, wozu wir gemacht worden sind: zu Königen und zu Priestern unserem Gott (Off 1,6). Kann es wohl etwas Höheres geben ‑, und wandeln wir auch als Fürsten Gottes? Üben wir große Macht und Einfluß auf unsere Umgebung in Gott wohlgefälliger Weise aus?
In Offenbarung 3,12 wird den Überwindern ein neuer Name verheißen. Und der Herr Selbst wird mit einem neuen Namen wiederkommen (Off 19,16), und die Erlösten Zions tragen einen neuen Namen auf ihren Stirnen (Off 14,1). Diese Namen sind unauslöschlich (Off 3,5). Jakob hatte bis dahin so manchem Ort einen anderen Namen gegeben, so nannte er Lus fortan Bethel. Jener Engelsstätte (1. Mose 32,3) gab er den Namen Mahanaim, und dem Ort, mit dem wir uns hier beschäftigen, gab er den Namen Pniel. Doch mit Jakob ist es anders. Hier gibt Gott ihm einen neuen Namen. Gott fragte Jakob nach seinem Namen, und dieser gab Ihm Antwort. Und wenn Gott uns nach unserem Namen fragen würde, was müßten wir wohl antworten? Jener reiche Mann in Lukas 12,20 erfuhr leider erst auf seinem Sterbebett seinen rechten Namen, den Gott ihm gab mit den Worten: „Du Narr“. Wenn uns Gott nach unsern Charaktereigenschaften benennen wollte, wie hießen wir wohl dann? Einige Korinther trugen einst häßliche Namen, aber es war anders geworden (vgl. 1Kor 6,9 ff mit 2Kor 5,17).
Jakob erhält einen neuen Segen. Den ersten Segen, den Jakob durch seinen Vater Isaak erhielt, hatte er sich mit List erworben; doch der Segen, den er nun erhielt, machte einen neuen Menschen aus ihm. Göttliche Segnungen haben immer eine tiefgehende Wirkung. Unter Ringen und heißen Tränen hatte sich Jakob diesen Segen erkämpft, und er bewies damit, wie ernst es ihm jetzt war. Hierzu ein Beispiel aus dem Neuen Testament: Die 120 Jünger auf dem Obersaal in Jerusalem ließen nicht ab, bis die Kraft von oben über sie kam (Apg 1,8). Auch wir wollen anhalten im Gebet um neue Segnungen und nicht in ausgefahrenen Geleisen ziellos weitermachen.
Jakob gab dem Ort der neuen Segnung einen neuen Namen. Er gab ihm den Namen Pniel (= Angesicht Gottes) mit der Begründung: „Denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen.“ Jakob hatte manche große Not an jenem Orte erlebt. Zugleich war es ein Ort demütigen Bekenntnisses (Vers 10) und eine Stätte heißen Ringens (Vers 11.12). Es war aber auch ein Ort der Gemeinschaft (Vers 30).
Während ich diese Zeilen schreibe, war soeben eine Frau bei mir und sagte: „Wäre ich an einem andern Ort gewesen, dann wäre es mit mir besser gegangen.“ Sie gab dem Ort und nicht sich selbst Schuld an der Ursache ihrer Klage. Ich antwortete ihr, daß Gehasi am besten Ort seiner Zeit war, aber trotzdem sich als ein untreuer Knecht erwies, während Daniel und seine drei Freunde am heidnischen Hofe treu und ohne Kompromisse dem Herrn dienten. Wenn du selbst neu geworden bist, wird es auch an dem Orte neu werden, wohin Gott dich gestellt hat!
Jakob erlebte einen neuen Tag. Als Jakob seiner Sünde wegen aus seiner Heimat floh, lesen wir, daß ihm die Sonne unterging (Kap. 28,11). Hier aber, nachdem er mit Gott ins reine gekommen war, ging ihm die Sonne auf. Ein neuer Tag brach an. Ähnlich wird es einst dem Volke Israel ergehen. Auch ihm ist längst die Sonne untergegangen, weil es nicht dem Gott Bethels gedient hat, und so ist das Volk in Drangsal geraten, wie es bei Jakob war. Wenn ihm aber Jesus, die Sonne der Gerechtigkeit, aufgehen wird mit Heilung unter ihren Flügeln, dann wird für das ganze Volk ein neuer Tag anbrechen. Hell leuchtet nun Jakob die Sonne auf dem weiteren Wege. Und „wenn wir im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist, dann haben wir Gemeinschaft untereinander“ (1Joh 1,7).
Jakob erhielt auch ein neues Andenken. In Vers 31 lesen wir, daß Israel seit jenem Ringen Jakobs mit Gott nicht mehr die Spannader des Hüftgelenkes ihrer Tiere ißt, zum Gedächtnis an jene Nacht, in welcher das Volk seinen schönen und verpflichtenden Namen Israel (Gotteskämpfer) erhalten hat.
Jakob erkannte man fortan an seinem Wandel. Es wird hier berichtet, daß Jakob hinkte: er trug bleibende Zeichen eines harten. Kampfes an sich. Als seine Familie ihn des Morgens früh sah, merkte sie, daß etwas Besonders geschehen war, denn der Vater hinkte. Menschen, die mit Gott gerungen haben, verraten dies durch ihren Wandel. Ein neues Herz wirkt einen neuen Wandel. Jakob trug ähnliche Zeichen davon wie Paulus (Gal 6,17). Jakob konnte mit dem Apostel sagen, daß ihm ein Pfahl ins Fleisch gegeben worden war, und konnte sich wie dieser seiner Schwachheit rühmen. „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2Kor 12,7-10). Gott ehrt stets das Zerbrochene, das Schwache. Er liebt, die zerschlagenen Herzens und gebeugten Geistes sind (Jes 57,15). Wahre Segnungen werden stets in einem neuen Wandel offenbar.
Jakob kam in neue Gemeinschaft. über 20 Jahre war der Sünde wegen seine Gemeinschaft mit Esau unterbrochen. Im nächsten Kapitel aber sehen wir ihn versöhnt mit seinem Bruder. Wer Gemeinschaft .mit Gott hat, der sucht und dem schenkt Gott auch solche mit seinen gläubigen Mitmenschen. In 1. Johannes 1,3 lesen wir, daß unsere Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne ist, und dieser Gemeinschaft mit Gott folgt nach Vers 7 Gemeinschaft mit den Brüdern.
Der Wandel im Lichte ist ihre Grundlage. Jakob wandelte im Lichte des neuen Morgens, des Sonnenaufgangs, und das führte zur lang unterbrochenen Gemeinschaft mit seinem Bruder Esau. Auch in dieser Hinsicht erfüllte sich das Wort: „Siehe, Ich mache alles neu!“