Behandelter Abschnitt Ri 19,11-14
Verse 11–14 | Die Übernachtung: Jebus oder Gibea
11 Sie waren bei Jebus, und der Tag war sehr gesunken, da sprach der Knabe zu seinem Herrn: Komm doch und lass uns in diese Stadt der Jebusiter einkehren und darin übernachten. 12 Aber sein Herr sprach zu ihm: Wir wollen nicht in eine Stadt der Fremden einkehren, die nicht von den Kindern Israel sind, sondern wollen nach Gibea hinübergehen. 13 Und er sprach zu seinem Knaben: Komm, dass wir uns einem der Orte nähern und in Gibea oder in Rama übernachten. 14 So zogen sie vorüber und gingen weiter, und die Sonne ging ihnen unter nahe bei Gibea, das Benjamin gehört.
Nachdem sie ein kleines Stückchen gereist sind, wird es Zeit, um einen Ort zu suchen, wo sie übernachten können (es war ja schon gegen Abend, als sie aufbrachen). Jebus kommt in Sicht. Der Knecht macht den Vorschlag, dorthin zu gehen. Aber darauf sinnt der Levit nicht. Was sind die Einwände gegen Jebus? Er nennt es „eine Stadt der Fremden ..., die nicht von den Kindern Israel sind“. Das ist das, was man einen krassen Fall von Pharisäismus nennt. Pharisäer sind Leute, zu denen der Herr Jesus sagt: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, [ihr] Heuchler! Denn ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüssel, innen aber sind sie voll von Raub und Unenthaltsamkeit“ (Mt 23,25). Der Levit will offensichtlich äußerlich keine Verbindung mit dem Verkehrten haben, aber innerlich ist er selbst voller Unreinheit.
Dies beinhaltet die Warnung, dass wir vor einem ungleichen Verhältnis zwischen unserer persönlichen Heiligung und unserem öffentlichen Auftreten aufpassen müssen, anders gesagt, zwischen Lehre und Leben. Dazwischen darf es keinen Unterschied geben. Was die Menschen von uns sehen, muss die Folge unserer inneren Gemeinschaft mit Gott und dessen, was Er uns durch sein Wort deutlich gemacht hat, sein. Wenn unser praktisches Auftreten vor den Menschen sehr gewissenhaft ist, während wir es mit unserer persönlichen, inneren Heiligung vor Gott nicht so genau nehmen, gibt es kein Bewusstsein davon, was Sünde ist. Die Fortsetzung dieses Kapitels lässt das deutlich erkennen. Er nimmt auf Gott keine Rücksicht, allein auf das, was die Menschen sagen könnten. Er handelt so, als ob Israel noch nahe bei Gott lebt, während es schon sehr weit von Gott abgewichen ist.
Im Licht des moralischen Zustands in Israel ist das, was in Vers 14 steht – „und die Sonne ging ihnen unter nahe bei Gibea“ – mehr als die Beschreibung eines Naturphänomens. Die Sonne ging buchstäblich unter, das schon, es wurde Nacht. Aber es ist gleichzeitig ein Hinweis auf den Verfall in Israel, und besonders hier in Gibea. Es war ein Ort, wo bald, auf eine schreckliche Weise, deutlich werden wird, wie groß die geistliche Finsternis in den Herzen der Einwohner ist.
Es liegt auf der Hand, dass dem Leviten nicht bekannt ist, in was für einen unmoralischen Ort er hineinkommt. Auch daraus wird deutlich, dass er überhaupt kein Interesse für die Ehre Gottes inmitten seines Volkes hat. Ein Levit ist doch jemand, der von Gott dazu angestellt worden ist, sein Gesetz unter dem Volk zu lehren? So hat es Mose in seinem Segen von Levi gesagt (5Mo 33,10). Darauf pfeift der Levit offensichtlich. Was kann ihm der Zustand unter Gottes Volk ausmachen? Er denkt allein an sein eigenes Interesse und nicht an das von Gott und seinem Volk (vgl. Phil 2,4).